Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Novizin

Die Novizin

Titel: Die Novizin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Falconer
Vom Netzwerk:
sicher sein konnte. Die Inquisitoren waren nicht dafür bekannt, Rücksicht auf Rang oder Reichtum zu nehmen. Warum sollten sie auch? Ich hatte gehört, dass ein Teil des beschlagnahmten Besitzes der Ketzer dem Dominikanerorden zufiel, als Ausgleich für die Kosten, die durch eine Inquisition entstanden. Eine kleine Entschädigung für die erzwungene Verlängerung seines Aufenthalts in Saint-Ybars würde auch Vater Subillais sicherlich nicht ungelegen kommen.
    »Wenn Ihr mich nicht abgewiesen hättet, wäre all dies nicht geschehen.«
    Ich sah Maurand direkt in die Augen. Was meinte er damit?
    »Ihr könntet in einem warmen Bett liegen, auf Leinenlaken und mit einem Kissen unter dem Kopf. Wäre das nicht besser als dieser Kerker hier?«
    »Das könnte ich Euch auch fragen.«
    »Ich wäre nicht hier, wenn Ihr uns nicht in diese Lage gebracht hättet.«
    Ihr wundert Euch bestimmt, warum es so lange dauerte, bis ich begriff, aber ich hatte zuvor tatsächlich nicht den leisesten Verdacht gehegt. »Ihr wart es also«, flüsterte ich schließlich.
    »Niemand erregt ungestraft meinen Ärger!«
    »Wie habt Ihr das bewerkstelligt?«
    Statt einer Antwort lächelte er nur. Er hatte natürlich nicht die Absicht, mir von seinen Machenschaften zu erzählen.
    Er wandte sich von mir ab und setzte sich in eine Ecke, wobei er sorgfältig darauf achtete, ein wenig Stroh unter seine Hinterbacken zu schieben, damit weder seine Beinkleider noch sein Obergewand aus feinem Leinen weiteren Schaden nahmen. Sein Hermelinmantel und seine Samtkappe würden ihn auch im murus largus warm halten.
    Doch es war außergewöhnlich genug, dass er sich überhaupt im Kerker befand. Wenn sogar Maurand verhaftet werden konnte, war niemand mehr sicher.
     
    *
     
    In jener Nacht wachte ich plötzlich auf, weil ich das Gewicht eines anderen Körpers auf mir spürte. Jemand presste seine Hand auf meinen Mund und flüsterte: »Heute Nacht wirst du mein Weib.«
    Natürlich wusste ich sofort, wem diese Stimme gehörte.
    Es wäre einfacher gewesen, sich ihm zu ergeben. Schließlich hätte ich so laut nach den Wachen schreien können, wie ich wollte, denen war es gleichgültig, was mit mir geschah. Vielleicht wären sie gekommen – aber nur, um zuzusehen.
    Doch ich gab nicht nach. Ich wehrte mich und biss in die fleischige Hand, die mir den Mund zuhielt. Maurand schrie vor Schmerz und Überraschung laut auf und versetzte mir zur Vergeltung einen heftigen Schlag gegen die Schläfe.
    Ich war für einen Moment wie betäubt. Meinen Kampfgeist hätte auf Dauer allerdings nur eine tödliche Wunde schmälern können. Also biss und schlug ich um mich und strampelte wie wild, um ihn von mir hinunterzubringen.
    Doch er war so kräftig, dass ich ihn mir nicht allein vom Leib hätte halten können. Zum Glück sah ich auf einmal einen Schatten über uns. Kurz darauf drosch jemand mit bloßen Fäusten auf Maurands Rücken ein. Zuerst dachte ich, es sei einer der Wärter.
    Wenige Augenblicke später war der Kampf vorüber. Meine Schreie und das Kreischen meiner Retterin hatten nun doch die Wachen herbeieilen lassen. Sie traten die Tür auf und stürzten mit gezogenen Schwertern herein. Im Schein ihrer Fackeln konnte ich für einen Moment Agnes erkennen. Maurand lag unter ihr, das Gesicht nur noch eine blutige Maske.
    Die beiden Wachposten traten mit ihren schweren Lederstiefeln nach Agnes und prügelten sowohl sie als auch Maurand mit den Heften ihrer Schwerter. Sie lachten dabei. Es kümmerte sich nicht, was vorgefallen war, sie betrachteten die Angelegenheit offenbar als großen Spaß und Abwechslung von ihrem langweiligen Alltag.
    Maurand kreischte am lautesten, also befassten sie sich vornehmlich mit ihm. Erst nachdem er zu Boden gesunken war und sich nicht mehr rührte, betrachteten sie Agnes. Sie starrte mit vor Wut funkelnden Augen zurück und kauerte in der Ecke wie ein in die Enge getriebenes Raubtier. Vielleicht jagte sie selbst diesen rohen Männern Angst ein, denn sie zuckten nur mit den Schultern und verließen feixend die Zelle.
    Lange Zeit später drang aus der Dunkelheit Agnes’ banges Gemurmel an mein Ohr. Ich ging zu ihr, weil ich ihr danken und sie trösten wollte, aber sie schrie auf und schlug und trat um sich. Sie traf mich entweder mit der Faust oder dem Fuß am Kopf, sodass ich benommen zu Boden stürzte.
    Ich kroch davon, rollte mich an der Wand zusammen und wartete auf den Morgen. Ich betete zur Heiligen Jungfrau, doch sie weigerte sich, zu mir zu

Weitere Kostenlose Bücher