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Die Nonne mit dem Schwert (German Edition)

Die Nonne mit dem Schwert (German Edition)

Titel: Die Nonne mit dem Schwert (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lea Korte
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begeistert von den klimatischen und strategischen Vorzügen dieses an der Nordküste gelegenen Gebiets gewesen, dass er dort sofort eine Stadt gründen ließ, der er den Namen von Pizarros spanischer Geburtsstadt gab: Trujillo.
    Doch Pizarro sollte sich Almagros Ergebenheit nicht als würdig erweisen: Von Jahr zu Jahr drängte sich der ehrgeizige Spanier mehr in den Vordergrund und sicherte sich große Gebiete, während Almagro zumeist leer ausging. 1538 pochte Almagro schließlich mit Waffengewalt auf seinen Anteil am eroberten Land: Bei Cuzco standen sich die beiden inzwischen völlig zerstrittenen Eroberer mit ihren Anhängern gegenüber. Almagro verlor den Kampf und geriet in Gefangenschaft. Pizarro verurteilte ihn zum Tode durch Erdrosseln mit der Garotte.
    »Trujillo kann man nicht beschreiben, Trujillo muss man erleben«, erzählte Catalina einmal der graubärtige Teppichhändler, der den Treck führte. Seine Eltern waren schon vor sechzig Jahren in das Städtchen gezogen. »Es ist ein Ort voller Gegensätze«, fuhr er fort. »Allein die Reise dorthin: Tagelang siehst du nichts als Wüste, und dann taucht wie aus dem Nichts diese fruchtbare Oase vor dir auf. Gott selbst muss seine Hand darüberhalten – wie sonst sollte ein solches Wunder möglich sein?«
    Am nächsten Tag sah Catalina die knapp sechstausend Einwohner zählende Stadt endlich mit eigenen Augen: rot und blau, weiß und gelb – in allen Farben leuchteten ihnen die Häuser im Licht der strahlenden Sonne entgegen und gaben Catalina ob ihrer reich blühenden Gärten und dem aromatischen Duft der riesigen Algarrobobäume das Gefühl, in den ewigen Frühling einzufahren. Fröhlich fand sie die Stadt, leicht, jung, reich und elegant. Die Insignien der Macht waren auf dem Plaza de Armas, dem Waffenplatz, der das Zentrum jeder von den Spaniern in Peru gegründeten Stadt bildete, nicht zu übersehen: Auf der einen Seite des Platzes erhob sich der Cabildo, der Stadtrat und damit der Sitz der weltlichen Macht, dessen weiß getünchte Mauern heller als die Schneegipfel erstrahlten, die Catalina auf ihrem Weg hierher überquert hatte; auf der anderen Seite thronte die nicht minder weiße Kathedrale als Sitz der geistlichen Autorität. Erst als Marco sie darauf aufmerksam machte, dass auch das düstere Gerüst des Hinrichtungsplatzes nicht weit entfernt war, und er ihr erzählte, dass der Stadtherold dort regelmäßig Urteile verlas, die hernach vom Henker ausgeführt wurden, schwand ihre in den letzten Stunden gewachsene Zuversicht. Angesichts dieser farbenfrohen Pracht hatte sie beinahe vergessen, dass die Arme des heiligen Offiziums auch nach Peru reichten. Einige der Mitreisenden hatten ihr davon schon hinter vorgehaltener Hand erzählt. Auch in Peru wurden Hexen und Ketzer und noch lieber Juden verbrannt, Juden, die sich von Spanien zunächst nach Portugal und später, als sie auch dort verfolgt wurden, in die Neue Welt geflüchtet hatten. Und junge Frauen, die sich erdreisteten, mit kurz geschorenem Haar und in Männerkleidern herumzulaufen, würde mancher sicher auch gerne auf dem Scheiterhaufen brennen sehen …
    Es dauerte eine ganze Weile, bis sie den weiten Platz mit seinem schier endlosen Strom von Ochsenfuhrwerken, Maultierkarawanen und Pferden hinter sich gelassen hatten und in eine der in alle Himmelsrichtungen kerzengerade von hier abgehenden Straßen einbiegen konnten. An prächtigen Palästen fuhren sie vorbei, deren kunstvoll aus Eisen geschmiedete Fenstergitter und Tore als die schönsten Perus galten und von den Wappen der hochherrschaftlichen Familien Spaniens und Perus geziert wurden. Marco erzählte Catalina, dass die Besitzer dieser Häuser umso wohlhabender waren, je näher ihr Anwesen an der Plaza de Armas lag. Er hingegen wohnte in einem der Vororte Trujillos, in einem einfachen, von Indios mit Lehmziegeln errichteten und mit Schilf gedeckten Haus, das außer zwei Schlaf- und einem Esszimmer noch einen kleinen Patio und einen huerto, einen Gemüsegarten, besaß. Als sie sein Haus erreicht hatten, rief Marco nach seinen Sklaven: »Luis, Felipa, die Zeit des Faulenzens ist vorbei!«
    Die niedrige Holztür öffnete sich einen Spalt, und ein Paar Augen, die Catalina fast nur aus Weiß zu bestehen schienen, lugten hinaus. Dann erspähten sie Marco – und die Tür flog auf.
    »Don Marco, endlich!« Eine beleibte, kaum mehr jung zu nennende Schwarze mit einer dicken Knubbelnase kam aus dem Haus, umwogt von einem feuerroten

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