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Die Nonne und der Tod

Die Nonne und der Tod

Titel: Die Nonne und der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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rührten sie von Peitschenhieben oder Stockschlägen.
    Ich wandte mich ab und ging zurück zum Feuer.

Kapitel 35
    »Nichts zu fressen da!« Missmutig ließ Paul den leeren Vorratsbeutel sinken. »Und das verdammte Schiff kommt auch nicht.«
    Die Sonne war längst aufgegangen. Wir saßen oder standen am Steg, warteten bereits seit dem Morgengrauen auf die Waren, die Czyne in Empfang nehmen sollte.
    Richard warf Steine ins Wasser. »Die nächste Anlegestelle ist nur ein paar Stunden von hier entfernt. Wir könnten weitergehen und hoffen, dass wir vor dem Schiff dort ankommen, wenn ihr nicht warten wollt.«
    »Besser, als hierzusitzen und zu verhungern.« Paul stand auf. »Ich bin dafür, dass wir gehen.«
    »Ich auch«, sagte ich. Meine Nacht war kurz gewesen und erfüllt von wirren Träumen, in denen es um Hexen ging, Äbtissinnen, die erschlagen wurden, und immer wieder um Feuer und Tod. »Was meinst du, Maria?«
    »Ihr kennt euch mit solchen Dingen aus.« Sie hatte sich das Gesicht im Fluss gewaschen und legte gerade ihr Gebende an. »Ich folge eurem Rat.«
    »Dann gehen wir.« Czyne legte sich den Umhang an. »Ein Stück den Rhein hinauf gibt es ein Dorf. Vielleicht können wir dort etwas zu essen kaufen.«
    »Hoffentlich.« Paul ging mit strammen, schnellen Schritten voran.
    Wir folgten ihm den Weg am Fluss entlang, vorbei an hüfthohem Gras und wild wucherndem Unkraut.
    Ich runzelte die Stirn. Das Land war sumpfig und taugte nur als Weide, aber ich sah weder Schafe noch Ziegen, nur an einer Stelle zwischen Brennnesseln die Überreste eines niedergerissenen Zauns. Es gab so viele Dörfer in der Nähe und so viele Marktflecken, dass ich nicht verstand, weshalb man das Land brachliegen ließ und es noch nicht einmal nutzte, um Heu zu ernten.
    »Sieht es hier immer so aus?«, fragte ich.
    »Was meinst du?« Richard ging hinter mir.
    Ich drehte mich zu ihm um, als ich antwortete. »Die verwilderten Weiden.«
    Er zuckte mit den Schultern. »Ich bin nicht oft hier. Letztes Mal stand das Gras niedriger, mehr kann ich dazu nicht sagen.«
    »Von uns ist keiner bei Bauern aufgewachsen«, fügte Paul hinzu. »Ich kann dir erklären, wie man einen Geldbeutel abschneidet, ohne dass der Besitzer etwas merkt, aber von Feldarbeit verstehe ich nichts.«
    »Und du bist noch nicht einmal ein guter Taschendieb«, fügte Czyne hinzu.
    Paul lachte und klopfte gegen den Knüppel, der neben dem Dolch in seinem Gürtel steckte. »Deshalb habe ich immer meinen Freund dabei. Wenn ich damit zuhaue, merkt der Besitzer auch nichts mehr.«
    »Mein Gott …«, flüsterte Maria. Sie ging neben mir. »Zu was für Leuten hast du mich geführt?«
    »Er meint es nicht ernst«, log ich. »Paul hat nur einen derben Humor.«
    Sie wirkte nicht überzeugt davon.
    Wir fanden wilde Brombeeren und pflückten sie. Die meisten waren verfault, niemand hatte sich vor uns die Mühe gemacht, sie zu ernten.
    Mit dem süßsauren Geschmack der Beeren im Mund gingen wir weiter.
    Die Dächer von Hütten tauchten hinter einigen Bäumen auf, und ich entdeckte einen Weg, der vom Fluss dorthin führte.
    »Ich habe so einen Hunger, ich würde sogar für Mehlsuppe bezahlen«, sagte Paul, als wir in den Weg einbogen.
    Je näher wir dem Dorf kamen, desto langsamer wurden unsere Schritte und desto weniger sprachen wir. Die erste Hütte, die wir durch Zweige und Laub erblickten, war abgebrannt. Geschwärzte, von Unkraut umrankte Balken waren alles, was von ihr übrig war. Das Dach der Hütte dahinter war eingestürzt, die Tür hing schief im Rahmen.
    Der Weg führte zwischen den Hütten entlang. Es waren fast ein Dutzend, trotzdem hörten wir keinen Laut, sahen keinen Menschen und kein Tier.
    Ich blieb neben einem Gemüsegarten stehen. Der hohe Zaun, der ihn umgab, hatte verhindert, dass Wild die Ernte fraß, doch die Kohlköpfe und Möhren in der Erde waren verdorrt.
    »Wartet einen Moment«, bat ich trotzdem. Es waren die ersten Worte, die jemand von uns sprach, seit wir das Dorf betreten hatten, und sie ließen Maria erschrocken zusammenzucken.
    Durch ein kleines, mit einem Strick gesichertes Tor gelangte ich in den Garten.
    »Was machst du da?«, fragte Richard. Er sprach leise, als befürchtete er, etwas zu wecken, was in dem Dorf schlief.
    »Dort hinten wächst Blauer Eisenhut. Den können wir brauchen.«
    »Willst du nicht lieber fragen, ob du dir den nehmen darfst?«
    Maria hatte die Frage gestellt, und ich drehte mich nach ihr um. »Wenn du jemanden triffst, dem der

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