Die Normannen
in Melfi ansässig gewordenen Normannen wählten im September 1042 Wilhelm von Hauteville (genannt Eisenarm) zu ihrem Anführer (Grafen). Dieser heiratete einige Monate später eine Nichte Waimars IV. von Salerno, der sich mittlerweile als «Herzog von Apulien» bezeichnen ließ und die Expansion der Normannen, die auch seinen eigenen Herrschaftsbereich erweiterte, unterstützte. Dadurch rief er allerdings den Unmut des deutschen Königs Heinrich III. (1039–56) hervor, der 1046 nach Rom zog, um sich zum Kaiser krönen zu lassen. Anfang 1047 machte Heinrich III. einen kurzen Abstecher in den Süden. Hier entzog er Waimar seine Herrschaftsansprüche auf Apulien und Aversa, so dass dieser sich in Zukunft mit dem Fürstentum Salerno begnügen musste; das Fürstentum Capua wurde an Pandulf IV. zurückgegeben. Außerdem bestätigte der Kaiser Drogo von Hauteville, der inzwischen die Nachfolge seines verstorbenen Bruders Wilhelm angetreten hatte, als Graf von Apulien sowie Rainulf II. als Graf von Aversa. Damit hatten die Normannen eine weitere Legitimation ihrer Stellung erreicht. Drogo heiratete bald darauf eine Tochter Waimars IV. und besiegelte so seinen Aufstieg.
Während Waimars Macht in den nächsten Jahren abnahm, wurden die Normannen immer stärker und selbstbewusster. Zu den ersten Exilanten gesellten sich zunehmend normannische Adlige, die von den Erfolgen ihrer Landsleute gehört hatten. So folgten ihren älteren Brüdern sechs weitere Mitglieder der Familie Hauteville, unter denen sich Robert Guiscard (der Listige) besonders hervortat. Sein Bruder Drogo schickte ihn nach Kalabrien, wo sich Robert zunächst als eine Art Räuberhauptmann mit einer Bande von 60 Gefährten teils slawischer Herkunft durchschlug. Um 1050 gelang es ihm, das Vertrauen seines Landsmanns Gerard zu gewinnen, der sich bei Buonalbergo in der Umgebung von Benevent niedergelassen hatte. Dieser gab Robert seine junge Tante Alberada zur Frau und stellte ihm 200 Ritter zur Verfügung. Damit begann die fulminante Karrieredes Robert Guiscard, der bald zum mächtigsten Mann in Süditalien aufstieg und es am Ende seines Lebens sogar wagte, das byzantinische Kaiserreich anzugreifen.
Die Söhne Tankreds von Hauteville
aus 1. Ehe mit Muriella:
– Wilhelm Eisenarm, Graf von Apulien, gest. 1046
– Drogo, Graf von Apulien, gest. 1051
– Humfred, Graf von Apulien, gest. 1057
– Gottfried, Graf von Capitanata, gest. 1063
– Serlo (erbt väterliches Gut in der Normandie)
aus 2. Ehe mit Fresendis:
– Robert Guiscard, Graf von Apulien, Herzog von Apulien, Kalabrien und Sizilien, gest. 1085
– Malgerius, Graf von Capitanata, gest. vor 1059
– Wilhelm, Graf von Principato, gest. um 1080
– Alfred (nicht in Italien erwähnt)
– Hubert (nicht in Italien erwähnt)
– Tankred (nicht in Italien erwähnt)
– Roger I., Graf von Sizilien, gest. 1101
Der Erfolg der Normannen kollidierte jedoch zunächst mit den Ansprüchen des Papsttums auf Süditalien. Papst Leo IX. (1049–54), mit dem die Reihe der sogenannten Reformpäpste beginnt, wollte Papsttum und Kirche wieder zu neuem Glanz bringen und war entschlossen, die normannischen Eindringlinge, die sich an Kirchengut vergriffen, mit Hilfe des römisch-deutschen und des byzantinischen Kaisers aus Italien zu vertreiben. Auf seinem Programm stand auch, Süditalien und Sizilien wieder der kirchlichen Jurisdiktion Roms zu unterstellen. Mit der Tatsache, dass seit dem Ende des 8. Jahrhunderts die griechisch geprägten Gebiete Süditaliens nicht mehr dem Papst, sondern dem Patriarchen von Konstantinopel unterstanden, wollte er sich nicht abfinden. Es ist bezeichnend für die großen Pläne Leos IX., dass er 1050 einen seiner engsten Mitarbeiter, Kardinal Humbert von Silva Candida, zum Erzbischof von Sizilien ernannte, obwohl die Insel noch in der Hand der Muslime war.
Im Frühjahr 1053 zog Leo IX. mit 300 von ihm in Deutschland angeworbenen Rittern und einem Kontingent süditalienischer Soldaten, das vom Herzog von Gaeta angeführt wurde, nach Apulien, um sich dort mit apulisch-byzantinischen Truppen zu vereinen. Die Normannen hielten das päpstliche Heer jedoch bereits an der Nordgrenze Apuliens bei Civitate (nördlich von Foggia) auf. Sie boten dem Papst an, seine Hoheit anzuerkennen und seine Gefolgsleute zu werden, wenn er auf den Kampf verzichte. Dieser lehnte ab, so dass es am 18. Juni 1053 zur Schlacht kam, die mit einem vollständigen Sieg der Normannen endete.
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