Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Nonne und der Tod

Die Nonne und der Tod

Titel: Die Nonne und der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
Vom Netzwerk:
einem Gaukler und einer Diebin.«
    »Das Kleid hätte Czyne auch gepasst«, sagte ich.
    »Ja, aber sie hätte nicht zum Kleid gepasst.« Richard führte mich am Eingangsportal des Doms vorbei auf die andere Seite. Ich ahnte plötzlich, zu wem wir gingen. »Du weißt, wie man sich benimmt, und das ist mehr wert, als du vielleicht glaubst.«
    Wir blieben vor einer hohen Fassade stehen. Eine Treppe führte zu einer schweren, doppelflügligen Eichentür, die von zwei Soldaten flankiert wurde.
    »Hier ist es«, sagte Richard. »Das Haus des Apothekers Erasmus.«
    Er sprach nur aus, was ich längst wusste.

Kapitel 27
    Die Soldaten wussten von unserem Besuch und verbeugten sich respektvoll, als wir vor der Tür stehen blieben. Einer von ihnen klopfte mit einem gewaltigen eisernen Türklopfer in Form eines Mörsers an. Lorenz, der Diener, den ich bei Erasmus’ Rede gesehen hatte, öffnete. Er warf einen kurzen, wie ich fand, missbilligenden Blick auf unsere Masken, dann bat er uns ins Haus. Unsere Ledersohlen versanken lautlos in den weichen Teppichen, mit denen der Gang ausgelegt war. An den Wänden waren Öllampen angebracht, dazwischen hingen Portraits von Menschen, die ich nicht kannte.
    Lorenz führte uns die Treppe hinauf und bog nach rechts ab in ein großes Zimmer, durch dessen Fenster man den Domplatz sehen konnte. Ein langer Eichentisch stand in der Mitte, mehr als ein Dutzend hoher, mit Schnitzereien verzierte und gepolsterte Stühle umgaben ihn. Es gab einen Kamin, dessen Feuerstelle größer war als ich, und Teppiche an den Wänden, deren Motive Erasmus’ Beruf widerspiegelten: Auf einem war ein Mann zu sehen, der an einem Krankenlager saß und Trost spendete, auf einem anderen verabreichte derselbe Mann einer Frau, neben der bereits der Tod mit seiner Sense hockte, Medizin; auf dem nächsten Teppich war sie gesund und kniete sichtlich dankbar vor dem Mann, der Erasmus nicht unähnlich sah.
    »Der Apotheker hat gleich Zeit für euch«, sagte der Diener, während er zwei der Stühle zurückschob und uns bedeutete, darauf Platz zu nehmen. »Macht es euch bequem.«
    Er verließ das Zimmer.
    Wir nahmen die Masken ab und legten sie auf den Tisch.
    »Er scheint ein wenig von sich eingenommen«, sagte Richard leise.
    Ich unterdrückte ein Lachen. »Ich habe ihn schon einmal gesehen, und da …«
    Richard legte den Zeigefinger auf die Lippen. Ich unterbrach mich, lauschte in den Gang und hörte die beiden Männerstimmen, die miteinander sprachen.
    »… Bestellungen fertig«, sagte Erasmus, als er eintrat. »Das muss einfach schneller gehen.«
    Lorenz blieb im Türrahmen stehen und verneigte sich knapp. »Ja, Herr. Ich werde dafür sorgen.«
    »Gut. Und bring etwas Wein und was auch immer die Küche gerade zaubern kann, sonst verhungern unsere Gäste noch.«
    Zum ersten Mal sah Erasmus uns an. Einen Moment lang blieb sein Blick auf mir hängen, als käme ihm mein Gesicht bekannt vor, dann glitt er zu Richard hinüber, dessen Tätowierungen nun, da er die Maske nicht mehr trug, zu sehen waren.
    Erasmus zog eine Augenbraue hoch, sagte aber nichts dazu, sondern bat: »Entschuldigt bitte meine Verspätung. Ich habe so viel zu tun, dass ich kaum weiß, wo ich anfangen soll.«
    Er setzte sich, nicht uns gegenüber, sondern ein wenig seitwärts, dorthin, wo die Sonnenstrahlen, die durch die Fenster fielen, sein Gesicht erhellen konnten.
    Im nächsten Moment, bevor einer von uns antworten konnte, beugte er sich bereits wieder vor. »Kann ich die mal sehen?«, fragte er mit einem Blick auf die Masken.
    »Natürlich.« Richard schob eine der beiden Masken über den Holztisch. Erasmus nahm sie in die Hand, drehte sie und blickte in den Schnabel hinein.
    »Billige Imitation«, sagte er und schob die Maske so heftig zurück, dass Richard sie mit der Hand abfangen musste, damit sie nicht über die Tischkante rutschte. »Jeder Pfennig, den ihr dafür bezahlt habt, war einer zu viel.«
    Er lehnte sich zurück und schlug die Beine übereinander. Die Stoffe, die er trug, waren so edel, dass unsere Kleidung wie die eines Bettlers wirkte.
    »Meine Soldaten sind bereits auf der Suche nach diesen Fälschern, die derartige nutzlose Masken verkaufen», ließ er uns wissen. »Der Bürgermeister sollte die Halunken in den Kerker werfen, sie stellen eine Gefahr für die ganze Stadt dar. Die Leute werden unvorsichtig, wenn sie glauben, sie wären geschützt, aber diese Masken schützen niemanden.« Er sah Richard an und fragte dann doch: »Was

Weitere Kostenlose Bücher