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Die Nonne und der Tod

Die Nonne und der Tod

Titel: Die Nonne und der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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beides ausgehändigt bekommen hatte, an mir hing wie ein Floh.
    Alles musste ich ihm erklären, von jeder Zutat wollte er den Namen wissen, fragte immer wieder nach, wie viel ich von dem einen nahm, wie viel von dem anderen, wie lange ich den Sud kochte und wie viel ich Eckehart davon einflößte. Die meisten Fragen konnte ich nicht beantworten, ich stolperte durch meine Erklärungen, als wäre ich ebenso betrunken wie Dythmar, und ich fühlte mich jedes Mal wie eine Betrügerin, wenn Jacob nickte und alles, was ich sagte, in die kleinen freien Felder auf seinen Pergamenten niederschrieb.
    Die Seiten sind viel zu schade dafür, dachte ich. Er sollte sie für Wichtigeres aufbewahren.
    Als ich versuchte, ihn davon zu überzeugen, schüttelte er jedoch nur den Kopf. »Nein, nichts kann wichtiger sein als das, was ich hier erfahre.«
    Eckehart war ein großer, kräftiger Mann, aber als er die erste Beule an seinem Oberschenkel entdeckte, weinte er wie ein kleines Kind. Dythmar, der zu betrunken war, um Angst vor der Seuche zu haben, setzte sich neben ihn und gab Geschichten zum Besten, die er angeblich in den Bordellen Coellens erlebt hatte, und zu meiner Überraschung begann Eckehart nach einer Weile zu lachen. Irgendwann wurde sein Fieber jedoch so hoch, dass er sich nicht mehr konzentrieren konnte. Dythmar wirkte enttäuscht, als ich ihn bat zu gehen.
    »Aber er ist mein Freund«, sagte er. Ich hatte nie den Eindruck gehabt, dass er und Eckehart sich nahestanden, aber Dythmar stiegen tatsächlich Tränen in die Augen, als er das sagte. »Wer weiß, wie lange er noch unter den Lebenden weilt.«
    Es war diese Frage, die uns zusammenführte.
    In den drei Tagen, in denen wir um Eckeharts Leben kämpften, veränderte sich vieles in der Höhle. An den Abenden saßen wir alle gemeinsam an einem Tisch, aßen, redeten und tranken. Wir lachten mehr als in den ganzen Wochen zuvor, und sogar Czyne hielt sich nicht länger abseits; hin und wieder sah ich ihre Hand sogar so dicht neben der von Richard liegen, dass sie sich beinahe berührten.
    Mehr und mehr betrachtete ich die Höhle als mein Zuhause und die Menschen in ihr als meine Freunde. Wir beteten, als wir die Leichen im Innenhof verbrannten, und trösteten Paul, der sich um ihre Seelen sorgte.
    Nachts schliefen Jacob und ich auf meinem Strohlager und hielten uns dabei in den Armen, unsere nackten Körper aneinandergeschmiegt. Er erholte sich rasch, und Eckeharts Behandlung lastete nicht mehr allein auf meinen Schultern.
    Am Morgen des vierten Tages ging Eckeharts Fieber zurück, am Morgen des fünften stand er zum ersten Mal auf.
    Er war gesund.
    Wir alle applaudierten, als Eckehart auf wackeligen Beinen aus seinem Verschlag kletterte und Jacob ihn zum Tisch führte. Dort ließ er sich schwer auf die Holzbank nieder und keuchte: »Der Teufel muss wohl noch ein bisschen warten, bis er mich kriegt.«
    Dythmar grinste und schob ihm einen Krug mit heißem Bier hin. »Wie heißt es so schön: Nur die Guten sterben jung.«
    Ich war nicht die Einzige, die dabei an die denken musste, die nicht mehr bei uns waren; Richard hob auf einmal seinen Krug und sagte im ernsten Tonfall: »Auf Femeke, Cunne und Beatke.«
    Wir tranken.
    Eine Weile saßen wir schweigend nebeneinander, dann räusperte sich Jacob. »Ich bin mir nicht sicher, ob ihr versteht, was es bedeutet, dass Eckehart und ich die Seuche überlebt haben. Mein Lehrmeister … mein neuer Lehrmeister aus Konstantinopel bezeichnet sie als die schlimmste Geißel der Menschheit. Sie hat bereits ganze Landstriche entvölkert, und niemandem ist es bisher gelungen, die von ihr Befallenen zu heilen. Was Ketlin getan hat …«
    Czyne unterbrach ihn: »… könnte uns unfassbar reich machen.«
    Jacob blinzelte überrascht, aber sie achtete nicht mehr auf ihn, sondern stützte die Ellenbogen auf die Tischplatte und sah uns nacheinander an. »Sollte es weitere Kranke geben – und wie mir zu Ohren kam, ist die Seuche in der Gasse der Gerber ausgebrochen –, wird man uns bald auf Knien um Hilfe anflehen. Und wenn die Seuche erst mal bis zu den Herrenhäusern am Dom vorgedrungen ist …«
    Sie ließ den Satz unvollendet, aber jeder am Tisch wusste, was sie sagen wollte.
    »Wir werden reicher sein als die Overstolzens«, sagte Paul.
    »Reicher als die Overstolzens und die Gyrs zusammen«, sagte Eckehart.
    »Reicher als der Papst«, flüsterte Dythmar.
    Ihre Worte machten mir Angst. »Hört auf damit! Ich konnte zwei Kranken helfen, aber drei

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