Die Nonne und der Tod
ins Leere laufen, dann stand sie plötzlich vor ihm, stach kurz und ansatzlos zu.
Theo schwankte. Das Schwert entfiel seiner Hand, er brach in die Knie und kippte dann zur Seite.
Czyne bückte sich und zog den Dolch aus seinem Auge.
Ich drehte mich um, als ich jemanden hinter mir wimmern hörte. Es war Felk. Er hockte zusammengekrümmt im Gras, sein Mund stand offen, Pauls Knüppelhiebe hatten ihm offenbar den Kiefer gebrochen. Ich wusste nicht, ob ihm die Schneidezähne schon vorher gefehlt hatten.
Czyne ging langsam auf ihn zu, den Dolch in der Hand. Felk streckte abwehrend die Hände aus.
»Der tut keinem mehr was«, sagte Richard.
Sie blieb stehen und sah den großen weinenden Mann vor ihr am Boden an. »Geh.«
Felk kam taumelnd auf die Beine, drehte sich um, stolperte auf die Pferde zu.
»Die Gäule lässt du hier!«, bellte Czyne.
Sofort wechselte er die Richtung und lief den Weg, auf dem er und die anderen gekommen waren, zurück. Ich hörte sein Wimmern, bis er zwischen den Bäumen verschwand, und ich fragte mich, ob Richard ihm mit seinen Worten das Leben gerettet hatte.
Maria tauchte im Türrahmen auf. Sie sah die Leichen und schlug die Hände vor den Mund. »Was habt ihr getan?«
»Was sie sonst mit uns getan hätten«, sagte Czyne. Sie schien noch etwas hinzufügen zu wollen, doch dann fiel ihr Blick auf Richard. »Du bist verletzt.«
Er hob den Arm, sah überrascht auf die heftig blutende Schnittwunde, die sich von seinem Handgelenk fast bis zum Ellenbogen zog. Der Ärmel seines Hemdes klaffte darüber auf. »Hab ich gar nicht gemerkt.«
»Das kommt noch.« Czynes Tonfall war hart, aber ich hörte dennoch Sorge und Zuneigung darin. »Du musst zurück, bevor sich das entzündet. Nimm Ketlin mit. Paul und ich bringen die Nonne nach Bonn, wenn er irgendwann wieder aufwacht.«
Sie pfiff einmal laut und durchdringend, aber Paul blieb liegen.
Ich runzelte die Stirn und ging neben ihm in die Knie.
Seine Augen waren geschlossen, das Gesicht entspannt. Ich sah kein Blut, aber als ich seinen Kopf vorsichtig zwischen meine Hände nahm, fühlte er sich an, als wäre er irgendwie vom Hals gelöst, und ich hörte ein leises Knirschen.
Der Plünderer hatte ihm das Genick gebrochen.
Ich sah auf. »Er ist tot.«
Kapitel 36
Wir begruben die Toten in dem Gemüsegarten neben der Hütte, stellten Kreuze für sie auf und schlossen das Tor, damit Wildtiere die Leichen nicht wieder ausbuddelten. Maria sprach ein Gebet.
Weder Czyne noch Maria waren glücklich darüber, dass sie allein weiterziehen mussten, doch wir alle machten uns Sorgen um Richards Wunde. Ich spülte sie im Fluss aus und verband sie mit einem Stück Stoff, das ich aus meinem Unterkleid riss.
Wir teilten das, was die Plünderer bei sich geführt hatten, unter uns auf. Ihre Geldbeutel waren schwer, die Rüstungsteile und Waffen wertvoll. Die Pferde nahmen Czyne und Maria, um sie in Bonn zu verkaufen.
»Ich will dich gesund wiedersehen«, sagte Czyne zum Abschied zu mir. Es war das Freundlichste, was ich sie je hatte sagen hören.
Dann machten Richard und ich uns auf den Weg zurück nach Coellen.
Er hatte Schmerzen, auch wenn er versuchte, sich das nicht anmerken zu lassen. Ich suchte immer wieder nach Kräutern am Wegesrand, doch ich fand nichts, womit ich ihm hätte helfen können.
Erst kurz vor Morgengrauen des nächsten Tages ließ Philip uns wieder in die Stadt.
Die Gassen, durch die wir gingen, waren leer so früh am Morgen, doch das änderte sich, als wir uns dem Versteck der Schmuggler näherten. Wir sahen Gruppen von Menschen vor den Hütten stehen. Sie schienen zu warten. Manche hatten in Decken gehüllte Kranke dabei, andere schienen allein zu sein.
Die Türen zu den Hütten standen offen, und auch drinnen lagen Kranke. Ich versuchte sie zu zählen, doch schließlich gab ich auf.
»Gott sei Dank, ihr seid zurück.« Agnes trat mit einer Schüssel voll mit blutigem Wasser aus einer der Hütten. Sie trug eine lange Schürze, auf der überall rötlichbraune Flecken waren. »Es werden immer mehr.«
»Und sie sterben wie die Fliegen«, sagte Jacob, der hinzukam. Er war unrasiert, sein Haar zerwühlt, und er machte ganz den Eindruck, als hätte er seit unserer Abreise nicht mehr geschlafen. Sein Blick wich dem meinen aus, richtete sich stattdessen auf Richard. »Bist du verletzt?«
»Ja, aber das hat Zeit. Kümmere dich erst um deine Arbeit.«
Jacob lächelte freudlos. »Meine Arbeit besteht darin, Tote zu verbrennen. Komm mit
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