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Die Normannen

Die Normannen

Titel: Die Normannen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.H.Beck
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lateinische Bistumsorganisation des Königreichs Sizilien (145 Bistümer im Vergleich zu 45 im deutschen Reich und insgesamt 25 in England, Wales und der Normandie) sicherte der Kirche einen großen Einfluss.
    Roger II. versuchte in der Gesetzgebung die kulturelle Vielfalt seines Reichs zu berücksichtigen. Zu Beginn seines Gesetzescorpus wird betont, dass mit Rücksicht auf die «Verschiedenheit der Bevölkerungsgruppen» (
pro varietate populorum
) die bisherigen Gewohnheitsrechte in Kraft blieben, wenn sie nicht im Widerspruch zu den neuen Gesetzen stünden. Dass dies tatsächliehder Fall war, bestätigt eine Urkunde des Bischofs von Catania aus dem Jahre 1168. Darin heißt es, «Lateiner, Griechen, Juden und Sarazenen» sollten jeweils nach ihrem eigenen Recht gerichtet werden. Dies bedeutete allerdings nicht, dass alle Religionen gleichberechtigt waren: Das Christentum war Staatsreligion, die anderen waren geduldet und mussten Beschränkungen hinnehmen. Auf Konversion vom Christentum zum Judentum oder Islam stand die Todesstrafe.
    In der Repräsentation ihrer Herrschaft benutzten die Könige von Sizilien Symbole aus dem arabischen, byzantinischen und westeuropäischen Bereich. So ließ Roger II. nach dem Modell der ägyptischen Fatimidenkalifen einen Sonnenschirm als Herrschaftszeichen vor sich hertragen; und bei Audienzen legte er einen mit arabischen Bildern und Schriftzeichen geschmückten Mantel an, der später über Heinrich VI. in den Besitz der Staufer gelangte und heute in der Wiener Hofburg aufbewahrt wird. In griechisch-byzantinischer Umgebung ließ Roger sich im Gewand des byzantinischen Kaisers darstellen, so z.B. auf den Mosaiken der von Georg von Antiochia gegründeten Kirche Santa Maria dell’Ammiraglio in Palermo; in der lateinischen Nikolausbasilika in Bari hingegen wird er in einem eher westlichen Herrscherbild gezeigt, das auf das dortige Publikum zugeschnitten war.
    Eine besondere kulturelle Situation herrschte am Königshof in Palermo, an dem sich Elemente arabischer, griechischer und lateinischer Kultur vermischten. Dabei muss man sich darüber im Klaren sein, dass Kulturen ebenso offen und Veränderungen unterworfen sind wie Völker. In der neueren Forschung bevorzugt man daher an Stelle des Begriffs der Multikulturalität, der unterschwellig die Annahme homogener Kulturen suggerieren kann, das Konzept der Transkulturalität, das auf die Übergangsformen abhebt, die durch die Verflechtungen zwischen den Kulturen entstehen (Borgolte). Solche Verflechtungen finden sich z.B. im erwähnten, in der Hofwerkstatt (arab.
tirāz
) in Palermo angefertigten Mantel Rogers II., der zwar ein arabisches Bildprogramm und am Saum eine arabische Inschrift trägt, jedoch insgesamt als westliches Kleidungsstück anzusehen ist.
    Eine hybride Mischung orientalischer und westlicher Elemente bieten auch die sizilianischen Goldmünzen, die Tarì, die auf der einen Seite einen arabisch-muslimischen Herrschertitel, auf der anderen ein christliches Motto tragen. Das Gleiche gilt für die noch heute in Palermo zu bewundernde Palastkapelle, in der zwar arabische und griechische Bild- und Dekorationselemente übernommen wurden, nicht aber deren Inhalte. Die Verknüpfung beschränkte sich auf Äußerlichkeiten, die Substanz blieb westlich. Im Innern des prächtigen Königspalasts (heute
Palazzo dei Normanni
genannt) befand sich auch die nach arabischem Modell strukturierte Finanzbehörde (arab.
dīwān
); hier arbeiteten vorwiegend Araber, meist Eunuchen, die offiziell zum Christentum konvertiert waren, in Wirklichkeit aber Muslime blieben. Dass es dort auch einen Harem gab, wie einige moderne Historiker wohl inspiriert vom ottomanischen Sultanspalast in Istanbul dachten, ist eher unwahrscheinlich.
    Ein faszinierendes Beispiel für die Mehrsprachigkeit in Palermo ist eine Grabtafel aus dem Jahr 1149, die neben einer arabischen, griechischen und lateinischen Inschrift auch eine vierte, in hebräischer Schrift eingravierte enthält. Sie betrifft die Grablegung der Mutter eines ansonsten nicht bezeugten königlichen Klerikers namens Grisandus. Das Todesjahr der Verstorbenen wird in verschiedenen Jahreszahlen angegeben: nach der jüdischen, christlich-lateinischen, christlich-byzantinischen und muslimischen Zeitrechnung. Da in der hebräischen und der arabischen Inschrift von Maria als Mutter des Messias die Rede ist, richtete sich die Tafel an Christen, vielleicht konvertierte Juden und Muslime.
    Ob die sizilianischen

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