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Die Nonne mit dem Schwert (German Edition)

Die Nonne mit dem Schwert (German Edition)

Titel: Die Nonne mit dem Schwert (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lea Korte
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gab als den, in dem sie lag. Eine niedrige, mit einem gewebten Tuch abgehängte Türöffnung gegenüber ihrem Bett war die einzige Öffnung nach außen, wenn man von dem Abzug über der Feuerstelle absah, neben der zahlreiche irdene Behälter standen, in denen Catalina Speisevorräte vermutete. Direkt daneben lehnten zwei Säcke an der Wand, aus denen Mais und Kartoffeln quollen. Darüber waren ein paar Nischen, die zum Teil als Abstellfläche für weitere Behälter, zum Teil als Raum für die Figuren verschiedener indianischer Hausgötter dienten.
    Catalina wurde klar, dass dieses Haus einem Indio gehören musste, und wunderte sich, wie Stefano daran gekommen war. Wie bei den Indios üblich lag sie nicht in einem Bett, sondern auf einer großen, rauen, farbenfrohen Decke aus Lamawolle, die direkt über den festgestampften Boden gebreitet war. Catalina nahm an, dass auch Stefano hier schlief. Es gab weder Tisch noch Stuhl noch Schrank, wohl aber eine weitere kleine Decke in der gegenüberliegenden Ecke, die wohl als Essplatz diente. Auf dieser Decke tummelten sich ein paar Meerschweinchen. Sie aßen Krümel und Körner vom Boden und quiekten zufrieden.
    Stefano kam herein. Er musste sich bücken, um unter der niedrigen Türöffnung hindurchzukommen. In seiner Hand hielt er eine Schüssel, die er ihr mit einem Lächeln reichte.
    »Jetzt wollen wir doch einmal sehen, dass du wieder zu Kräften kommst.«
    Catalina setzte sich auf. »Wem gehört dieses Haus?«
    »Wir sind in einem Indiodorf, hoch oben in den Bergen. Die Indios haben uns freundlicherweise eines ihrer Häuser überlassen.« Er setzte sich neben sie und forderte sie auf zu essen, solange der Brei noch heiß war. »Die Indios hier oben sind friedlich und wollen nichts weiter, als dass man auch sie in Ruhe lässt. In diese Höhe verirrt sich ohnehin nur selten ein Weißer, wenn ich sie richtig verstanden habe. Hier oben nennen sie uns noch viracochas, weißhäutige, bärtige Gottmänner, ganz wie in der Weissagung vor über hundert Jahren – unten im Tal sind wir für sie schon lange nur noch Teufel, was ich mittlerweile gut verstehen kann.«
    Catalina begutachtete den rötlichen Brei und kostete ihn. Es schmeckte anders als alles, was sie kannte, doch es mundete ihr. Jetzt erst bemerkte sie, dass sie großen Hunger hatte. Sie aß gleich den nächsten Löffel und bat Stefano um ein Glas Wasser. Er reichte es ihr und sah ihr zufrieden beim Essen zu. Danach half er ihr beim Aufstehen und führte sie vor das Haus. Karge, von grauem Gras und feinem Geröll überzogene Erde empfing sie, und auch in der näheren Umgebung war außer vier weiteren Häusern nichts als nackter Fels und vereinzeltes Gestrüpp zu sehen. Trotzdem fand Catalina es hier wunderschön, es war still und friedlich.
    »Wir müssen hier meilenweit vom Zeltlager unserer Soldaten entfernt sein«, sagte sie nach einer Weile zu Stefano. »Wie sind wir hierhergekommen?«
    »Mit einem braven, alten Muli.« Stefano zeigte auf ein struppiges, braunes Maultier, das er neben ihrer Behausung angebunden hatte. »Ich habe es bei einer Hazienda geklaut. Was sollte ich machen? Wir mussten doch weg von da, und ich konnte dich nicht endlos weitertragen.«
    Aus dem Nachbarhaus trat ein krummbeiniger Indio mit unergründlichen Augen. Gleichgültig sah er zu ihr hin, schob ein Priemchen Koka von einer Backe in die andere, zog seine mit langen Ohrwärmern versehene Wollmütze tiefer ins Gesicht, hakte seinen abgetragenen Poncho um die Schultern fest und lief zu einem mit zwei Tragekörben beladenen Lama, das er mit sich fortzog. Catalina fiel auf, dass er und sein Tier, obwohl sie über loses Geröll liefen, kaum ein Steinchen verrückten. Es war, als seien sie zu sehr eins mit ihrer Welt, um hier etwas zerstören oder auch nur verschieben zu können.
    »Und sie haben uns einfach so ein Haus überlassen?«, fragte sie Stefano nachdenklich.
    Er nickte. »Und Essen und Heilkräuter dazu. Ohne die hätte ich dein Bein nie retten können.«
    Catalina sah dem Mann noch eine Weile nach. »Sie sind anders, die Indios hier oben. Ganz anders.«
    »Hier oben dürfen sie ja auch noch sie selbst sein«, gab Stefano zurück. Auf einmal schämte sich Catalina, Spanierin zu sein.

    Da Catalinas Wunde nur langsam heilte und Stefano keineswegs weiterreisen wollte, ehe sie ihr Bein wieder belasten konnte, mussten sie die Gastfreundschaft der Indios noch einige Zeit in Anspruch nehmen. Während Stefano mit den Männern jagen oder die

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