Die Nonne mit dem Schwert (German Edition)
räusperte sich, danach klang ihre Stimme laut und fest: »Ja, das schwöre ich!«
Der Büttel gab dem Inquisitor die Bibel zurück.
»Und jetzt erzählt, Catalina de Erauso«, fuhr der Inquisitor fort. »Alles wollen wir wissen, und immer schön der Reihe nach. Und wagt nicht, etwas Wesentliches auszulassen!«
Catalina sah ihn an, schluckte und begann …
30
D ie nächsten Tage wurden hart für Catalina. Immer wieder musste sie vor dem Inquisitor erscheinen, ständig neue Fragen beantworten, mal dies genauer, mal jenes breiter ausführen und wurde hernach von ihm stets mit derselben undurchdringlichen Miene an ihre Bewacher überstellt. Sancho brachte sie immer sofort in ihr Gasthaus zurück, in dem Catalina dann Stunden auf ihrem harten Strohbett verbrachte, die gekalkten Wände anstarrte und sich noch hundertmal durch den Kopf gehen ließ, was sie dem Inquisitor und seinen Beisitzern erzählt und wie sie ihr Tun und Handeln begründet hatte. Vor allem an dem Degenkampf in Caxamalca hielt sich der Inquisitor über Stunden auf und wollte ihr lange nicht glauben, dass sie den Freund des Narbigen tatsächlich nur aus Notwehr niedergestochen hatte, und auch der Tod des Verlobten der Tochter des Bürgermeisters von Cuzco beschäftigte ihn einen ganzen Nachmittag lang. Wirklich ins Schwitzen aber kam Catalina, als der Inquisitor von ihr die Umstände des Todes ihres Bruders erklärt haben wollte, der immerhin ein verdienter Soldat und überdies Hauptmann der königlichen Armee gewesen war.
»Es war eine Verkettung unglücklicher Umstände«, beteuerte Catalina mit tränennassem Gesicht. »Ich habe nicht gesehen, wer da auf uns zustürzte. Dafür war es viel zu dunkel. Alles, was ich in diesem Moment dachte, war, dass ich meinen Freund beschützen musste.«
Lange hatte der Richter sie da durch seine funkelnde Brille angesehen, und Catalina hatte ihren ganzen Mut aufbringen müssen, um diesem Blick standzuhalten, was ihr noch schwerer fiel, da ihr im gleichen Moment ihre Familie einfiel.
Ihr Vater würde sie eigenhändig erschlagen, wenn er je herausfände, dass sie Miguels Tod zu verschulden hatte, und ihre Mutter … Miguel war immer ihr Liebling gewesen.
Endlich ergriff der Richter die Feder, schrieb etwas in sein Buch und befragte sie zum nächsten Thema.
»Sie werden mich anklagen«, stöhnte Catalina und sah hinüber zu Schwester Maria, die das Gästezimmer mit ihr teilte und sich wegen der Kälte tief in ihre Decke gehüllt hatte.
»Jetzt hör auf zu grübeln, Kind«, seufzte die Nonne. »Du kannst den Lauf der Dinge ohnehin nicht ändern. Leg dich lieber hin und schlaf ein bisschen, damit du morgen frisch und ausgeruht bist.«
»Frisch und ausgeruht!« Catalina sprang von ihrem Bett auf und lief mit weit ausholenden Schritten hin und her. »Wie soll ich mich hinlegen und ausruhen, wenn sie mir mit ihren Fragen ständig neue Schlingen um den Hals legen und diese Schlingen immer fester zuziehen?«
»Indem du auf Gott vertraust«, erwiderte Schwester Maria leise. »Indem du wenigstens ein Mal in deinem Leben auf Gott vertraust!«
Am Ende des achten Gerichtstages erklärte der Inquisitor Catalina, dass sie für den Moment keine weiteren Fragen hätten, sie sich im Gasthaus aber weiter zu ihrer Verfügung halten müsse. »Wir werden jetzt beraten. Unser Büttel wird Euch holen kommen, wenn wir entschieden haben, ob wir Anklage gegen Euch erheben.«
Wieder versuchte Catalina in seiner Miene zu lesen, fand sie aber so undurchdringlich wie eh und je. Der Inquisitor erhob sich und verließ mit wehender Soutane den Raum. Catalina starrte ihm noch lange hinterher.
Auch die Tage, in denen sie verhört worden war, hatten Catalina zugesetzt, aber wirklich unerträglich wurden ihr die nun folgenden. Stunde um Stunde musste sie in ihrem Gästezimmer sitzen, nie ließen ihre Bewacher sie auch nur für ein Stündchen vor die Tür gehen, und da es hier keine Abtritte, sondern nur Nachttöpfe gab, durfte sie das Zimmer noch nicht einmal zum Verrichten ihrer Notduft verlassen. Das Warten, die Ungewissheit und die Enge des Zimmers quälten Catalina und führten dazu, dass sie, die bislang immer so tapfer gewesen war und ihrem Schicksal stets mit offenem Blick entgegengesehen hatte, auf einmal jeden Mut verlor.
»Ich kann nicht mehr, ich kann einfach nicht mehr«, gestand sie Schwester Maria eines Abends, und als die alte Frau zu ihr trat und ihren Kopf an ihren Bauch zog, liefen Catalina endgültig die Tränen
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