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Die Nonne und der Tod

Die Nonne und der Tod

Titel: Die Nonne und der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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hackte ich Kräuter und kochte neuen Sud. Ich trug Schüsseln mit Wasser in die Herrenhaus-Höhle, kühlte Cunnes Stirn und versuchte, Femeke die Sorge um ihre zweite Tochter zu nehmen.
    Die Geschwindigkeit, mit der sich die Krankheit durch ihre Körper fraß, war erschreckend. In der Nacht waren sie zu uns gekommen, gegen Mittag des nächsten Tages war Femeke bereits so voller Beulen, dass sie bei jeder Bewegung wimmerte. Nichts konnte ihre Schmerzen lindern, weder meine Tinkturen noch der Wein, den wir ihr einflößten, in der Hoffnung, dass sie dann ein wenig schlafen würde. Sie tat es nur selten, und wenn, dann unterbrochen von lautem Stöhnen.
    »War es bei mir genauso?«, fragte Jacob, als er nach stundenlangem tiefem Schlaf ins sogenannte Herrenhaus zurückkehrte. Die Notizen, die er sich gemacht hatte, während er bei Abdullah gewesen war, hielt er in der Hand.
    Ich schüttelte den Kopf. »Nein, das hier ist schlimmer.«
    Gegen Abend begann sie, Blut zu husten. Ich wünschte, sie hätte das Bewusstsein verloren oder wenigstens den Verstand, doch sie begriff, was mit ihr geschah, das sah ich in ihrem entsetzten, traurigen Blick.
    Sie starb noch vor Morgengrauen, nur wenige Stunden vor Cunne, die leise, beinahe lautlos vom Leben in den Tod glitt.
    »Ich verstehe nicht, was ich falsch gemacht habe«, sagte ich, während ich mir die Tränen aus dem Gesicht wischte. »Es waren die gleichen Tränke wie bei dir und die gleichen Tinkturen. Warum sind sie gestorben?«
    Jacob blätterte in seinen Notizen. Auf manchen Seiten gab es noch freie Stellen, wo er meine Behandlungsmethode – so nannte er das, was ich tat – niederschreiben wollte. Er hatte Dythmar bereits am Morgen gebeten, ihm Tinte und Feder zu besorgen, wartete aber immer noch darauf. Wahrscheinlich war der Schmuggler mit dem Geld geflohen.
    »Vielleicht …«, begann Jacob zögernd, »vielleicht wirkt deine Methode nur bei Männern.«
    Ich war zu müde, um darüber nachzudenken, also hob ich nur die Schultern und wandte mich ab.
    Czyne saß auf einer der Holzbänke, als ich die erste Höhle betrat. Sie hatte die Knie angezogen und starrte ins Nichts.
    »Wo sind die anderen?«, fragte ich.
    »Unterwegs. Jeder hat auf einmal dringend etwas in der Stadt zu erledigen, Richard übrigens auch.«
    »Nur du nicht.«
    Sie lächelte knapp. »Nur ich nicht.« Ihr Lächeln verschwand so schnell, wie es gekommen war. Die Härte, die es ihrem Gesicht genommen hatte, kehrte zurück. »Sind sie tot?«
    »Ich konnte ihnen nicht helfen.«
    Einen Moment lang schwieg Czyne. »Was machen wir mit den Leichen?«
    Ich nahm einen Krug und schöpfte Bier aus einem offenen kleinen Fass. »Jacob ist der Überzeugung, wir sollten sie verbrennen, ebenso wie alles, mit dem sie in Berührung gekommen sind.«
    Sie stieß die Luft aus. »Wenn das so weitergeht, müssen wir bald auf dem nackten Boden schlafen.«
    »Dann sollten wir beten, dass es nicht weitergeht.« Ich trank einen großen Schluck Bier. Es war zu bitter und zu kalt.
    »Das tut es bereits«, sagte Czyne, als ich den Krug abstellte. Mit dem Kinn deutete sie in Richtung der Schlafstätten. »Eckehart ist krank.«
    »Was?« Das Bier fühlte sich wie Eis in meinem Magen an. Mir wurde übel.
    »Er hat mich eben geweckt, um es mir zu sagen. Du solltest ihm vielleicht verschweigen, dass deine anderen drei Patienten gestorben sind.« Ihre Worte waren grausam, aber ich hörte Mitleid in ihrer Stimme. »Er hat Angst«, fügte sie hinzu.
    »Wer hat Angst?« Jacob war unbemerkt hinter mir aus dem Gang getreten.
    Ich erklärte es ihm.
    »Eckehart?« Er fuhr sich mit der Hand durchs Haar, wirkte auf einmal wach und aufgeregt. »Du musst mir genau zeigen, wie du ihn behandelst, was du ihm gibst, in welchen Abständen und so weiter. Wenn das, was ich denke, stimmt, wirst du ihm helfen können.«
    Czyne sah ihn finster an, und mir war es unangenehm, dass er sich über diesen erneuten Krankheitsfall sogar zu freuen schien.
    »Und was ist es, das du denkst?«, fragte Czyne ihn kühl.
    »Dass die Behandlung, auf die Ketlin gestoßen ist, nur Männern hilft.«
    Czynes Gesicht verdüsterte sich noch mehr.
    »Wir wissen nicht, ob das stimmt«, sagte ich.
    Jacob lächelte. »Noch nicht.«

Kapitel 32
    Dythmar kehrte am Nachmittag zurück, betrunken und eingehüllt in den, wie er sagte, »süßen Geruch liederlicher Frauen«. Er hatte weder Tinte noch Feder vergessen, doch ich wünschte schon bald, er hätte es getan, weil Jacob, nachdem er

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