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Die Nonne und der Tod

Die Nonne und der Tod

Titel: Die Nonne und der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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Mond einen Moment lang ihr Gesicht erhellte, erkannte ich sie. Es war Schwester Johannita.
    Was macht sie mitten in der Nacht im Garten?, fragte ich mich.
    Richard berührte meinen Arm. »Komm, wir müssen weg, bevor uns jemand sieht.«
    Er wollte mich hinter sich herziehen, aber ich wich zurück und drückte ihm die Kräuterbeutel in die Hand. »Geh vor, ich komme gleich nach.«
    Seine Hand glitt von meinem Arm, als ich mich aus dem Schatten der Hütte löste und geduckt zu den Bäumen lief, an denen auch Johannita vorbeigegangen war. Hinter mir zischte Richard einen kurzen Fluch und folgte mir.
    »Was soll das?«, flüsterte er, als er mich eingeholt hatte.
    Ich ließ die Nonne nicht aus den Augen. »Das ist Schwester Johannita, die Nonne, die Mutter Immaculata umgebracht hat.«
    Richard schwieg, aber er versuchte nicht, mich aufzuhalten. Während Schwester Johannita auf dem Weg blieb, gingen wir durch die frisch umgepflügten Beete. Der Boden war noch so weich, dass wir uns fast lautlos bewegen konnten.
    Vor dem Tor blieb Schwester Johannita stehen und hängte die Öllampe an einen Haken in der Mauer. Ich hörte ein metallisches Rasseln, als sie an dem Ring, den sie in der Hand hielt, nach dem Schlüssel für das schwere, neu aussehende Schloss suchte. Sie steckte ihn hinein, es klackte, dann konnte sie den Riegel zurückschieben und das Tor öffnen.
    »Du hast lange gebraucht«, sagte eine zitternde, alte Stimme, die ich sofort erkannte. Ein Mann trat ein, schwer gestützt auf einen Gehstock.
    »Wer ist das?«, flüsterte Richard.
    »Friedrich von Wallnen, Bürgermeister Wilbolts Leibdiener«, antwortete ich leise.
    Schwester Johannita schloss das Tor hinter ihm. »Der Rat hat Soldaten zu unserer Bewachung abgestellt. Ich musste warten, bis der Weg in den Keller frei war.«
    »Du zeigst Umsicht. Das ist gut.« Von Wallnens Stock kratzte über den Boden, als er sich mit beiden Händen darauf stützte. »Es beweist, dass ich das Angebot meines Herrn der Richtigen unterbreite.«
    Schwester Johannita neigte den Kopf, schwieg jedoch.
    Von Wallnen räusperte sich, ein trockenes, rasselndes Geräusch. »Der Bürgermeister ist sich deines Wunsches, ein höheres Amt zu bekleiden, durchaus bewusst. Er weiß aber auch, dass der Bischof von seinen Äbtissinnen gewisse Mittel einfordert, um den Ausbau der Klöster zu gewährleisten. Unglücklicherweise bist du nicht mehr in der Lage, diese Mittel aufzubringen.«
    »Es gibt andere Möglichkeiten.« Sie klang verärgert.
    »In der Tat. Dein Mut und dein Gottvertrauen, die du bei der Vertreibung der Hexe unter Beweis gestellt hast, stoßen auf viel Bewunderung, vor allem bei meinem Herrn. Er würde dir gern behilflich sein, dein Ziel zu erreichen.«
    »Und ich würde mich über seine Hilfe freuen.« Schwester Johannita wirkte neben von Wallnen wie ein Riese. »Sind Bedingungen daran gebunden?«
    »Ich würde es nicht Bedingung nennen, eher eine Bitte.« Von Wallnen machte eine kurze Pause.
    Ich beugte mich hinter dem Baum, den wir als Versteck benutzten, vor, um kein Wort zu verpassen.
    »Pass auf«, flüsterte Richard. »Das Licht der Lampe reicht fast bis hierher.«
    Dieses Mal war ich es, die den Zeigefinger auf die Lippen legte.
    »Ich höre«, sagte Schwester Johannita.
    Wieder dieses unangenehme Räuspern. »Mein Herr hat der Hexe aus Mitleid geholfen, weil sie mittellos in diese Stadt kam. Nun kam ihm zu Ohren, sie würde das Gerücht verbreiten, sie wäre das Resultat einer Affäre zwischen meinem Herrn und einem Weib aus irgendeinem Dorf. Das ist natürlich absurd.«
    Richard sah mich an. »Du bist die Tochter des Bürgermeisters?«
    Ich nickte stumm.
    Schwester Johannita ließ mit keinem Wimpernzucken eine Reaktion auf diese Neuigkeit erkennen.
    »Dann kannst du sicher verstehen, wie unangenehm es meinem Herrn wäre, würde man ihn mit dieser Hexe in Verbindung bringen. Daher sollte unter uns bleiben, woher die Mitgift stammte, die ihr den Eintritt ins Kloster ermöglichte.«
    Johannita nickte, dann tat sie so, als würde sie überlegen, um schließlich zu sagen: »Hier im Kloster war die Hexe eine Außenseiterin, was wohl nicht verwundert. Dennoch gibt es zwei Nonnen, mit denen sie engeren Kontakt pflegte, Schwester Maria und Schwester Agnes. Möglicherweise hat sie ihnen etwas von deinem Herrn erzählt und ihnen ihre bösen Lügen zugeflüstert. Ich könnte mir vorstellen, dass die Dienste der beiden in einem anderen Kloster dringender gebraucht würden als

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