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Die Obamas

Die Obamas

Titel: Die Obamas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Kantor
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Freundeskreis absolut kein Dauerthema, erklärten sowohl Valerie Jarrett als auch die Whitakers und Nesbitts. Das sei einfach unnötig, denn sie fanden in der Präsidentschaft Obamas, wenn auch in größerer Dimension, die typischen Grundmuster ihrer eigenen Erfahrungen gespiegelt. Sie wussten, was es hieß, einerseits Erstaunliches zu leisten und andererseits permanent an unsichtbare Schranken zu stoßen – und diese zu überwinden. So scheint es gerade in Jarretts Familie Tradition zu sein, als erster Schwarzer etwas Besonderes geleistet zu haben. Ihr Urgroßvater machte als erster farbiger Absolvent am Massachusetts Institute of Technology seinen Abschluss, ihr Vater war in seinem Fachbereich der erste ordentliche Professor der Universität von Chicago. Und Cheryl Whitaker, die als Medizinerin Karriere gemacht hatte, nahm nicht an den eigenen Highschool-Treffen in Georgia teil, weil dort nach all den Jahren faktisch noch immer Rassentrennung herrschte: Die schwarzen und weißen Ehemaligen trafen sich getrennt. Die wachsende Zahl derer wiederum, die Obama als Ausländer diffamierten, erinnerte an das Misstrauen, das anderen erfolgreichen Schwarzen entgegenschlug. Man konnte das höchste Amt im Lande innehaben und dennoch als unqualifiziert abgestempelt werden.
    Doch Cheryl Whitaker gelang es selten, das Thema bei den Obamas anzusprechen. Es war zu schmerzlich, die Erfahrungen waren zu einschneidend.
    ***
    Die Nesbitts und Whitakers waren im Weißen Haus ausgesprochen beliebt, weil der Präsident und die First Lady sich in ihrer Gegenwart entspannten. Die Mitarbeiter erlebten sie als bescheiden, bodenständig, unkompliziert und gut gelaunt. Aber die Freundschaft, über die der Präsident anfangs gesagt hatte, sie stelle seinen Kontakt zum Rest der Welt sicher, warf ihn eher auf sich zurück, anstatt der Isolation im Alltag der Obamas entgegenzuwirken. Sie hatten sich einen eigenen Kreis aufgebaut und besaßen wenig Vertrauen in die Welt außerhalb dieses Zirkels. Ihre Witze drehten sich um die Absurditäten des Weißen Hauses oder der Washingtoner Gesellschaft, machten aber auch nicht vor der eigentlich wesentlichen Frage halt, wie gut der Präsident bei der Bevölkerung ankam. »Was will er uns wohl sagen, wenn er ein Glas Limonade trinkt?«, imitierte Nesbitt die politischen Beobachter in ihren Kommentaren über den Präsidenten. »Was will er dem Land damit sagen? Hat er womöglich Durst? Was meinte der Präsident, als er
Frohe Weihnachten
sagte? Ich
glaube,
er meinte Frohe Weihnachten, aber sicher bin ich mir nicht.«
    Natürlich lachten die Obamas mit ihren Freunden darüber: Wer hätte das nicht getan? Gleichzeitig entstand eine ironische Distanz zum Rest der Welt. Es schien, als verhinderten die Nähe und der Gleichklang innerhalb der Gruppe eine neue Perspektive. Ihre Erfahrungen waren so ähnlich, sie standen einander so nahe, dass es unwahrscheinlich schien, dass Außenstehende ihre Ansichten verstehen konnten.
    Gleichzeitig gab es kaum mehr als einen oder zwei Republikaner, zu denen der Präsident ein vertrauensvolles Verhältnis hatte. Das war ein Problem, an dem auch eine Einladung zur Cocktailparty so schnell nichts ändern konnte. Die Strategie der Republikaner bestand nach wie vor in totaler Opposition. Dennoch hatten Tom Daschle (während der Regierung Bush Führer der Demokraten im Senat) und andere erfahrene Washingtoner Demokraten Obama empfohlen, den Republikanern mit kleinen Gesten ein Entgegenkommen zu signalisieren, auch wenn dies nicht sofort Erfolge zeitigen würde; irgendwann würde der Präsident die Unterstützung der Republikaner mit Sicherheit brauchen. Für Obama war dies schwierig, das wussten die Berater, denn seine Charmeoffensive zu Beginn der Amtszeit war ergebnislos verpufft, und er hasste sinnlose Aktionen. Andere zu umwerben – zum Beispiel mit gefühlvollen Reden – war eine Seite der Politik, die ihm ausgesprochen zuwider war. George W. und Laura Bush hingegen hatten ganz bewusst Tom Daschle nebst Gattin zum Dinner ins Weiße Haus geladen. Doch die Vorstellung, die Obamas könnten im Frühjahr 2010 die republikanischen Boehners zu einem vertraulichen Abend einladen, schien so unwahrscheinlich wie ein gemeinsames Nachtmahl von Lady Gaga und dem Papst.
    In jenem Frühjahr verlor der Präsident dann auch noch die Unterstützung einiger Demokraten, die eigentlich seine Verbündeten waren. Sie hatten ein paar unangenehme Wahrheiten laut ausgesprochen und wurden daraufhin

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