Die Nonne mit dem Schwert (German Edition)
Brotes mit einer saftigen Knoblauchzehe und einer hälftig aufgeschnittenen Tomate ein und aßen es zu dem zarten Fleisch.
Catalina hatte sich mittlerweile eingestanden, dass sie es mit Georges nicht schlecht getroffen hatte: Das Herumziehen gefiel ihr, der Handel mit Stoffen war bei weitem nicht so uninteressant, wie sie es sich zunächst vorgestellt hatte, an seine Lästereien über Gott und die Welt und die Spanier im Besonderen hatte sie sich längst gewöhnt, etwas Warmes zu essen gab es auch jeden Tag – und seit gestern nun auch noch Fechtunterricht! Wenn jetzt noch Mikel da wäre … Catalina sah zu Georges. »Wo habt Mikel und du euch eigentlich kennen gelernt?«
»Wo, nun ja …« Georges knabberte einen Beinknochen ab.
»Nun sag doch schon!«
Er blickte sie an. »Eigentlich ist das keine Geschichte, die man beim Essen erzählt. Außerdem wirst du ja immer gleich ärgerlich, wenn man etwas Kritisches über dein Land sagt!«
»Was sollen meine Landsleute denn nun schon wieder verbrochen haben?«
Georges nahm den Knochen und warf ihn ins Feuer. Augenblicklich roch es nach verbranntem Fleisch.
»Feuer«, murmelte Georges und blickte düster in die Flammen. »Feuer machen sie, deine Landsleute!«
»Willst du damit sagen, jemand hätte Mikels Elternhaus angezündet und du hättest ihn …«
»Nein, sein Elternhaus brannte erst später.« Er sah sie an. »Zunächst haben sie nur seinen Vater in Flammen aufgehen lassen. Bei einem Autodafé, vor acht Jahren.«
»Einem …« Catalina schluckte. Die Nonnen hatten ihnen erklärt, was ein Autodafé war: die festliche Vollstreckung eines Inquisitionsurteils nach einem Gottesdienst. Der Tod in den Flammen galt als Akt der Rettung der sonst zur ewigen Verdammnis verurteilten Seele. Vor allem Schwester Asunción hatte ihnen oft von solch verirrten Seelen erzählt. Damit ihre Seelen nie vom rechten Weg abkamen …
»Was hat man Mikels Vater vorgeworfen? Und warum hat er sich nicht bekehren lassen?«
Georges lachte bitter. »Was bist du für ein Tropf! Wen das Heilige Offizium einmal in den Fingern hat, den lässt es doch nicht wieder los!«
»Und wie ist Mikel zu dir gekommen?«
»Es war an einem schrecklich heißen Tag in Bilbao. Die Luft stand, selbst auf dem weiten Marktplatz regte sich kein Lüftchen, und es wimmelte nur so von Soldaten. Auf einmal kam eine Frau zu mir. Ich kannte sie vom Sehen; sie hatte schon einige Male Stoffe bei mir gekauft. Weißt du, sie war eine sehr schöne Frau, eine, die man so schnell nicht wieder vergisst – allein ihre Augen: Sie waren genauso grün wie die von Mikel, man konnte sich in ihnen verlieren … Sie drängte sich zu mir, den Jungen an der Hand. Acht war er da. Seid Ihr ein gottesfürchtiger Mann?, fragte sie mich. Ich wollte scherzen, aber dann sah ich die Todesangst in ihren Augen. Ich nickte. Und sie sagte: So nehmt dieses Kind und hütet es wie Euer eigenes! Ich nahm die Hand des Jungen. Ich konnte nicht anders. Niemand hätte diesen Augen etwas abschlagen können. Sie drückte ihren Sohn noch einmal kurz und ging. Sie hatte noch nicht die andere Seite des Platzes erreicht, da nahm man sie auch schon fest.«
»Und sie hat Mikel nie wieder abgeholt?«
»Nur eine Woche nach ihrer Verhaftung ist sie im Gefängnis gestorben. Gefoltert hat man sie wohl nicht, aber es gibt genug andere Dinge, die sie den Frauen in den Gefängnissen antun, und nicht jede will oder kann danach weiterleben. Ich habe über sie und ihre Familie Erkundigungen eingezogen. Ihren Mann hatte man ein paar Monate zuvor verhaftet. Die erste Zeit hat er wohl beharrlich geschwiegen, aber letztlich haben sie ihn mit ihren Folterinstrumenten doch zum Reden gebracht, und er hat alles gestanden, was sie hören wollten – und dazu gehörte auch, dass er seine Familie belastete. Freunde hatten Mikels Mutter gewarnt, doch sie hat nicht versucht zu fliehen. Sie wollte nur den Jungen retten. Keine Ahnung, warum sie gerade auf mich verfallen ist.«
»Und Mikel weiß …«
Georges sah sie an. »Nur wenn man weiß, wie ein Wolf aussieht, kann man sich vor ihm in Acht nehmen!«
In den nächsten Wochen entlockte Catalina Georges immer mehr Informationen über Mikel. Sie hatte schnell herausgefunden, dass er am gesprächigsten war, wenn sie vorn auf dem Kutschbock saßen und von Georges’ gutem alten Pferd durch die Landschaft geschaukelt wurden. Sie erfuhr, dass auch Mikel bei ihm den Handel mit Stoffen gelernt, vor zwei Jahren aber
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