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Die Nonne und die Hure

Die Nonne und die Hure

Titel: Die Nonne und die Hure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christa S. Lotz
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Rat der Zehn kein Unbekannter sein.«
    »Und was hat es mit diesen Nonnen und Kurtisanen auf sich?«, wollte Christoph wissen.
    »Eigentlich sind es keine Huren, so, wie wir sie kennen«, antwortete Hans. »Töchter aus bürgerlichen Häusern, für die ihre Eltern keine ausreichende Mitgift haben, werden häufig in eines der fünfzig Klöster von Venedig gesteckt. Sie haben also den Schleier nicht freiwillig genommen. Dort herrschen sie über beträchtliche Pfründe und können sich deshalb einiges herausnehmen. Da geht es in den Nächten manchmal hoch her.«
    »Es gibt also hurerische Nonnen und Kurtisanen, wobei die Kurtisanen großes Ansehen bei der Bevölkerung genießen?«
    »Nicht bei allen. Der Klerus und der Rat der Zehn bekämpfen sie, wo sie können. Im letzten Jahr erschienen gedruckte Kataloge für die Besucher der Stadt, in denen die Adressen und die besonderen Reize der Lust-Damen aufgezählt wurden. Ein Reisender hat sich gewundert, sie in solcher Zahl anzutreffen. Er erwähnt etwa hundertfünfzig, die an Möbeln und Kleidern den Aufwand einer Prinzessin treiben.«
    »Woher haben sie denn die Mittel dafür?«, fragte Christoph.
    »Die Nonnen aus den Klöstern haben sie meist vonihren Verwandten, andere von ihren Mäzenen, seien es Maler, Verleger, verheiratete Bürger oder Männer der Kirche.«
    »Männer der Kirche?«, fragte Christoph überrascht.
    »Ja, da magst du dich wundern, aber noch nie in meinem Leben habe ich eine solche doppelte Moral erlebt wie hier. Auch die beliebte Maskerade während des Winters und des Karnevals ist schon öfter verboten worden.«
    »Warum verboten?«
    »Weil die Menschen da ihre wahren Gefühle zeigen. Der Karneval ist nichts anderes als ein Anstinken gegen die Obrigkeit – nach mir die Sintflut, denkt jeder, der sich in das Getümmel stürzt.«
    Christoph war hellwach geworden. Sein Kummer lag in diesem Moment weit hinter ihm. »Erzähl mir ein wenig mehr davon«, bat er den neuen Freund.
    »Vor einigen Jahren erließ der Rat ein Verbot für das Tragen falscher Bärte, künstlicher Haare, von Masken und überhaupt von jeder Form der Verkleidung. In diesem Jahr hat er es wiederholt, und ich bin gespannt, wie die Bevölkerung darauf reagieren wird.«
    »Aber was ist der Sinn dieser Verbote? Ist der venezianische Karneval zu gewalttätig oder zu ausschweifend?«, fragte Christoph.
    »Sicher nicht. Aber der Karneval mit seiner Vermummung und Enthemmung wird von den Mächtigen als Bedrohung empfunden, so dass sie ordnend und kontrollierend eingreifen wollen.«
    »Schon wieder Ordnung und Kontrolle. Also ist es gar nicht so sehr anders als bei den Deutschen?«
    Hans riss den Mund auf und lachte. »Du sagst es!«
    Christoph lachte ebenfalls, dann unterdrückte er ein Gähnen. Der Wirt gab ihnen für einen Aufpreis eine Fackel mit, so dass sie den Weg durch die düsteren Winkel und über die Kanäle fanden. Spätheimkehrer in ihren Gondelnsangen und lachten, und manchmal waren hohe, spitze Schreie von Frauen zu hören. Christoph fühlte sich abgestoßen und zugleich angezogen von dieser Stadt.
    Buchmacher und Verleger gab es in Venedig wie Sand am Meer. Doch Christoph hatte eine Mission zu erfüllen und sollte sich mit einem bestimmten Mann in Verbindung setzen, mit Brinello. Konnte er Hans in seine Pläne einweihen, ohne diese Mission zu gefährden? Er schlug dem Freund vor, nach einer Stelle als Buchdruckerlehrling Ausschau zu halten. Nach einer Woche wollte Christoph schon aufgeben, doch Hans ermutigte ihn, es mit den beiden letzten Adressen zu versuchen. Der Verleger, den Christoph besuchen wollte, hieß Ernesto Brinello. Der Verlag war in einem Haus mit Hinterhof untergebracht; durch einen Torbogen konnte Christoph das Wasser eines Kanals erkennen. Er betätigte den Türklopfer, der einem Löwenkopf nachgebildet war. Ein rothaariger Junge öffnete ihm, wahrscheinlich ein Lehrling. Es roch nach Druckerschwärze. Der Meister und seine Gesellen standen oder saßen im Raum, der durch ein großes Fenster erhellt wurde. Jeder war mit einer anderen Arbeit beschäftigt. Der Meister war etwa vierzig Jahre alt, mit leicht ergrautem, glattem Haar, einem pockennarbigen Gesicht und kräftiger Gestalt. Er hatte Augen von einer undefinierbaren graugrünen Farbe, die im Gegensatz zu seiner imposanten Figur verletzlich wirkten.
    »Was führt Euch zu mir?«, fragte er Christoph mit einer angenehm tiefen Stimme.
    »Ich suche eine Stellung«, antwortete Christoph.
    »Ernesto Brinello ist

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