Die Nonne mit dem Schwert (German Edition)
wollte sie zurück in den Vatikan stürmen, mal sich mit den Pilgern in Verbindung setzen, um baldmöglichst die Rückreise anzutreten. Zum Schluss überwog ihre Wut: Gleich am nächsten Morgen stand sie wieder vor dem mageren Mönch am Eingang des Vatikans.
»Ich habe mich sicher nur falsch ausgedrückt«, erklärte sie dem Mann. »Wenn der Monsignore mich nur noch ein einziges Mal empfangen würde und sich meine Unterlagen ansähe …«
Der Mönch wies sie ab, und auch an den nächsten Tagen weigerte er sich, sie noch einmal zum Prälaten vorzulassen.
Am zehnten Tag rissen Catalina die Nerven.
»Zum Donner noch eins, mir ist doch kein Mensch geblieben!«, fuhr sie den mageren Mann an. »Da kann man mir jetzt doch nicht auch noch die Zuflucht in Männerkleider verwehren!«
Auf der Stelle kamen zwei Schweizergardisten herbei. Der Mönch beschwichtigte sie. »Ich denke, die junge Frau hat sich schon wieder im Griff.«
Catalina ließ den Kopf sinken und wollte nach Hause gehen, da packte sie der Mönch am Ärmel und machte ihr ein Zeichen, noch einmal hineinzugehen.
»Das ist deine letzte Chance, hörst du? Wenn der Herr Prälat dich wieder wegschickt, will ich dich hier nie wiedersehen.«
Catalina versprach es.
Eine gute Stunde musste Catalina warten, bis sie wieder in das Empfangszimmer des Prälaten treten durfte. Zu ihrer Überraschung saß dort diesmal ein sehr viel jüngerer Mann, der Catalina mit wachem Interesse zuhörte.
»Du warst was?«, rief er ungläubig. »Ein Soldat?«
Catalina nickte. »Ja, in der Armee des spanischen Königs.« Sie legte ihm ihre Unterlagen vor. »Hier seht! Und da ist die Billigung der spanischen Inquisitoren.«
»Und jetzt willst du vom Papst die Erlaubnis, weiter Männerkleider tragen zu dürfen?«
Catalina nickte. »Ich flehe Euch an: Gewährt mir die Audienz beim Papst! Es hängt so viel von dieser Erlaubnis für mich ab.«
Der Prälat sah Catalina lange an, vertiefte sich dann in ihre Unterlagen und nickte schließlich. »Also gut, setz dich in den Wartessaal!«
Catalina nahm ihre Unterlagen wieder an sich und lief in den Wartesaal, doch als sie sah, wie viele Menschen dort darauf warteten, beim Papst vorgelassen zu werden, schwand ihr Optimismus so schnell, wie er gekommen war.
Weder an diesem noch an den folgenden Tagen kam sie an die Reihe. »Der Heilige Vater empfängt heute nicht mehr. Kommt morgen wieder, kommt morgen wieder!« Mit diesen Worten wurden sie und viele andere Abend für Abend wieder nach Hause geschickt.
Von Tag zu Tag wurde Catalina das Stöhnen und Lamentieren der anderen Wartenden unerträglicher. Mit grimmiger Miene verzog sie sich in einen stillen Winkel und versuchte, an etwas anderes zu denken. Erinnerungen an Schwester Euralia, Tao Te Chen, Stefano und Schwester Maria kamen in ihr auf – und schließlich auch Erinnerungen an Mikel.
»Er ist Tausende von Meilen von mir entfernt, verheiratet und inzwischen wohl gar Vater eines strammen Jungen«, zürnte sie mit sich. »Ich darf nicht mehr an ihn denken. Ich muss ihn endlich vergessen!«
Doch je länger sie zwischen all den murrenden, seufzenden Menschen saß, desto stärker drängte sich ihr Mikels Bild auf. Auch abends, wenn Catalina den Vatikan verließ, verfolgte sein Bild sie weiter. An jeder zweiten Straßenecke meinte sie seinen braunen Lockenkopf und seine grünen Augen zu entdecken, und schließlich erschien er ihr auch in ihren Träumen. Er saß neben ihr und blickte sie an, und wenn Catalina aufwachte, fühlte sie sich ihm so nah, als hätte er tatsächlich gerade neben ihr gesessen und ihre Hand gehalten. Entsprechend groß war ihre Enttäuschung, wenn sie feststellte, dass es wieder nur ein Traum gewesen war.
»Das muss aufhören«, stöhnte sie. »Mein Gott, so hilf mir doch! Ich darf und ich will nicht mehr an ihn denken!«
Doch ihr Beschwören half ihr nicht, und auch die Gebete, die sie in Erinnerung an Schwester Maria mit großer Inbrunst sprach, verschafften ihr immer nur für kurze Zeit Erleichterung. Mikel bestimmte ihre Gedanken und Gefühle.
»Das macht nur das viele Alleinsein und diese endlosen Stunden des untätigen Wartens«, redete sie sich ein. »Wenn der Papst mir erlaubt, Männerkleider zu tragen, und ich wieder mein gewohntes Leben führen kann, werde ich ihn schon wieder vergessen!«
Zwei Wochen später empfing der magere Mönch am Eingang Catalina mit einem vielversprechenden Lächeln.
»Heute sieht es nicht schlecht aus: Bislang sitzen im
Weitere Kostenlose Bücher