Die Nonne mit dem Schwert (German Edition)
offen zur Schau trugen. Überall sah man sie durch die Straßen eilen, im Gefolge eine Traube von schwarzen oder maurischen Sklaven. Catalina fiel ein, dass Tao Te Chen einmal über Sevilla gesagt hatte, es erinnere ihn an ein Schachspiel, weil es dort ebenso viele schwarze wie weiße Einwohner gebe.
Endlich hatte Catalina das Viertel der Basken erreicht. Gleich den ersten Mann, der ihr über den Weg lief, begrüßte sie mit »Egunon«, dem baskischen Wort für »Guten Tag«.
In seinen Augen blitzte ein freundliches Lächeln auf. »Womit kann ich helfen, Landsmann?«
»Ich suche eine baskische Taverne, in der Leute verkehren, die sich hier gut auskennen. Ich suche jemanden. Einen … Freund.«
Er musterte sie und wies in eine kleine Gasse. »Hier am Ende der Straße findest du Diegotxes Taverne. Sie ist ein Umschlagplatz für alles, was umschlagbar ist. Auch für Menschen!«, fügte er nach einem Augenzwinkern hinzu. Catalina bedankte sich und eilte weiter.
Diegotxes Taverne war brechend voll. Catalina ging zum Tresen. Beim Anblick der goldgelb glänzenden Tortillas ihres Nebenmanns lief ihr das Wasser im Mund zusammen.
»Für mich bitte auch eine Portion!«, rief sie dem Wirt zu. »Und einen Krug Wein!«
Wenig später schob ihr der Wirt das Bestellte zu und verlangte prompte Bezahlung. Sie reichte ihm eine ihrer Münzen. Es war das erste Mal, dass sie etwas mit selbstverdientem Geld bezahlen konnte. Als der Wirt ihr das Wechselgeld reichte, rückte sie mit ihrer Frage heraus: »Einen Mikel aus dem Baskenland kennt Ihr wohl nicht?«
Der Wirt zeigte auf den Schankraum. »Hast du eine Ahnung, wie viele Männer hier im Jahr ein- und ausgehen? Und wie viele davon Mikel heißen?«
Catalina musste an die große Anzahl Schiffe im Hafen denken. Sie biss sich auf die Lippen.
»Mikel und wie weiter?«, fragte sie ein kleiner, schmächtiger Kerl.
»Weiter weiß ich nicht«, erwiderte Catalina mit bedauerndem Schulterzucken. »Er ist etwa zwei Jahre älter als ich, ein gutes Stück größer, recht kräftig …« und hat die wunderschönsten grünen Augen der Welt, hätte sie beinahe noch hinzugefügt, bremste sich aber gerade noch rechtzeitig.
Der zahnlose Kerl starrte auf ihre Tortilla. Catalina schob sie ihm hin. Hungrig griff er zu.
»Und?«, drängte Catalina ihn.
»Nun lass mich doch erst mal nachdenken!«, gab er zurück und schob sich hastig den nächsten Bissen in den Mund. Catalina zog ihm den Teller weg, hatte dann aber doch keine Lust, das von ihm angefangene Stück weiterzuessen, und drehte sich wütend von ihm weg. Blöd, würde Mikel jetzt sagen, ja, sie war wirklich blöd. Jeder dahergelaufene Trottel konnte sie aufs Kreuz legen. Da trat ein anderer Mann auf sie zu. Er trug einen bis zur Brust reichenden grauen Bart, überragte sie um mehr als zwei Köpfe und hatte Hände wie Grabschaufeln. Catalina schluckte, doch als er zu reden begann, beruhigte sie sich. Seine tiefe Stimme klang freundlich und warm.
»Mikel? Ein Baske? Um die achtzehn? Dicke, dunkle Locken? Grüne Augen? Ein verdammt fixer Kerl?«
Catalina nickte heftig.
Er winkte ihr zu. »Komm mit!«, und lief los. Hastig stolperte Catalina hinterher.
12
D ie Gassen, durch die der Hüne sie führte, wurden immer dunkler. Catalina beschlich das Gefühl, erneut einen Fehler gemacht zu haben. Gleich würde sie außer ihrer Tortilla auch die drei ihr noch verbliebenen Münzen loswerden – und ihr Leben dazu. Beklommen sah sie sich um und wollte gerade durch eine Seitengasse entwischen, als der Hüne vor einem kleinen, halbzerfallenen Haus stehen blieb und dreimal schnell und dreimal langsam an die Tür klopfte. Eine aparte junge Frau mit langem, dunkelbraunem Haar und auffallend blauen Augen öffnete ihnen.
» Egunon, Adame!«, begrüßte sie Catalinas riesigen Begleiter und nickte auch ihr freundlich zu.
»Grüß dich, Aiala, ich bringe einen Freund von Mikel.«
»Unserem Mikel?«
Der Hüne nickte.
Von innen wirkte das nur ein Zimmer große Häuschen nicht wohnlicher als von außen. Was Catalina beim zweiten Hinsehen außerdem wunderte, war, dass es in dem Raum zwar etliche Stühle, zwei Tische und einen Schrank, aber keine Schlafmöglichkeit gab. Was war das hier? Ein Treffpunkt? Aber wofür?
Aiala bot ihr einen Stuhl an, schob ihr ein Glas Wein hin und meinte zu Adame: »Ist der Bursche vertrauenswürdig?«
Adame hob die Achseln. »Manchmal muss man sich auf sein Gefühl verlassen. Als er nach Mikel fragte, hatte ich den
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