Die Nonne mit dem Schwert (German Edition)
übers Gesicht. Schluchzend ergriff sie die Hände der guten Schwester und presste sie auf ihr Gesicht.
»Ach, meine Kleine«, seufzte die Nonne. »Wenn ich dir doch nur etwas von meinem Gottvertrauen abgeben könnte! Beten musst du, beten und vertrauen. Wer soll uns denn sonst beistehen, wenn nicht unser Herrgott?«
Catalina sah zu ihr auf und fand in den klugen, grauen Augen der Nonne so viel Zuversicht, dass sie tatsächlich niederkniete, die Hände faltete und zusammen mit Schwester Maria zu beten begann. Vater unser, der du bist im Himmel … Heilige Maria, Mutter Gottes, bitte für uns Sünder … Ein Gebet nach dem anderen glitt über ihre Lippen, es war ein einziger Fluss, der aus ihr hinausströmte und ihre ganze Unruhe mitnahm. Als sie endlich Ruhe und Frieden in sich gefunden hatte, klopfte es an der Tür.
Der Büttel ließ ihnen gerade Zeit, sich ein Tuch um die Schulter zu legen, damit sie in den winterlich kalten Gassen nicht frören, dann scheuchte er sie aus dem Haus. »Die hochwürdigste Exzellenz wartet nicht gern!«
Auch Catalinas Bewachern war dieser unvermittelte Aufbruch nicht recht. Gerade hatte die Gastwirtin ihnen eine warme Suppe hingeschoben, aber es half ja nichts – mit dem Büttel eines Inquisitors stritt man nicht.
»Bete, Kind, bete!«, riet ihr Schwester Maria, als sie die hohen, heiligen Hallen betraten. »Sammle dich im Gespräch mit Gott!« Doch sie fand nicht mehr die rechte Hingabe. Und so saß sie auf der langen Wartebank und erwog endlos die bange Frage: »Werden sie mich anklagen oder nicht?«
Endlich rief der Büttel sie in den Saal. Zum ersten Mal saßen der Inquisitor, seine Beisitzer und der Notar bereits auf ihren Plätzen, ihre Mienen schienen noch undurchdringlicher als sonst. Catalina sank auf die Knie, der Inquisitor nickte, wies sie an, auf ihrem Holzschemel Platz zu nehmen, sortierte einige Blätter und tauschte sich mit seinen Beisitzern aus. Eine Ewigkeit schien Catalina vergangen zu sein, bis er sie endlich vortreten ließ.
»Catalina de Erauso, so hört nun, was das hohe Gericht beschlossen hat!« Tief und schwer hallte seine Stimme von den Wänden wider. »In langen Stunden der Beratung, in der wir Euren Fall nach bestem Wissen und Gewissen untersucht und geprüft haben, sind wir zu dem Beschluss gekommen, dass wir von einer Anklage gegen Euch absehen.«
Catalina starrte ihn an – und fiel wie ein leerer Kartoffelsack in sich zusammen.
Mit ein paar Spritzern kaltem Wasser hatte der Gerichtsbüttel Catalina schnell wieder zu sich gebracht. So konnte sie den langen Ausführungen folgen, was sie sich zuschulde hatte kommen lassen, aber auch, was man ihr zugute hielt und warum man sie schließlich doch nicht anklagte: Sie war eben auch ein verdienter Soldat des Königs, hatte in Peru für die christliche Sache gekämpft und verdiente dafür Anerkennung.
»Und nun, Fähnrich Catalina de Erauso …« Der Inquisitor hob einen versiegelten Umschlag. »Nun will ich Euch noch dies von Eurem Herrn und König geben!«
Er übergab das Schreiben dem Büttel, der es an Catalina reichte. Unsicher hielt Catalina den Umschlag in den Händen.
»Öffnet ihn!« Der Inquisitor nickte ihr zu. Einen Moment zögerte Catalina noch, aber schließlich überwog ihre Neugier. Sie schob einen Finger unter das Siegel und brach es auf. Schweres Büttenpapier mit dem Wappen des Königs kam zum Vorschein. Catalina zog es heraus, entfaltete es und begann zu lesen.
»Ich … ich bekomme eine Pension?« Mit strahlenden Augen sah sie zu dem Inquisitor auf. »Der König erkennt meine Dienste an und gibt mir dafür eine Pension?«
Der Inquisitor nickte ihr zu, und zum ersten Mal in all diesen Verhandlungstagen entdeckte Catalina einen Funken Sympathie in seinen Augen. Sie ahnte, dass sie die Pension seiner Vermittlung zu verdanken hatte.
»Danke«, sagte sie. »Ich danke Euch sehr!«
Der Inquisitor schob seine Unterlagen zusammen, erhob sich und verließ den Saal.
Zurück im Gasthaus ließen sich Catalinas Bewacher von der Gastwirtin ihre Suppe wieder aufwärmen, löffelten sie aus, packten ihre Sachen und brachen in Richtung Sevilla auf, um sich von dort nach Porto Bello einzuschiffen.
Traurig sah Catalina zu Schwester Maria. »Ihr werdet Euch jetzt sicher auch bald auf den Rückweg machen …«
Schwester Maria nickte. »Gleich morgen will ich mich an eines der Klöster hier wenden, damit sie mir eine Gruppe vermitteln, mit der ich mitreisen kann.«
»Und Ihr habt noch
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