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Die Novizin

Die Novizin

Titel: Die Novizin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Falconer
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entmutigend.
    »Deswegen weiß ich auch, was passiert ist, Vater. Er ließ mich immer in sein Haus kommen, spät in der Nacht. Und dann bestieg er mich, aber nur in der natürlichen Stellung, Vater. Wie die Kirche es vorschreibt.«
    Es tat weh, ihr zuhören zu müssen. Meine Kiefermuskeln verkrampften sich, und ich hatte Mühe, nicht die Beherrschung zu verlieren.
    »Als ich in jener Nacht sein Haus wieder verließ, war der Mond schon hinter den Bergen verschwunden. Ich war kaum aus der Tür, da hörte ich ein Pferd herankommen. Man weiß nie, wer sich nachts draußen herumtreibt, also versteckte ich mich hinter einer Mauer. Wegen der Dunkelheit konnte ich zuerst nicht viel sehen, nur, dass das Pferd weiß war und sehr groß. Ich nahm an, dass es sich um ein Schlachtross handelte und einem Seigneur oder einem Ritter gehörte. Der Fremde hielt direkt vor dem Haus meines Guillaume an, und ich fragte mich, was er zu dieser Zeit dort zu schaffen hatte. Dann hörte ich, wie er von seinem Pferd sprang, leise an die Tür klopfte und Guillaumes Namen flüsterte.«
    »Fahrt fort.«
    »Als sich die Tür öffnete, sah ich sein Gesicht.«
    »Wie das? Ihr sagtet, dass der Mond bereits untergegangen war.«
    »Im Haus brannte noch das Feuer, außerdem hielt Guillaume eine Kerze in der Hand, als er die Tür öffnete. Ich konnte den Fremden ganz klar erkennen – zwar nur für einen Augenblick, aber das genügte.«
    »Und was geschah dann?«
    »Sie traten ein. Ich wartete hinter der Mauer. Nach einer Weile hörte ich laute Stimmen und Geschrei. Dann flog die Tür auf, und Guillaume lief zur Kirche hinüber. Ich weiß nicht warum, Vater. Vielleicht hoffte er, dort Zuflucht zu finden.«
    »Und dann?«
    »Ich sah, wie der Fremde ihn in die Kirche hinein verfolgte. Danach hörte ich noch mehr Geschrei und einige Zeit später dann den Hufschlag des Pferdes, das davongaloppierte.«
    »Was habt Ihr daraufhin getan?«
    »Ich ging in die Kirche, um nachzusehen, was passiert war. An der Kerze, die im Tabernakel brannte, entzündete ich noch weitere Kerzen und rief währenddessen die ganze Zeit nach Guillaume. Aber im Grunde ahnte ich schon, was geschehen war und warum er mir keine Antwort gab. Überall war Blut, sogar auf dem Altartuch.«
    »Er war bereits tot?«
    »Auf grauenhafte Weise niedergestreckt, Vater. Kurz darauf sah ich ihn im Kerzenschein dort liegen.«
    »Ihr seid davongelaufen?«
    »Es gab nichts, was ich hätte tun können.«
    »Aber Ihr habt den Mann erkannt, der ihn ermordete?«
    Sie zögerte.
    »Sagt mir seinen Namen«, forderte ich.
    »Es war ein Templer, Vater. Der Bruder unserer Herrin Eleonore.«
    Ein langes, verblüfftes Schweigen folgte.
    Ich blickte zu Bruder Donadieu. Ich wusste, dass er dasselbe dachte wie ich: Was für eine absurde Geschichte. Sie konnte unmöglich wahr sein. Martha Fauré hatte den einzigen Mann beschuldigt, gegen den wir nichts zu unternehmen vermochten. Warum sollte ein Tempelritter, der geschworen hatte, das Christentum gegen die Heiden zu verteidigen, einen Dorfpriester töten? Und davon einmal abgesehen – wer würde der Mätresse eines Priesters Glauben schenken, wenn ihr Wort gegen dasjenige eines Templerkomturs stand?
    »Habt Ihr irgendjemandem sonst davon erzählt?«
    »Nein, Vater. Warum hätte ich das tun sollen? Was würde es mir einbringen, außer einer Menge Schwierigkeiten mit diesen Teufelsanbetern?«
    Teufelsanbeter – so sprach sie vom hochehrwürdigen Orden der Tempelritter. Sie lebten nach Ordensregeln außerhalb der üblichen Ordensregeln, nach Gesetzen außerhalb der allgemein gültigen Gesetze. Ich besaß die Macht, den Seigneur persönlich in den Kerker zu werfen, falls er meine Arbeit als Inquisitor behinderte. Doch einem Templer konnte ich nichts anhaben, denn er hatte sich ausschließlich dem Pontifex Maximus gegenüber zu verantworten.
    Und dennoch …
    Zweifellos kennt Ihr die Gerüchte über die abscheulichen Rituale, die sie in ihren Komtureien praktizieren, über den obszönen Kuss, den sie sich bei ihren heimlichen Riten geben und über die Götzen, die sie anbeten. Angeblich sind viele von ihnen Hexenmeister und Geisterbeschwörer, Nekromanten und Alchemisten und betreiben die schwarzen Künste, die sie im Heiligen Land von den Sarazenen und Juden erlernt haben.
    Eines Tages werden sie dafür gerade stehen müssen, und ich hoffe inständig, dass ich diesen Tag erlebe.
    »Warum sollte ein Templer einen Priester umbringen?«, fragte ich Martha dennoch.
    »Ich sage

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