Die Nonne mit dem Schwert (German Edition)
stärker. Ihr wurde schwarz vor Augen, ein paarmal knickten ihr kurz die Beine weg.
»Stefano, bitte, ich kann nicht mehr. Es hat keinen Sinn. Lass mich los und geh allein weiter!«
Stefano blieb stehen, betastete ihre Wunde, zog seinen Gürtel aus und zurrte ihn um ihr Bein, um die Blutung zu stillen. Als er mit ihr weitergehen wollte, sackten Catalina endgültig die Beine weg. Kurz entschlossen lud Stefano sie sich über die Schultern und trug sie weiter. Catalina spürte noch, wie ihr Zweige ins Gesicht schlugen, dann verlor sie das Bewusstsein.
15
A ls Catalina zu sich kam, spürte sie in ihrem rechten Bein einen heftigen Schmerz, der sich von dort in ihren ganzen Körper ausbreitete. Sie öffnete die Augen und blickte in ein knisterndes Feuer. Ihr fiel der Tod ihres Bruders ein. Mit dem Gedanken ans Höllenfeuer und dass sie nun bekomme, was sie verdiene, sank sie zurück in eine tiefe Bewusstlosigkeit. Als sie das nächste Mal die Augen öffnete, schob sich Stefano in ihren Blick.
»Endlich kommst du zu dir. Allmählich wollte ich schon die Hoffnung aufgeben.«
Catalina sah ihn verwundert an. »Ich bin … nicht tot?«
»Zumindest noch nicht so richtig, nein. Ich habe die Kugel aus deinem Bein geholt, und danach hat sich diese Scheißwunde dermaßen entzündet, dass ich schon dachte, du schaffst es nicht. Fünf Tage hast du jetzt mit hohem Fieber dagelegen, und mehr als einmal hatte ich schon die Säge in der Hand, um dir das verdammte Bein einfach abzuschneiden. Du kennst ja meine Einstellung: Besser, man verliert ein Bein als gleich das ganze Leben.«
Entsetzt fuhr sich Catalina mit der Hand an der Hüfte herab. »Das hättest du auch nicht gewagt, niemals hättest du das!«
»Und warum nicht?« Stefano grinste. »Nur weil du eine Frau bist und dann nicht mehr hättest tanzen können?«
Catalina starrte ihn erschrocken an. »Seit … seit wann weißt du …«
»Meine Güte, du warst tagelang ohne Bewusstsein. Sollte ich dich vielleicht in deiner Pisse … also, ich meine …« Er errötete, Catalina nicht minder. Sie schob ihren Arm über ihr Gesicht.
Stefano erhob sich und holte ihr ein Glas Wasser. »Hier, trink etwas!«
Catalina ließ ihren Arm, wo er war, und schüttelte den Kopf. »Nun stell dich nicht so an!« Stefano knuffte sie in die Seite. »Ich hab alles schon wieder vergessen, und als Baderlehrling bin ich doch fast so etwas wie ein Arzt, außerdem kann ich schweigen wie ein Grab. Und jetzt trink endlich was, ehe du noch vertrocknest!«
Da sie noch immer nicht reagierte, setzte er sie einfach selbst auf und hielt ihr erneut das Glas hin. Catalina trank einen kleinen Schluck, dann noch einen größeren. Anschließend sank sie zurück. Stefano stellte das Glas zur Seite. »Vielleicht könntest du mir, bevor ich alles wieder vergesse, wenigstens noch erklären, warum du dieses Versteckspiel treibst.«
Catalina erzählte ihm ihre Geschichte und fühlte sich danach wie von einer schweren Last befreit. Stefano schwieg eine Weile, dann pfiff er durch die Zähne. »Meine Herren, Courage hast du, das muss man dir lassen.« Er wurde ernst. »Und der Hauptmann …« Er kaute auf seiner Lippe. »War der … wirklich dein Bruder?«
Es dauerte einen Moment, bis Catalina antworten konnte. »Ja«, sagte sie dann. »Aber er wusste es nicht. Erst ganz zum Schluss …« Sie konnte nicht weiterreden. Stefano senkte den Blick. »Ich … ich weiß nicht, was ich sagen soll. Aber letztlich hieß es, sein Leben oder meins, und es wäre eine Lüge, wenn ich behaupten würde, es tue mir leid, dass du meins gerettet hast!«
»Und ich wusste ja auch nicht, dass er es war, der sich auf dich stürzte!« Aus Catalinas Augen lösten sich Tränen. »Ich sah nur eine dunkle Gestalt aus dem Gebüsch stürzen und im nächsten Moment einen Degen, der auf dich zielte. Da musste ich doch reagieren.«
»Das Spiel mit dem Tod war sein Leben«, sagte Stefano, und Catalina wusste, dass es stimmte. Sie wusste auch, dass ihr Bruder ihr verziehen hatte, das hatte in seinem letzten Blick gelegen. Leichter aber wurde ihr deswegen nicht.
Kurz darauf schlief Catalina wieder ein. Das hohe Fieber der letzten Tage hatte an ihren Kräften gezehrt. Volle sechzehn Stunden schlief sie in einem durch, und als sie am nächsten Morgen erwachte, fühlte sie sich um einiges besser. Sie nahm wahr, dass sie in einem Haus lag, das mit luftgetrockneten Adobesteinen gebaut und mit Stroh gedeckt war und es scheinbar keinen anderen Raum
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