Die Novizin
Kopf und einer Knollennase.
Ich befahl ihr, sich auf den Stuhl in der Mitte des Raumes zu setzen. Sie gehorchte, wiegte sich im Sitzen jedoch hin und her und sang leise ein Tedeum. Sie schien einen heiligen Ritus der Kirche verspotten zu wollen.
Unser Notar traf seine Vorbereitungen. Er holte sein Escritoire hervor – verschiedene Federn, ein Federmesser, Zirkel, Bürste, Auskratzer und Löschpuder sowie Tinte aus dem Tintenhorn, das an seinem Gürtel baumelte. Dann breitete er einige Blätter Pergament aus.
Wir begannen mit dem Verhör. Schwester Agnes musste bei den Heiligen Evangelien schwören, in Bezug auf sich selbst und andere nichts als die Wahrheit zu sagen. Danach stellten wir die in den Handbüchern festgelegten Fragen:
Seid Ihr jemals Ketzern begegnet oder habt sie predigen hören?
Wart Ihr jemals bei einer ihrer Zeremonien zugegen?
Habt Ihr von einem von ihnen den Friedenskuss erhalten?
Was sagen Ketzer über die Erschaffung der sichtbaren Welt?
Habt Ihr jemanden abfällig von den Sakramenten reden hören, vom Wesen unseres Herrn Jesus Christus, von der Auferstehung des Leibes?
Seid Ihr schon einmal aufgefordert worden, vor einem Inquisitor zu erscheinen?
Sie antwortete uns lediglich mit Gemurmel, sodass ich kurz davor stand, die Hoffnung auf eine brauchbare Zeugenaussage aufzugeben. Mir schien, dass aus ihrem Mund nur das Geschwafel des Teufels drang. Doch sobald ich den Namen Madeleine de Peyrolles erwähnte, ging eine Veränderung mit Schwester Agnes vor. Plötzlich wurde ihr Blick wachsam, und ein Funken Intelligenz blitzte in ihren Augen auf.
»Nun? Soll ich die Frage wiederholen? Kennt Ihr sie?«
»Ich mag dieses neue Mädchen nicht«, erwiderte Agnes. Ihre Stimme war so tief wie die eines Mannes, was bei Frauen ein sicheres Zeichen für die Anwesenheit des Teufels ist.
»Das neue Mädchen?«
»Die Äbtissin hat gesagt, dass ich sie mögen müsse.«
»Warum missfällt sie Euch?«
»Sie hat einen Geist um sich.«
»Ihr glaubt, dass Madeleine de Peyrolles unter dem Fluch eines Geistes steht?«
Schwester Agnes fing wieder an, sich hin und her zu wiegen. »Ich sehe Teufel reiten.«
Pons schnappte deutlich hörbar nach Luft.
»Wann? Wann seht Ihr diese Teufel?«
»Im Sturm. Sie kommen mit dem Blitz. Manchmal reite ich mit ihnen.«
»Ihr reitet des Nachts, wenn es stürmt? Wie denn? Wie bewerkstelligt Ihr dies?«
»Ich mag die Stürme nicht.«
»Gebt Ihr zu, dass Ihr mit den Teufeln reitet?«
»Sie kommen in der Nacht und schlüpfen in mein Bett.«
Es war unmöglich, von ihr vernünftige Antworten auf meine Fragen zu erhalten. Offensichtlich war sie in einem solchen Maße besessen, dass die Dämonen in ihr abwechselnd aus ihrem Mund sprachen. Dennoch dienten ihre Erwiderungen meinem Zweck, denn jene, von denen sie besessen war, prangerten sich selbst an, und dies vor Zeugen.
»Der Teufel hat kalte Hände«, murmelte sie. »Er schiebt sie unter mein Gewand.«
»Erzählt mir mehr über Madeleine de Peyrolles.«
Ein schiefes Lächeln. »Sie hat für mich Kräuter gepflückt.«
»Kräuter für Hexereien?«
Schwester Agnes antwortete nicht.
»Wir sollten nach dem Zeichen des Teufels suchen«, sagte ich zu Bruder Donadieu. Er wirkte beunruhigt, obwohl er selbst es gewesen war, der mir von jener Entstellung berichtet hatte.
»Zieht ihr das Gewand aus«, befahl ich Ganach, dem Kerkermeister.
»Das Zeichen ist vorhanden«, warf Bruder Donadieu ein. »Ich habe es selbst gesehen und werde dies auch bezeugen.«
»Tut, was ich sage«, wandte ich mich erneut an den Kerkermeister.
Ganach zögerte, doch schließlich siegte seine Furcht vor mir über seine Angst vor Schwester Agnes. Er trat hinter sie, griff mit einer plötzlichen Bewegung um sie herum und riss ihr Habit vom Hals bis zur Hüfte auf. Ein Berg von Fleisch quoll hervor. Schwester Agnes kreischte vor Entsetzen und versuchte, sich zu bedecken. Das nahm mich nicht wunder, denn wir hatten ihre Schuld bloßgelegt. Père Michel und Pons keuchten, erstaunt und erschüttert zugleich. In der Mitte ihrer Brust wölbte sich eine purpurrote Narbe in der Form eines Kreuzes. Dieses Brandmal musste Gott selbst dort angebracht haben, zum Zeichen, dass sie verflucht war.
Im nächsten Moment begann dieses abscheuliche Weib, um sich zu schlagen, sodass der Kerkermeister und die Wachen es bändigen mussten. Ich ordnete an, Agnes wieder in den Kerker zu bringen, und befahl dem Kerkermeister, sie in eine Einzelzelle zu stecken, bis
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