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Die Novizin

Die Novizin

Titel: Die Novizin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Falconer
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nicht.
    »Sicard?«
    »Seine Fragen waren schamlos. Sie schienen sogar den Notar anzuwidern.«
    »Was hat er gefragt?«
    »Ich kann das nicht wiederholen.«
    »Sag es mir!«
    »Er wollte wissen, ob der Akt in der von der Kirche erlaubten Stellung vollzogen wurde … Und ob du mich auf unnatürliche Weise liebkost hast – mit dem Mund …«
    Sein Gesicht war purpurrot.
    »Was hast du ihm geantwortet?«
    »Ich habe gesagt, dass wir nichts von alldem getan haben.«
    »Aber das stimmt nicht.«
    »Na schön, dann habe ich eben gelogen. Aber ich tat es für dich. Schließlich bin nicht ich derjenige, den er der Häresie überführen will.«
    Wirklich nicht? Ich konnte mir keinen Grund denken, warum Bernard solche Fragen stellen sollte – es sei denn, unser guter Mönch hatte sich in den Kopf gesetzt, die Rolle des eifersüchtigen Liebhabers zu spielen. Wenn dem so war, befand tatsächlich nicht nur ich mich in Gefahr.
    »Wie geht es meinen Eltern?«
    »Das kann dir doch eigentlich gleichgültig sein.«
    »Es ist mir aber nicht gleichgültig, Sicard.«
    »Obwohl sie dich ins Kloster geschickt haben?«
    »Sie hatten keine andere Wahl.«
    Er empfand nur noch Hass für meine Eltern, das konnte ich in seinem Gesicht lesen. Anselm war einst wie ein Vater für ihn gewesen, und natürlich fühlte sich Sicard nun von ihm betrogen. Und das mit Recht.
    »Werden sie mich besuchen?«, fragte ich ihn.
    »Das hat der Inquisitor verboten.«
    »Würdest du dann bitte zu ihnen gehen und ihnen sagen, dass ich wohlauf bin?«
    Er nickte. Es würde ihm schwer fallen, seinen Stolz zu überwinden. »Ich werde es ihnen ausrichten.«
    Wieder umarmte er mich. Ich verbarg mein Gesicht an seiner Schulter. Kurz darauf erschien einer der Wärter und befahl Sicard, zu verschwinden – es sei denn, er wolle für den Rest seines Lebens in diesem düsteren Kerker bleiben. Er verließ mich, und unvermittelt schoss mir der Gedanke durch den Kopf, dass ich ihn vielleicht niemals wieder sehen würde.
    Doch am meisten fürchtete ich für meine Mutter. Ich war sicher, dass Vater Subillais die Absicht hatte, auch sie anzuklagen. Mein armer Vater! Er war der Kirche stets zugetan gewesen, doch ihre Geistlichen waren offenbar fest entschlossen, uns alle zugrunde zu richten.

SUBILLAIS
    Es hat bereits Fälle gegeben, in denen sich eine ganze Stadt gegen uns stellte, um unsere rechtmäßige Untersuchung zu vereiteln. Die Menschen schließen einen Pakt des Schweigens, durchkreuzen auf diese Weise unsere Nachforschungen und machen sich der Ketzerei schuldig. Die Aufgabe des Inquisitors besteht darin, eine Schwachstelle in dieser Mauer des Schweigens zu finden, einen lockeren Stein, und ihn so lange zu bearbeiten, bis die gesamte Mauer einstürzt. In dieser Hinsicht gleicht der Inquisitor eher dem Wasser als dem Eisen. Nicht Härte und Einschüchterung bringt den Erfolg, sondern unser unerbittliches, unermüdliches Streben nach der Wahrheit.
    Ich hatte den Verdacht, dass sich auch die Einwohner von Saint-Ybars gegen uns verschworen hatten. Ein Priester war auf schreckliche Weise ermordet worden, man hatte nahe dem Teich der Madonna zwei verstümmelte Leichen gefunden, es gab Visionen, Wunder, heidnische Grabmäler … Deutet das etwa auf eine aufrichtige, gottesfürchtige Gemeinde hin, vor allem in Anbetracht der Tatsache, dass Saint-Ybars einmal als Lehen dem berüchtigten Grafen von Foix unterstand?
    Ich bedurfte dringend eines losen Steines. Dank Bruder Donadieu hatte ich ihn schon bald gefunden.
    Sie stand kläglich vor mir, ein unappetitliches Geschöpf mit fleischigen Armen und faulen Zähnen, und ich fragte mich, wie irgendein Mann – und sei es auch ein Priester – den Wunsch verspüren konnte, mit ihr Unzucht zu treiben. Sie hatte eine Knollennase, ihr Gesicht war unförmig und von ungesunder Farbe, und ihren Wangen nach zu urteilen hatte sie früher einmal die Blattern gehabt. Aber sie war ohne Zweifel weiblich, denn ihr Busen wölbte sich außergewöhnlich drall hervor.
    Dennoch wunderte ich mich, dass Vater Guillaume in ihr eine Versuchung gesehen hatte. Mich selbst hätte eher eine Sau mit auf dem Boden schleifenden Zitzen von meinen Gelübden abgelenkt. Andererseits – die Geistlichen in diesen Bergen waren ohnehin verrufen.
    Martha Fauré hatte als Magd für den toten Priester gearbeitet. Es war ihr nicht gelungen, mich davon zu überzeugen, dass sie nichts über seinen gewaltsamen Tod wusste. Daher hatte ich sie in eine Einzelzelle sperren lassen, wo

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