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Die Novizin

Die Novizin

Titel: Die Novizin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Falconer
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hat an der Seite von Simon de Montfort gekämpft.«
    »Das war vor langer Zeit, sagen sie. De Montfort liegt seit über vierzig Jahren im Grab. Unser König benötigt jetzt Geld.«
    »Der Inquisitor wird nichts zu beanstanden haben. Häretiker werden bei mir nicht verschont.«
    »Wie können wir uns am besten schützen?«, fragte ich meinen Bruder.
    »Sie sind auf der Suche nach Ketzern. Also sorgt dafür, dass hier keine zu finden sind!«
    »In Saint-Ybars gibt es keine Parfaits. «
    »Ich bin froh, das zu hören.« Er wandte sich zum Gehen. »Was Ihr nun unternehmt, ist Eure Sache. Ich habe meine Pflicht getan, ich habe Euch gewarnt.«
    »Und dafür danken wir Euch«, sagte Raymond.
    »Ich tat es um meiner Schwester willen.« Christian marschierte davon. Seine Schritte hallten von den Wänden wider.
    Raymond wirkte niedergeschlagen. Er rieb sich die Stirn.
    »Was werdet Ihr tun?«, erkundigte ich mich.
    »Ich werde seinen Rat befolgen. Er weiß, was am Hof des Königs und in Toulouse vor sich geht.«

MADELEINE
    Es fiel mir nicht leicht, gehorsam zu sein.
    Wir lebten nach der Ordensregel des Heiligen Benedikt in Armut, Keuschheit – und in Gehorsam. Ich schlief auf einer harten Pritsche, die mit einer dünnen Schicht Stroh bedeckt war. Ich trug das schlichte, schwarze Ordensgewand, und ein weißer Schleier verbarg mein rotes Haar, das mich zu sündhafter Eitelkeit verleitete. Ich versuchte, das Schweigegebot einzuhalten, und bemühte mich, meine Ansichten für mich zu behalten.
    Die Ordensregel bestimmte jede Minute unseres Lebens. Mitten in der Nacht rief uns die Glocke zur Matutin, auf die die Laudes folgten. Schlaftrunken schreckte ich jedes Mal von meinem Lager hoch. Meine Füße tasteten auf dem kalten Steinboden nach den Holzschuhen. Ich zog das schwarze Habit über mein Unterkleid und hastete die Treppe hinunter und durch den eisigen Kreuzgang, um mit den anderen Novizinnen im dunklen Chorgestühl die Psalmen und Messgebete herunterzuleiern. Während wir sangen, bildete unser Atem weiße Wolken in der Luft.
    Kaum hatten wir den nächtlichen Gottesdienst beendet und waren in der Hoffnung auf noch ein wenig Schlaf zurück ins Dormitorium gestolpert, da ging über dem Kloster auch schon die Sonne auf. Abermals ertönte eine Glocke. Wir wuschen unsere Gesichter an den Trögen, die sich in den Kreuzgängen befanden. Die älteren Novizinnen erzählten, dass im Winter das erste Mädchen in der Reihe erst einmal die Eisschicht auf dem Wasser entfernen musste.
    Nach der Prim unterbrachen wir unser Fasten mit etwas trockenem Brot und Wein. Zur Terz wurde die Messe gelesen. Dann versammelten wir uns im Kapitelsaal und hörten zu, wie die Nonnen sich bei der Äbtissin über uns beklagten – dass wir die Worte der Psalmen vergessen hatten oder während der Laudes eingenickt waren.
    Natürlich mussten wir für diese Vergehen angemessene Buße tun.
    Schließlich durften wir uns den Aufgaben widmen, die uns zugeteilt worden waren. Einige arbeiteten auf dem Feld, andere im Garten, wieder andere im Skriptorium.
    Nach der Sext begingen wir das Hochamt und nahmen dann im Refektorium schweigend unser Mittagsmahl ein, während die Sakristanin aus der Heiligen Schrift las.
    Es folgte die None. Danach gingen wir zurück an die Arbeit. Vor der Vesper und dem anschließenden, kargen Abendessen war uns eine kurze Ruhepause gestattet. Nach der Komplet legten wir uns nieder, bis wir mitten in der Nacht erneut von der Glocke geweckt wurden, die niemals lange schwieg. Und wieder taumelten wir mit roten Augen und vor Kälte zitternd zur Matutin.
    Ich wusste nur wenig über meine Mitnovizinnen, denn wir wurden stets zum Schweigen angehalten. Die meisten schienen die Töchter von Bürgern oder enteigneten Seigneurs zu sein, die keinen passenden Ehemann gefunden hatten. Ich fragte mich oft, ob sie ihr früheres Leben wohl vermissten oder ob das Kloster für sie eine willkommene Alternative zu einer Ehe ohne Liebe darstellte, in der sie womöglich ein Kind nach dem anderen geboren und so manches wieder verloren hätten.
    Einigen fiel das Leben nach den Regeln des Heiligen Benedikt viel leichter als anderen. Offen gestanden waren viele der vertrockneten alten Nonnen ebenso weit davon entfernt, heilig zu sein, wie wir Übrigen. Aber da sie ihren kleinlichen Zank und ihre Eifersüchteleien nicht an Ehemännern auslassen konnten, beklagten sie sich in einem fort über uns Novizinnen und hielten uns Vorträge über Frömmigkeit und die richtige

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