Die Nymphe Eva
schönsten
Mädchen, das ich je kennengelernt habe — gegenüber nicht besser aufrichtig
gewesen wäre und ihr gesagt hätte, daß ich nicht ihr Leben aufs Spiel hatte
setzen wollen, indem ich mich mit ihr verabredete. Schließlich wußte ich ja,
daß dieser verrückte Mörder mir nach dem Leben trachtete — vielleicht hätte sie
mich verstanden. Dann hätte ich wenigstens, falls ich hätte sterben müssen,
gewußt, daß sie mich nicht hassen würde — und allein das hätte meinen Tod
erträglich gemacht!«
Die
Brille mit den Fledermausflügeln schwang benommen herum, während sie mit
feuchten und verschwommenen Augen in mein Gesicht emporblickte.
»Oh,
Lieutenant«, sagte sie mit erstickter Stimme. »Das war das Schönste, was ich je
in meinem Leben gehört habe.«
»Sie
— verzeihen mir also?« fragte ich mit fiebriger Stimme.
»Völlig,
Lieutenant, und mit Freuden!« Sie holte tief Luft, und ihr grandioser Busen
schwoll zu unfaßbaren Proportionen an. Ich kam zu dem
Schluß, daß ihr Pullover aus Stahlwolle gestrickt sein mußte.
»Das
Teuflische an der Sache ist«, sagte ich mit verkrampftem Lächeln, »daß das
Ganze noch nicht zu Ende ist.«
»Sie
sind nach wie vor in Gefahr?« keuchte sie ängstlich.
»Nun,
es ist eben mein Job«, sagte ich edel, »und ich bin daran gewöhnt. Aber Sie
könnten mir dabei helfen, wenn Sie wollen, Pauline.«
»Alles,
was Sie wollen!« Die Leidenschaft ließ ihre von Natur aus sirupartige Stimme bis zu einem Punkt der Dickflüssigkeit verdichten, daß sie kaum mehr
verständlich war.
»Sie
erinnern sich doch sicher an Rita Blairs Adresse — an ihre Wohnung, in der Sie
sich nach ihr erkundigt hatten, nachdem sie von hier weggegangen war, und wo
Sie dann feststellten, daß sie dort ausgezogen war?«
»Sie
kennen doch meinen kleinen Computerkopf, Lieutenant«, sagte sie voll Stolz
gebläht. »Hier, ich schreibe sie Ihnen auf.«
Sie
kritzelte die Adresse auf einen Block, riß dann das Blatt ab und gab es mir.
»Wenn ich sonst noch etwas...?«
»Im
Augenblick nicht«, flüsterte ich betrübt. »Tausend Dank, Pauline. Eines Tages —
bald, hoffe ich — wird alles vorüber sein, und dann...« Ich schloß die Augen
für eine Sekunde in visionärer Ekstase und ging langsam mit gesenktem Kopf auf
die Tür zu.
»Viel
Glück, Darling!« sagte die rundliche Blonde mit heiserer Stimme, und ich hörte,
wie sie tiefstens Luft holte.
Etwa
zwei Sekunden später hörte ich einen ebenso überraschten wie gequälten
Aufschrei und ich blickte von der Türschwelle zurück, um zu sehen, was passiert
war. Pauline saß mit einem Ausdruck von Bestürzung auf dem Gesicht, und
irgendwie sah sie verändert aus. Dann wurde mir klar, daß ihr Hochgebirgsbusen
plötzlich um etwa zehn Zentimeter abgesunken war, als ob es einen plötzlichen
Erdrutsch gegeben hätte. Ich schloß sanft die Tür und salutierte innerlich vor
Pauline — nicht jedem Mädchen gelingt es, durch einfaches tiefes Atemholen
gleichzeitig beide Büstenhalterträger zu sprengen.
Auch
der Rest des Tages war eine Wucht.
Ich
suchte die Adresse auf, die Pauline mir gegeben hatte, und stellte fest, daß es
sich um ein zweistöckiges Gebäude mit acht Wohnungen handelte. Die mit einem
dichten Schnurrbart versehene ältere Frau, der die Wohnungen gehörten, hauste
im Erdgeschoß, so daß sie ihre Kapitalanlage unter der direkten Kontrolle ihrer
Knopfaugen hatte. Sie erinnerte sich durchaus an ihre frühere Mieterin Rita
Blair, aber das war so ziemlich alles. Ein hübsches, kleines rothaariges Ding,
sagte sie mürrisch, und die ideale Mieterin, daß sie ihre Miete immer prompt
bezahlt hatte und kaum je zu Hause gewesen war.
Danach
ging ich ins Büro des Diamantenhändlers und war froh, feststellen zu können,
daß sein Wandsafe wieder hergerichtet war, so daß der
Raum völlig normal aussah. Gilbert Wolfe war derselbe traurig dreinblickende
kleine Bursche mit dem Hängebauch und der dazu passenden Stimme.
»Wie
steht es mit Ihren Ermittlungen, Lieutenant?« fragte er, nachdem er höfliche Geräusche anläßlich meines Beines und der übrigen Umstände bei
der Verhaftung Marvin Lucas’ von sich gegeben hatte.
»Ich
bin in eine Sackgasse geraten«, gestand ich. »Ich ziehe erneut Erkundigungen
bei einem kleinen Kreis von Leuten ein, und Sie gehören dazu, Mr. Wolfe.«
»Aha!«
Seine Augenlider sanken voll resignierter Erwartung fast herab. »Sie wollen
also noch einmal meine Geschichte hören, ja?«
»Ja«,
pflichtete ich bei.
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