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Die Nonne und der Tod

Die Nonne und der Tod

Titel: Die Nonne und der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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Mauer gelangen können.«
    Richard hielt mich mit der Hand zurück. »Wir müssen eine andere finden.«
    »Warum?«, fragte ich verwundert.
    »Würdest du nicht das Loch vernageln, durch das der Fuchs in den Hühnerstall eingedrungen ist? Oder dich vielleicht sogar mit dem Knüppel in der Hand dorthin stellen und ihm auflauern?«
    Er hatte recht. Schwester Johannita war keine Frau, die so etwas übersah.
    »Ich kenne eine andere«, sagte ich. »Sie ist weiter weg, aber ich glaube nicht, dass jemand außer mir davon weiß.«
    Er neigte den Kopf, bedeutete mir voranzugehen. Wir hielten uns im Schutz der Gassen, solange es ging, dann im Schatten der Mauer. Die Nacht war sternklar und hell. Ein leuchtend weißer Halbmond schien auf uns herab.
    Schließlich begannen wilder Wein und Brombeerhecken die Mauer zu überwuchern. Ich hob einen Ast auf und stocherte darin herum, bis er auf keinen Widerstand stieß. Dort befand sich ein Loch in der Mauer.
    Richard duckte sich und kroch vor mir durch die Lücke in der Mauer. Er nahm mir den Stock aus der Hand und hielt damit das Gestrüpp hoch, damit ich mich nicht in ihren Dornen verfing.
    Dunkel und mächtig ragte das Klostergebäude vor uns auf, als ich mich im Klostergarten erhob. »Hier entlang«, sagte ich.
    »Warte.« Richard zog sich die Kapuze noch tiefer ins Gesicht. Er flüsterte. »Unterschätz nicht, wie gefährlich es hier ist. Der Orden hat bestimmt Wachen aufstellen lassen. Wir dürfen nicht umherlaufen, als würde uns der Garten gehören.« Ich nickte ungeduldig und wollte mich in Bewegung setzen, aber er ergriff meinen Arm. »Wenn sie dich erwischen und in den Kerker sperren, wird Jacob sterben, vergiss das nicht.«
    Mühsam zwang ich mich zur Ruhe. »Das werde ich nicht.«
    Der Weg entlang der Gemüsebeete erschien mir länger als je zuvor, trotzdem beherzigte ich Richards Warnung und behielt die Umgebung im Auge. Hinter den Klosterfenstern war es dunkel. Die Nonnen hatten die letzte Andacht des Tages bereits hinter sich und lagen nun in ihren Zellen, schliefen vielleicht oder fragten sich bang, ob die Hexe nicht als Nächstes zu ihnen kommen würde. Klara und Alfonsa gönnte ich jeden Albtraum, den dieser Gedanke gebar.
    »Dort hinten ist die Kräuterhütte«, flüsterte ich und zeigte auf den schwarzen Umriss in der Dunkelheit.
    Ich hörte ein schabendes Geräusch hinter mir, drehte den Kopf und sah, dass Richard ein unterarmlanges Schwert unter dem Umhang hervorgezogen hatte. Die Klinge glänzte im Mondlicht.
    »Man kann nie wissen«, sagte er leise.
    Die Tür der Hütte war nicht verriegelt. Ich sah mich um und lauschte in die Dunkelheit, aber da war nichts außer Richards Atem und dem Rascheln meiner Kleidung. Vorsichtig drückte ich die Tür auf.
    Es hatte sich nichts verändert. Die Strohmatratze lag immer noch am Boden, die Decke war zerwühlt, und ich erinnerte mich, wie ich sie zur Seite geschoben hatte, als ich aufstand, um nach Agnes zu suchen.
    »Beeil dich.« Richard schob die Tür zu, bis auf einen Spalt, durch den er nach draußen blicken konnte. Ich nahm die Beutel, die ich eingesteckt hatte, und stopfte die zum Trocknen aufgehängten Kräuter hinein. Mutterkraut, Wacholder und Roter Fingerhut waren darunter, aber auch einiges, was ich in der Dunkelheit nicht erkennen konnte.
    »Ich brauche noch frische«, sagte ich, als der erste Beutel voll war. »Die Beete sind direkt vor der Tür.«
    Wir gingen nach draußen. Richard hielt sich mit dem Schwert in der Hand im Schatten der Hütte. Während ich die Beete nach den richtigen Kräutern absuchte, sah er sich sichtlich nervös um.
    »Ich glaube nicht, dass jemand …«, begann ich, aber er unterbrach mich mit einem Kopfschütteln und legte sich den Zeigefinger auf die Lippen.
    Ich lauschte, hörte im ersten Moment nur die Geräusche der Nacht, eine Eule irgendwo in den Bäumen, Grillen und das Rauschen der Blätter in der leichten Brise.
    Und Schritte.
    Ich riss den fast vollen Beutel vom Boden hoch und war mit zwei Schritten neben Richard. »Keinen Laut«, flüsterte er.
    Gemeinsam starrten wir in die Nacht. Ein Licht tanzte auf dem Weg in unsere Richtung. Ich kniff die Augen zusammen und versuchte, die Person zu erkennen, die es trug, aber sie war noch zu weit weg. Erde und kleine Steine knirschten unter ihren Sohlen. Sie bog vor den Beeten nach links ab, in Richtung des kleinen Tors, zu dem nur Schwester Ysentrud, die Pförtnerin, den Schlüssel besaß. Als sie die Bäume hinter sich ließ und der

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