Die Nonne und der Tod
wegen euch und dieser verdammten Gaukler gegen Gott versündigt! Alles ist eure Schuld!«
»Huren«, stieß nun auch Knut hervor. Seine Augen leuchteten. »Huren. Huren. Huren.«
Er hörte erst auf, als Adalbert ihm gegen den Oberarm schlug.
»Ihr seid Sünder vor dem Herrn!« Speichel spritzte aus Josefs Mund. Anklagend zeigte er auf Mutter und mich.
»Und was ist mit dir?«, schrie ich zurück. »Warum bist du nicht krank?«
Er drückte den Rücken durch und streckte den Arm zur Decke, den Zeigefinger ausgestreckt. »Weil ich mich dem Herrn unterwerfe und seinen Zorn fürchte!«
»Warst du deshalb gleich am ersten Abend bei den Gauklern und hast in ihrem Karren gelegen?«
Mutter sah mich überrascht an.
»Wovon redest du, Hure?«, schrie Knut. Er fand wohl Gefallen an dem Wort.
»Ich habe deinen Vater dort gesehen. Er war halb nackt und betrunken.«
Josefs Unterlippe begann zu zittern. Ich sah, wie blass er auf einmal wurde. Sein Arm fiel wie tot an seine Seite, doch nur einen Lidschlag später fing er sich. »Du lügst! Ich lasse mich von dir nicht in den Schmutz ziehen!«
Die anderen Männer begannen Beschimpfungen zu schreien. Michael schüttelte Mutter, bis ihr die Kapuze vom Kopf rutschte.
»Dann fragt doch Else«, rief ich über den Lärm hinweg. »Oder ist sie auch eine Hure?«
»Sie ist nicht krank«, sagte Seitz und sah Josef auf einmal mit schneidendem Blick an. »Bevor wir ein Urteil fällen, so wie du es verlangst, wollen wir uns überzeugen, dass der Teufel nicht auch aus dir spricht.«
Seine Worte spalteten die Männer im Raum in zwei Gruppen. Josef und seine Söhne begehrten lautstark auf, die beiden anderen Bauern stimmten dem Tagelöhner zu.
Ich hörte kaum auf das, was sie sagten. Meine Gedanken kreisten um ein einziges Wort.
Urteil!
»Dann fragen wir sie eben«, schrie Adalbert schließlich. »Vater hat nichts zu verbergen.«
»Ja.« Josef fuhr sich mit den Händen durchs Gesicht. Seine Stimme zitterte. »Fragen wir sie.«
Jörg ergriff meinen Arm und zog mich durch den Flur nach draußen. Die kalte Luft war wie Eiswasser auf meinem heißen, verschwitzten Gesicht. Michael führte Mutter neben mir die Straße entlang, die anderen gingen voran. Auch Josefs Töchter schlossen sich uns an; das Heulen der Jüngsten folgte uns durch das Dorf.
Mutter sah mich an. »Ist das wirklich wahr?«, fragte sie so leise, dass ich sie kaum verstehen konnte.
Ich nickte. »Else und ich haben die Gaukler am ersten Abend aufgesucht. Es tut mir leid, ich wollte nicht, dass du davon erfährst.«
»Du hättest mir das sagen müssen.« Eine seltsame Müdigkeit schwang in Mutters Stimme mit. »Hättest du es mir doch nur gesagt.«
Ein Stoß in den Rücken trieb sie weiter voran.
»Lauf, Hure!«, schrie Jörg.
Der Lärm lockte die Menschen aus ihren Hütten. Manche fragten, was vorginge, und erhielten zur Antwort, Mutter und ich hätten uns mit dem Teufel verbündet und trügen die Schuld an der Seuche. Andere schlossen sich der Gruppe einfach so an, kein Einziger richtete ein Wort an Mutter oder mich.
Sie werden uns nicht helfen , dachte ich. Inmitten all derer, die ich für Freunde gehalten hatte, waren wir allein.
Vor Elses windschiefer Hütte blieben wir stehen. Jörg hielt Mutters Arme, Michael die meinen.
»Else!«, rief Josef. »Komm heraus!«
Es dauerte einen Moment, dann wurden die Bretter, die als Tür dienten, zur Seite geschoben, und Else blinzelte in das helle Sonnenlicht. Als sie uns sah, schlug sie hastig die Kapuze ihres Umhangs hoch und hielt sie mit einer Hand unter ihrem Kinn fest. »Was wollt ihr denn? Brennt es?«
»Das kann man wohl sagen«, murmelte jemand hinter mir.
Josef trat vor Else, die Fäuste in die Hüften gestützt. »Wir sind hier, um die Wahrheit herauszufinden. Ich kenne dich als gutes, ehrliches Mädchen, deshalb habe ich dir auch immer geholfen, wenn du mal etwas brauchtest, nicht wahr?«
»Er beeinflusst sie!«, rief Mutter. »Er soll ihr einfach nur die Frage stellen.«
Elses Blick zuckte über die Menge, die sich vor ihr versammelt hatte, und blieb schließlich an mir hängen. Ich versuchte zu lächeln. »Sag einfach nur die Wahrheit, Else.«
»Worüber? Ich weiß nicht, was ihr wollt.«
Hinter ihr stöhnte der krumme Hans. Ich konnte ihn nicht sehen, Else verdeckte ihn mit ihrem Körper.
»Diese beiden Hu…« Josef unterbrach sich. »Wir glauben, dass sich Magda, Ketlin und die Gaukler mit dem Teufel verbündet haben, um unschuldige Seelen zu
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