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Die Nonne und der Tod

Die Nonne und der Tod

Titel: Die Nonne und der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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wenn sich deine Meinung ändert.« Nach einem letzten Blick auf das Lager wandte er sich ab.
    Auch ich sah Jacob an. Das schweißnasse Haar klebte ihm am Kopf, und er war so blass, dass seine Haut beinahe durchscheinend wirkte. In der Nacht hatte ich eine zweite Beule unter seiner rechten Achselhöhle entdeckt und sein Unterkleid aufgeschnitten, um sie zu versorgen. Nun sah es aus wie ein Totenhemd.
    Jacob hatte eine seiner ruhigen Phasen. Er lag auf dem Rücken, Arme und Beine unter der Decke, die Augen geschlossen. Nur sein Brustkorb, der sich viel zu schnell hob und senkte, verriet, dass er von Fieberträumen gequält wurde. Ich setzte mich neben ihn, wrang das Tuch aus, mit dem ich seine Stirn kühlte, und tauchte es in eine Schüssel voller Wasser. Vorsichtig tupfte ich damit sein Gesicht ab.
    Er seufzte – und dann öffnete er plötzlich die Augen.
    Sie waren blutunterlaufen und glänzten fiebrig. Einen Moment irrte sein Blick umher, dann fand er meinen.
    Ich lächelte. »Jacob?«
    Er fuhr sich mit der Zunge über die aufgesprungenen Lippen, und dann … Dann stieß er Laute hervor, guttural und zischend, die tief aus seiner Kehle zu kommen schienen und durch die Höhle hallten.
    Erschrocken wich ich zurück, und die Schmuggler, die schon erwacht waren und an den Tischen frühstückten, sprangen auf und fuhren zugleich herum.
    Selbst ich erkannte Jacobs Stimme kaum wieder.
    »Keine Angst, es wird alles gut.« Ich sprach leise auf ihn ein, während ich ihm wieder die Stirn kühlte. Einige Männer traten heran, unter ihnen auch Georg.
    »Der Teufel spricht durch ihn!«, rief er, das Kreuz vor seiner Brust umklammernd. »Hört doch!«
    Er packte Paul mit der freien Hand an der Schulter, riss ihn zu sich herum. »Habe ich dir nicht gesagt, dass wir uns den Teufel in diese verfluchte Heidenhöhle holen? Glaubst du mir jetzt endlich?«
    Paul machte sich los, antwortete jedoch nicht, sondern wich zusammen mit den anderen zurück.
    Hör auf!, bat ich innerlich, so als könnte Jacob meine Gedanken besser verstehen als meine Worte. Bitte hör auf!
    »Was ist denn hier los?« Richard hatte Schwierigkeiten, sich über Georgs Geschrei und die Laute, die Jacob ausstieß, verständlich zu machen. Er kämpfte sich durch die Männer und blieb dicht am Vorhang stehen.
    »Der Teufel ist los!«, fuhr ihn Georg an. »Ich habe es kommen sehen, und nun ist es passiert!« Er wandte sich an die Umstehenden. »Passt auf eure Seelen auf! Der Teufel greift mit seinen Zungen nach ihnen. Ihr …«
    »Das ist Arabisch«, unterbrach ihn Richard, »die Sprache der Sarazenen.« Er sah mich an. »Jacob spricht Arabisch?«
    Ich hob die Schultern. Ich nahm an, dass er in Maastricht Arabisch gehört, vielleicht sogar ein wenig gelernt hatte, und im Fieber fielen ihm die Worte wieder ein.
    »Das wird ja immer besser«, rief Georg. »Hast du in einem der Fässer vielleicht noch einen Sarazenen versteckt, von dem du uns nichts erzählt hast?«
    »Halt endlich das Maul, verdammt noch mal!« Paul stieß ihn mit beiden Händen zurück. Georg stolperte und wäre beinahe gestürzt. »Der Teufel kriegt uns noch früh genug, du musst ihn nicht ständig heraufbeschwören!«
    »Aber er ist hier!«, schrie Georg. »Dieses Weib hat ihn und seine Seuche in unsere Mitte gebracht.«
    Jacob verstummte ebenso unerwartet, wie er zu rufen begonnen hatte.
    Georgs Worte hallten durch die plötzliche Stille: »Sie sollte eine Braut Christi werden, aber stattdessen fickt sie den Teu…«
    Der Schlag, der ihn gegen den Tisch warf, schien aus dem Nichts zu kommen. Erst als Richard seine Hand schlenkerte, begriff ich, dass er es gewesen war, der Georg die Faust hatte schmecken lassen.
    »Hau ab!«, sagte er. »Nimm deine Klamotten und deinen Anteil und lass dich hier nie wieder blicken!«
    Georg stützte sich schwer auf den Tisch. Blut tropfte aus seinem Mund. Er spuckte aus und sah Czyne an. »Ist das auch deine Meinung?«
    Erst jetzt merkte ich, dass auch sie anwesend war. Sie saß an einem anderen Tisch, ein Bein angewinkelt und den Fuß auf der Bank und einen Krug Bier in der Hand. »Mir egal, ob du gehst oder bleibst.«
    »Was für eine Überraschung. Du widersprichst ihm nicht.« Georg richtete sich auf und ließ seinen Blick über die versammelten Männer und Frauen schweifen. »Denkt mal darüber nach, was sich in letzter Zeit hier alles verändert hat. Ich gehe jedenfalls gern. Wer sein Leben und auch seine Seele behalten will, kann mich begleiten.«
    Er blieb einen

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