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Die Novizin

Die Novizin

Titel: Die Novizin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Falconer
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Stirnrunzeln. »Ja, gewiss.«
    »Ihr habt also auch einem häretischen Priester Eure Ehrerbietung erwiesen?«
    »Was? Nein.«
    »Ihr habt es gerade zugegeben.«
    »Nun … ja, aber … ohne es zu wissen.«
    Als Diener Gottes vermochte ich tiefes Mitleid für einen Mann in seiner Lage zu empfinden. Doch ich hatte der Kirche und unserem Erlöser gegenüber eine Pflicht zu erfüllen. »Er kam in das Haus Eures Vaters. Euer Vater befahl Euch, Euch vor allen Besuchern zu verbeugen. Folglich müsst Ihr Euch auch vor einem Parfait verneigt haben.«
    Maurand begann, irgendeine Ausrede hervorzubringen, doch ich hörte ihm gar nicht zu. Der Sachverhalt war klar. Der arme Mann – die Sünden seines Vaters hatten ihn so weit gebracht. Zum Wohle seiner unsterblichen Seele musste er nun Buße tun und geläutert werden.
    »Ihr habt das Geschäft Eures Vaters geerbt.«
    In seinem Blick lag jetzt panische Angst, wie bei einem Pferd, das das Feuer riecht. Viel zu spät erkannte er, in welche Richtung das Verhör ihn führte. »Jetzt erinnere ich mich wieder daran – mein Vater hat sein ganzes Leben lang das gelbe Kreuz getragen.«
    »Ein Mann trägt das gelbe Kreuz, das ihn als Ketzer ausweist, und wird dennoch ein erfolgreicher und wohlhabender Kaufmann? Wie kann das sein?«
    »Nein, nein, er war nicht erfolgreich! Keineswegs. Er hinterließ mir so gut wie nichts. Alles, was ich besitze, verdanke ich meinen eigenen Anstrengungen.«
    Es ist traurig, wie sehr ein Mann an seinem materiellen Reichtum hängen kann. Dabei sollten die Menschen in erster Linie ihren Geist und ihre Seele nähren und pflegen, dies hat uns zumindest der Herr gelehrt. »Um Eurer unsterblichen Seele willen müsst Ihr Eure Sünden gestehen und ihnen abschwören.«
    »Ich bin ein guter Christ. Ich habe der Kirche viel Geld gespendet, darunter auch Eurem eigenen Orden.«
    »Dies wird Euch im Himmel zur Ehre gereichen.«
    »Das sollte mir aber hier auf Erden zur Ehre gereichen!«, schrie er. Sein Zorn ließ ihn nicht nur in meiner Achtung sinken, sondern schadete auch seinem Ansehen bei Bruder Donadieu und Père Michel, der als zweiter Zeuge anwesend war.
    »Offenbar benötigt Ihr Zeit zum Nachdenken«, sagte ich und nickte den Wachen zu.
    Maurand wurde abgeführt. Er schrie und lamentierte die ganze Zeit.
    Ich setzte Pons davon in Kenntnis, wie er die Befragung notieren sollte. Die. Ergebnisse unserer morgendlichen Bemühungen stellten mich zufrieden. Im Tod kann ein Mensch der Verdammung nicht mehr entfliehen, doch während er auf Erden wandelt, steht ihm diese Möglichkeit jederzeit offen. Es war meine feste Absicht, Maurand zu retten. Er würde mir viel zu verdanken haben – vorausgesetzt, er unterwarf sich.

MADELEINE
    Man hatte mich in den murus largus geworfen, in die große Gemeinschaftszelle. Es gab noch eine Hand voll anderer Gefangener. Einige von ihnen waren Büßer, andere warteten darauf, dass der Seigneur über ihren Fall zu Gericht saß – Diebe oder Händler, die ihre Ware mit falschen Gewichten abgewogen hatten. Männer und Frauen waren zusammen untergebracht. Wir schliefen auf dem nackten Steinboden. Nur wer es sich leisten konnte, die Aufseher zu bestechen, bekam ein wenig Stroh. Hoch über uns befand sich ein einziges, vergittertes Fenster, durch das sich in Mondnächten ein wenig Licht zu uns verirrte.
    Schwester Agnes war für einige Tage in eine der Einzelzellen unterhalb des murus largus gesperrt worden. Bei ihrer Rückkehr aus diesem, murus strictus wirkte sie äußerst niedergeschlagen und führte auch keine Gespräche mehr mit den Geistern und Phantomen, die sie aus Beausaint hierher begleitet hatten.
    Bis zur Nacht des Sturms.
    Er begann am späten Nachmittag. Durch die Gitterstäbe sahen wir Blitze über den Himmel zucken, und ich bemerkte, dass sich Agnes immer mehr erregte. In der Nacht hörte ich sie in der Dunkelheit ächzen und wusste genau, was geschehen würde.
    Drei Wärter und der Kerkermeister waren nötig, um sie zu überwältigen.
    Die Männer schlugen mit Eisenketten auf sie ein, bis sie bewegungslos auf dem Boden lag und schaumiges Blut aus ihrem Mund tropfte. Ich versuchte, ihr zu helfen, aber sie ließ es nicht zu, dass ich mich ihr näherte. Später in jener Nacht erwachte ich und sah Agnes zusammengekauert in einer Ecke hocken. Sie starrte den Mond an, der immer wieder durch die jagenden Wolken brach, und heulte wie ein Wolf.
    Ich spürte, wie sich mir die Nackenhaare sträubten.
    Am folgenden Morgen wurde Agnes

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