Die Normannen
die im 6. Jahrhundert mit Frauen, Kindern, Sklaven undVieh nach Italien zogen und deren Zahl auf 100.000 bis 150.000 geschätzt wird.
Die ersten normannischen Ritter unterstützten, vermutlich auch auf Wunsch Papst Benedikts VIII. (1012–24), den von Meles von Bari angeführten Aufstand gegen die byzantinische Herrschaft. Sie wurden jedoch im Jahr 1018 in der Nähe des antiken Cannae (heute Canne della Battaglia) im nördlichen Apulien, wo Hannibal einst die Römer geschlagen hatte, von byzantinischen Truppen besiegt. Meles suchte Zuflucht bei Kaiser Heinrich II. (1002–24) in Bamberg, von dem er sich Hilfe gegen die Byzantiner erhoffte. Die etwa 80 normannischen Ritter, die in der Schlacht mit dem Leben davongekommen waren, begaben sich in den Dienst verschiedener Herren: der langobardisch-süditalienischen Fürsten, des Abts von Montecassino und des byzantinischen Kaisers.
Auch Papst Benedikt VIII. reiste 1020 nach Bamberg, um Heinrich II. zu einem Eingreifen in Apulien zu veranlassen. Kaiser Otto I. hatte 972 die byzantinische Herrschaft über Apulien und Kalabrien anerkannt, um die Heirat seines Sohns Otto II. mit der byzantinischen Prinzessin Theophanu zu erreichen. Seine Nachfolger auf dem römischen Kaiserthron bestanden aber auf ihrem Recht, über ganz Italien zu herrschen. In der Praxis war dies allerdings nur schwer durchzusetzen, wie Heinrich II. erfuhr, als er 1022 der Aufforderung des Papstes nachkam. Es gelang ihm zwar, in Capua, Benevent und Salerno die langobardischen Fürsten zur Anerkennung seiner Hoheit zu bewegen; der Versuch, mit seinem Heer die wenige Jahre zuvor vom byzantinischen Statthalter Basilios Boioannes zur Verteidigung der nördlichen Grenze Apuliens gegründete Stadt Troia zu erobern, scheiterte hingegen.
In den folgenden Jahren dauerten die seit langem bestehenden Konflikte zwischen den süditalienischen Fürsten an, so dass immer wieder normannische Söldner gebraucht wurden. Um die Nordgrenze seines Herrschaftsbereichs gegen Fürst Pandulf IV. von Capua zu sichern, baute Herzog Sergius IV. von Neapel um 1030 die bis dahin unbedeutende kleine Siedlung Aversa, 15 km nördlich von Neapel, zu einer befestigten Stadtaus und vertraute sie normannischen Rittern an. Ihrem Anführer, einem gewissen Rainulf, gab Sergius seine verwitwete Schwester zur Frau, um sich durch das Band der Verwandtschaft dessen Treue zu sichern. Als die Frau starb (um 1034), fühlte sich der Normanne nicht mehr an den Herzog von Neapel gebunden und wechselte die Front. Nun trat er in den Dienst Fürst Pandulfs von Capua und heiratete dessen Nichte.
Bald bot sich dem Normannenführer eine neue Gelegenheit, seine Stellung zu verbessern. Im Jahr 1038 griff Kaiser Konrad II. (1024–39) auf Drängen der Mönche von Montecassino in Süditalien ein und setzte Pandulf ab. Das Fürstentum Capua verlieh der Kaiser an Fürst Waimar IV. von Salerno (gest. 1052), und auf dessen Wunsch ernannte er Rainulf zum Grafen von Aversa – für den Normannen eine erhebliche soziale Aufwertung.
Als der byzantinische Kaiser im Spätsommer 1038 einen Versuch zur Rückeroberung des unter arabischer Herrschaft stehenden Sizilien unternahm und Waimar IV. um Unterstützung bat, schickte dieser ihm 300 Ritter, darunter auch die Brüder Wilhelm und Drogo von Hauteville, die ältesten von zwölf Söhnen Tankreds, eines kleinen Adligen aus der niederen Normandie. Die Normannen kämpften in einem Kontingent, das von einem Norditaliener namens Arduin angeführt wurde. Als das anfangs erfolgreiche Unternehmen scheiterte, kehrten sie nach Süditalien zurück.
Arduin wurde Ende 1040 zum byzantinischen Kommandanten der wenige Jahrzehnte zuvor an der Grenze zwischen Apulien und der Basilicata gegründeten Stadt Melfiernannt. Doch anstatt die Revolte der über die hohen Steuern klagenden Apulier niederzuschlagen, machte Arduin sich im März 1041 selbständig: Mit Hilfe der Hauteville-Brüder und anderer Normannen eroberte er einige benachbarte Städte wie z.B. Venosa. Nach Angabe des aus der Normandie nach Italien emigrierten Mönchs Gottfried Malaterra, der Ende des 11. Jahrhunderts eine Chronik verfasste, ließen sich damals 500 normannische Ritter in Melfi nieder. So wurde diese Stadt neben Aversa zum zweiten wichtigen Stützpunkt der Normannen in Süditalien.
Die Eroberung Süditaliens Bis dahin waren die normannischen Einwanderer im Dienst fremder Herren tätig gewesen; nun begannen sie sich selbständig zu organisieren. Die
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