Die Normannen
Königs als auch dessen nordafrikanische Eroberungen dem Einfluss Georgs zuzuschreiben. Die Forschungen von Jeremy Johns haben gezeigt, dass die arabische Finanzverwaltung am Hof in Palermo ebenfalls sein Werk war und erst nach 1130 nach fatimidischem Vorbild eingerichtet wurde.
Normannen sind in der Umgebung Rogers II. nur zu Beginn seiner Herrschaft bezeugt (so z.B. 1126 Roger Avenel, der zur Entourage Rogers I. und vor allem Adelheids gehört hatte). Ob der König sich als Normanne fühlte, ist zweifelhaft. Zwar wusste er sicher, dass er der Sohn eines Normannen war, doch an seinen Vater erinnerte er sich wohl kaum, da er bei dessen Tod erst fünf Jahre alt gewesen war. Seine Erziehung hatte seine aus Norditalien gebürtige Mutter, die bereits im Alter von 16 Jahren nach Süditalien gekommen war, dem erwähnten Christodulos anvertraut. Neben Georg von Antiochia, der sowohl im griechisch-byzantinischen als auch im arabischen Kulturbereich zu Hause war, stand dem König der an seinem Hof lebende arabische Naturwissenschaftler al-Idrīsi besonders nahe. Daneben kamen auch einige Vertraute Rogers II. aus dem westlichen Kulturkreis: der vermutlich vom süditalienisehenFestland stammende Kanzler Guarinus (gest. 1137), dessen englischer Nachfolger Robert von Selby (gest. 1152) sowie der ebenfalls aus England gebürtige Thomas Brown. Letzterer kehrte nach Rogers Tod in seine Heimat zurück, wo er in den Dienst König Heinrichs II. trat.
Europäische Einbindung Zunächst schien der Bestand des von Roger II. gegründeten Königshauses gesichert: Seine Frau Elvira, Tochter König Alfons’ VI. von Kastilien-León, hatte seit 1118 mehrere Söhne zur Welt gebracht. Als nach dem Tod des als Nachfolger vorgesehenen Erstgeborenen Roger (gest. 1149) und zweier seiner Brüder nur noch Wilhelm übrig blieb (s. Tafel S. 107), war die dynastische Kontinuität in Gefahr. Daher heiratete der König, der nach dem Tod Elviras (1135) keine Anstalten gemacht hatte, eine neue Ehe einzugehen, nun Sibylle von Burgund; diese starb jedoch bereits 1150 an den Folgen einer Fehlgeburt. Daraufhin vermählte Roger II. sich mit Beatrix aus dem niederlothringischen Grafenhaus von Rethel, die erst nach seinem Tod eine Tochter gebar (1154), die Konstanze genannt wurde.
Wilhelm I., der um 1150 Margarete, eine Tochter des Königs Garcia IV. Ramírez von Navarra geheiratet hatte, wurde von seinem Vater Ostern 1151 zum Mitherrscher gekrönt. Dass Roger II. diesen Akt ohne Konsultation des Papstes vornahm, verschlechterte seine bereits seit längerem angespannten Beziehungen zur römischen Kurie. Nicht besser war das Verhältnis zu Byzanz: Rogers Soldaten plünderten nicht nur 1147 Theben und Korinth, sondern drangen 1149 auch in den Hafen von Konstantinopel ein. Es verwundert also nicht, dass Kaiser Manuel I. Komnenos (1143–80) und der Staufer Konrad III. (1137–52) beabsichtigten, Roger gemeinsam anzugreifen. Beide erkannten ihn nicht als König an: In ihren Augen war er nichts weiter als ein Eindringling in das römische Imperium (
invasor imperii
). Obwohl der Plan eines byzantinisch-deutschen Angriffs aus verschiedenen Gründen nicht verwirklicht wurde, war beim Tod Rogers II. die Existenz des Königreichs Sizilien alles andere als gesichert.
Seinem Nachfolger Wilhelm I. (1154–66) gelang es trotz anfänglicher Schwierigkeiten, die meisten Probleme, die ihm sein Vater hinterlassen hatte, zu lösen. Das Verhältnis zum päpstlichen Lehnsherrn konnte er 1156 durch das sogenannte Konkordat von Benevent auf eine sichere Grundlage stellen: Der Papst erkannte sowohl den territorialen Umfang des Königreichs als auch den Einfluss des Herrschers auf die Landeskirche an. Weitere Sicherheit brachten Verträge mit Venedig, Genua und Byzanz. Mehrere Aufstände des Adels und der Städte in Süditalien schlug Wilhelm I. blutig nieder. Nicht verhindern konnte der König allerdings, dass die nordafrikanischen Küstenstädte in die Hände der von Marokko vordringenden Almohaden fielen.
Dass sich das von Roger geschaffene Königreich konsolidiert hatte, zeigte sich nach dem plötzlichen Tod Wilhelms I. 1166 im Alter von 45 Jahren. Für den zwölfjährigen Nachfolger Wilhelm II. übte dessen Mutter Margarete die Regentschaft aus, bis dieser 1171 volljährig wurde. Der befürchtete Angriff Friedrich Barbarossas auf das Königreich blieb aus, da der Staufer durch den Krieg gegen die lombardischen Städte und Papst Alexander III. gebunden war.
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