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Die Nonne und der Tod

Die Nonne und der Tod

Titel: Die Nonne und der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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Decke, die von einem der Räder gerutscht war, mit Stricken festzogen. Die anderen standen um sie herum und warteten. Im Sternenlicht konnte ich erkennen, dass der Korb, den die schlecht gelaunte Frau auf dem Rücken trug, voll mit Zwiebeln und Gurken war. Zwar gab es überall in der Stadt Gärten, aber mir fiel kein Grund dafür ein, selbst geerntetes Gemüse während der nächtlichen Sperrstunde durch die Stadt zu tragen.
    Das sind Schmuggler, dachte ich. Ihre Ware stammt von draußen.
    Ich konnte mir nicht vorstellen, wie sie all das an den Wachen vorbeigeschmuggelt hatten, geschweige denn, wie sie durch eins der geschlossenen Tore gekommen sein sollten, aber es musste ihnen irgendwie gelungen sein.
    Wenn sie Waren schmuggeln konnten, warum dann keine Menschen?
    Ich wartete, bis sich die Schmuggler mit ihrem Karren wieder in Bewegung gesetzt hatten, bevor ich den Hauseingang verließ. Die Kreuzung war nur wenige Schritte entfernt. Als ich dort ankam, sah ich nach rechts in eine kleine Gasse hinein. Die Schmuggler verschwanden gerade hinter einer Biegung. Einen Moment zögerte ich, dann folgte ich ihnen, ging immer dem dumpfen Knarren des Karrens hinterher.
    Vier Biegungen lang blieb ich hinter ihnen, und wenn sie sich umdrehten, schlüpfte ich in Hauseingänge oder verharrte in einem Schatten. Die Frau war misstrauisch. Immer wieder sah sie zurück, ging einmal sogar einige Schritte auf mich zu, bevor sie den Kopf schüttelte, als wäre sie mit sich selbst unzufrieden, dann kehrte sie zu den anderen zurück.
    An der nächsten Kreuzung verlor ich die Schmuggler.
    Einen Moment lang hörte ich sie noch, im nächsten herrschte Stille. Ich ging langsam auf die Kreuzung zu, aus Angst, ihnen plötzlich gegenüberzustehen, aber die Sorge war unbegründet, das erkannte ich, als ich die Kreuzung überblicken konnte. Die Gasse, durch die sie gegangen waren, schlängelte sich weiter an ärmlichen, heruntergekommenen Hütten entlang, eine zweite durchschnitt sie, aber auch auf ihr war niemand zu sehen.
    Verwirrt drehte ich mich um, blickte dann zu Boden in der Hoffnung, wenigstens die Karrenspuren im Schmutz zu finden. Doch da war nichts, keine eingegrabene Rille, keine Fußspur.
    Mein Blick fiel auf etwas Kleines, das in der Mitte der Kreuzung lag. Als ich näher herankam, erkannte ich, dass dort eine Gurke lag, umgeben von einem Ring aus Zwiebeln.
    Ein Geschenk, dachte ich. Ein Geschenk, um mich zu verhöhnen.
    Die ganze Zeit über mussten sie gewusst haben, dass ich ihnen folgte. Das Misstrauen der Frau, die Ahnungslosigkeit ihrer Begleiter – nichts als Schauspielerei.
    Am liebsten hätte ich die Zwiebeln in die nächste Abflussrinne getreten, doch stattdessen bückte ich mich und hob sie und die Gurke auf. Ich wollte mir die Enttäuschung und den Ärger, den ich fühlte, nicht anmerken lassen, denn wer konnte schon sagen, wer hinter den dunklen Fensterlöchern der Hütten hockte und mich beobachtete.
    Ich prägte mir die Kreuzung ein, versuchte auch den Weg zu behalten, den ich genommen hatte, dann suchte ich erneut die Domspitze über den Häusern und machte mich auf den Weg zum Kloster.
    Die elfte Stunde war bereits angebrochen, als ich die Mauern am Ende der Straße auftauchen sah. Keine einzige Patrouille war mir begegnet, nur einmal hatte ich Männer in der Ferne rufen gehört. Es würde nicht schwer sein, auf das Klostergelände zu gelangen, so wie es auch nicht schwer gewesen war, sich vom Klostergelände zu stehlen, denn die Mauer war an einigen Stellen brüchig und leicht eingefallen oder von Ranken überwuchert, die einem Halt beim Klettern gaben.
    Ich dachte an die Nonnen, die in ihren Zellen schliefen, fragte mich, was sie wohl gedacht hatten, als man ihnen mitgeteilt hatte, dass ich verschwunden war. Bestimmt würden mich nicht viele vermissen, ebenso wenig wie ich sie. Die meisten hatten den ganzen Tag über wahrscheinlich getratscht, taten es vielleicht immer noch, heimlich und hinter zugezogenen Vorhängen, die Hände auf die Laken gelegt. Dieses Leben erschien mir bereits fremd und seltsam, obwohl es erst wenige Stunden hinter mir lag.
    Als ich mich dem Ende der Gasse näherte, hörte ich Stimmen. Sie kamen von links, von dort, wo sich die Hauptpforte des Klosters befand. Ich ging bis zu einer Hausecke und warf einen Blick in die Straße. Was ich sah, ließ mich erschrocken zurückweichen.
    Soldaten.
    Nicht nur drei oder vier wie bei einer Patrouille, sondern ein ganzes Dutzend.
    Sie standen vor der

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