Die Nymphe Eva
sagte Cranston gelassen.
Der
große, magere Nitroglyzerinexperte trat in den Zeugenstand und wurde vereidigt.
Dann setzte er sich und blickte sich durch die viereckige, dicke Brille, die ihm
zusammen mit dem grauen Haarschopf ein Aussehen ständigen Wohlwollens verlieh,
im Saal um. Alles, was ihm noch fehlte, war ein dazu passender grauer Bart, und
er hätte Whistlers Vater sein können, dachte ich verbittert.
»Ihr
Name, bitte?« fragte Cranston höflich.
»Herbert
Mandel.«
»Und
Ihr Beruf?«
»Ich
bin...« Herbs Mund zuckte flüchtig. »Ich habe mich im
Augenblick von meinem Beruf zurückgezogen.«
»Es
wurde bereits vor diesem Gericht bezeugt, daß Sie insgesamt neun Jahre Ihres
Lebens wegen gewaltsamen Aufbrechens von Geldschränken mit Hilfe von
Sprengstoff im Gefängnis gesessen haben. Stimmt das?«
»Ja.«
»Ist
es dann angemessen, Mr. Mandel zu sagen, daß Sie bis zum Zeitpunkt Ihres — >Rücktritts<
sich mit Safeknacken beschäftigt haben?«
»Gewiß«,
sagte Mandel ruhig.
Cranston nickte, als wäre er über die Antwort
entzückt. Ich warf einen heimlichen Seitenblick auf Levine und stellte fest,
daß sein Mund erneut offenstand.
»Wie
lange haben Sie den Verstorbenen, Samuel Fletcher, gekannt?«
»Drei,
vielleicht auch vier Jahre.«
»Und
den Angeklagten, Marvin Lucas?«
»Ungefähr
ebenso lange, vielleicht ein wenig länger.«
»Aha!« Cranston nickte, als ob ihm Mandel soeben etwas von
größter Bedeutung mitgeteilt hätte. »Seit wann sind Sie in Pine City?«
»Seit
etwa fünf Wochen.«
»Warum
sind Sie überhaupt hierhergekommen?«
»Ich
hielt mich in Los Angeles auf — ohne dort zu arbeiten«, sagte Herb Mandel
ruhig. »Dann bekam ich einen Anruf von Sam Fletcher. Er sagte, er sei mit
seiner Frau in Pine City, und das sei eine großartige
Stadt, ob ich hier nicht ein bißchen Urlaub machen wolle? Ich dachte, er mache
Spaß, aber er sagte, es sei ihm todernst. Er wollte, daß ich für ein paar
Wochen hierherkommen und einen Freund mitbringen solle. Alle Unkosten würden
bezahlt, sagte er und zudem würden am Ende für jeden von uns zweitausend Dollar
herausspringen. Dann fragte er beiläufig, ob Marvin Lucas noch in Los Angeles
sei, und ich sagte ja, ich hätte ihn vor ein paar Tagen gesehen. >Bring
Marvin mit<, sagte er. >Ich überweise dir heute nachmittag telegrafisch fünfhundert Dollar.<«
»Und
was geschah danach?« fragte Cranston erstaunt.
Mandel
nahm seine Brille ab und polierte sie heftig mit seinem Taschentuch. »Nun, ich
dachte, wenn Sam auch den Verstand verloren haben sollte, so sollte mich das nicht
weiter kümmern, solange des Geld echt ist. Ich setzte mich also mit Marvin in
Verbindung — dem Angeklagten — , und er fand dasselbe. Sobald die fünfhundert
Dollar eingetroffen waren, reisten wir nach Pine City.«
»Hat
Ihnen Fletcher erzählt, was Sie für die zweitausend Dollar zu tun hatten,
nachdem Sie hier angekommen waren?«
»Er
hatte uns in einem Hotel untergebracht und sagte, alles, was wir tun sollten,
sei, gelegentlich mit ihm und seiner Frau in ihrer Wohnung ein wenig Poker zu
spielen.«
»Wo
waren Sie in der Nacht, als sich der Einbruch in Gilbert Wolfes Büro
ereignete?« Cranstons Stimme hob sich plötzlich
dramatisch.
»Ich
war in Fletchers Wohnung und spielte Poker«, sagte Herb ruhig.
»Ich
erhebe Einspruch!« sagte Levine wütend. »Euer Ehren, dieser Zeuge steht nicht
wegen Schmuckdiebstahls vor Gericht!«
»Mr. Cranston ?« Richter Kleban blickte auf den Verteidiger.
»Euer
Ehren, die Verteidigung versucht zu beweisen, daß mein Mandant Opfer eines
Komplotts geworden ist«, sagte Cranston kalt. »Die
Aussage dieses Zeugen ist die erste wichtige Stufe des Beweises dafür, daß ein
solches Komplott bestand.«
»Der
Einspruch wird abgelehnt«, sagte der Richter prompt.
»Mr.
Mandel«, fuhr Cranston zielstrebig fort. »Wer war
dabei noch anwesend?«
»Fletcher,
seine Frau und der Angeklagte.«
»Und
Sie verbrachten alle vier den gesamten Abend mit Pokerspielen?«
»Stimmt.«
»Was
geschah am folgenden Morgen in Ihrem Hotelzimmer?«
»Lieutenant
Wheeler fragte sowohl den Angeklagten als auch mich, wo wir in der vorhergehenden
Nacht gewesen seien. Zufällig waren auch Fletcher und seine Frau zu Besuch bei
uns, als er eintraf, und er fragte sie ebenfalls.«
»Erwähnte
er den Einbruch vom vorhergehenden Abend?«
»Ja«,
sagte Mandel. »Er erklärte, er glaube unsere Geschichte nicht für einen
Augenblick — er sei überzeugt, wir drei
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