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Die Nonne mit dem Schwert (German Edition)

Die Nonne mit dem Schwert (German Edition)

Titel: Die Nonne mit dem Schwert (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lea Korte
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immer wieder zu Spannungen zwischen den unabhängigkeitsliebenden Basken und den ebenso stolzen wie eitlen Kastiliern, aber so viel Hass, Neid und Rivalität wie hier hatte sie dort nie erlebt. Dreimal wurde sie in der folgenden Woche Zeuge von Handgreiflichkeiten zwischen Basken und Kastiliern, und in der Woche darauf entwickelte sich aus einem ähnlichen Handgemenge gar ein regelrechter Straßenkampf. Erschrocken zog sich Catalina in eine Nebenstraße zurück, wo sie auf einen Basken traf, der, wie er sagte, schon seit zwanzig Jahren in Potosí lebte.
    »Das ist erst der Anfang«, prophezeite er Catalina mit düsterer Miene und schlug auf sein rechtes Bein, das unterhalb des Knies amputiert war. »Das spüre ich hier drin. So hat es vor vier Jahren auch angefangen, und plötzlich krachte es an allen Ecken! Und bei einem dieser Kämpfe habe ich mein Bein verloren!«
    Noch hielt Catalina solche Reden für wichtigtuerische Schwarzmalerei, aber ein paar Tage später musste sie sich zumindest eingestehen, dass die Stimmung hier derzeit so schlecht war, dass sie als Baske keinerlei Chancen hatte, in den Stadtteilen der Kastilier irgendeine Arbeit zu finden.
    »Mach, dass du zu deinesgleichen kommst!«, knurrten die Ladenbesitzer sie dort an, und einer drohte ihr gar Prügel an. »Willst hier doch nur herumspionieren, dreckiger Baske!«
    Auch bei ihren Landsleuten fand Catalina keine Arbeit. Sie waren verschlossen und misstrauisch, und nur weil sie Baskisch sprach, akzeptierte man sie noch lange nicht als einen der ihren. Dazu hätte sie jemanden von hier kennen müssen, der ein Wort für sie einlegte.
    »Du wärst nicht der Erste, den uns die verdammten Kastilier als Spion reinzuschmuggeln versuchen«, musste sie sich auch heute wieder von einem Kolonialwarenhändler anhören und wurde von ihm postwendend vor die Tür gesetzt.
    Catalina begann, Potosí zu hassen. Grau und unfreundlich und täglich kälter fand sie es hier und sagte sich immer wieder, dass sie sich ihr Lama und Stefanos Maultier schnappen und weiterziehen sollte – doch dann musste sie an Stefano denken und welch große Hoffnungen er an diese Stadt geknüpft hatte und brachte es doch nicht übers Herz weiterzuziehen. Wenigstens ein paar Tage sollte ich dem Ganzen noch geben, sagte sie sich und packte ihr Bündel selbst dann noch nicht, als sie wieder den unter dem Knie amputierten Basken traf und er ihr erneut sagte: »Bald geht es los. Hör auf mein Bein und sieh zu, dass du wegkommst von hier, solange du noch kannst!«

    Auch an diesem Tag hatte Catalina sich wieder vergeblich um Arbeit bemüht und saß nun in der Taverne. Inzwischen hatte zumindest die Kellnerin Juana ein bisschen Vertrauen zu ihr gefasst, und wann immer es ihre Zeit erlaubte, setzte sie sich ein Weilchen zu ihr. Die anderen Gäste zogen sie deswegen schon auf.
    »Meinst du nicht, das Kerlchen ist noch ein bisschen jung für dich?«, frotzelten sie, wozu die Kellnerin nur müde lächelte. Sie erzählte Catalina, wie sie mit ihrem Mann vor ein paar Jahren hierher gekommen war und welche Hoffnungen auch sie an das Silber von Potosí geknüpft hatten.
    »Aber als wir ankamen, mussten wir feststellen, dass das Silber hier keineswegs einfach auf der Straße lag. Nein, man musste danach graben, und das mit Werkzeugen, deren Preis weit über dem lag, was wir bezahlen konnten, außerdem brauchte man ein Schürfrecht, und auch das kostete viel Geld!«
    Die gleiche Erfahrung hatte Catalina auch schon gemacht und überdies gehört, dass einem ein Schürfrecht sogar nur dann verkauft wurde, wenn man zuvor die richtigen Beamten bestochen hatte.
    »Und warum seid ihr trotzdem geblieben?«, fragte sie Juana.
    »Mein Mann«, erwiderte die lakonisch. »Er ist einfach nicht von hier wegzubringen. Jeden Peso, den wir verdienen, legt er beiseite und glaubt, dass er seinen großen Traum vom endlosen Reichtum doch noch irgendwann wahr machen kann!«
    Am Nebentisch wollte ein Mann ein Bier. Juana erhob sich und nickte ihm zu. »Kommt schon, kommt schon.«
    Nachdenklich sah Catalina ihr nach und war sicherer denn je, dass ihre Zukunft nicht hier in Potosí liegen konnte, auch wenn Stefano sein Leben für diesen Traum gelassen hatte. Und doch ging sie auch am nächsten Tag nicht von hier weg, als ahne sie, dass hier noch etwas auf sie wartete …

18
    A m nächsten Morgen erwachte Catalina, weil ihr etwas auf den Fuß tropfte. Verwirrt setzte sie sich auf und stellte fest, dass es durch die Zimmerdecke auf

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