Die Obamas
First Lady sich noch immer nicht festgelegt hatte, welche Auftritte sie im Wahlkampf machen wollte, und das war drei Monate vor den Zwischenwahlen genau das falsche Signal an die Wähler. Ihre Urlaubsreise würde, so befürchteten die Mitarbeiter des Weißen Hauses, das Gegenteil einer Wahlkampftour werden: Sie konnte damit Wähler abschrecken, statt welche zu gewinnen.
Mehrere Berater lehnten es ab, die First Lady direkt darauf anzusprechen und ihr zu sagen, dass sie die Reise nicht antreten solle – sogar der sonst so unerschrockene Robert Gibbs hob abwehrend die Hände. Jarrett und Sher wiesen Michelle Obama vorsichtig auf die möglichen Risiken hin, doch die First Lady blieb hart. Und der Präsident hatte ständig ein schlechtes Gewissen, weil seine Frau ihm zuliebe so viel aufgegeben hatte. Er wollte, dass sie glücklich war. »Da sie hauptsächlich ihm zuliebe all diese Opfer auf sich genommen hat, ist er nicht gerade wild darauf, ihr zu sagen, dass sie etwas aus politischen Gründen lassen muss, was sie sehr gern tun würde«, sagte ein Berater. Vor der Abreise von Michelle und Sasha aßen die beiden mit Barack noch zusammen Apfelkuchen – Obamas Lieblingsdessert –, gewissermaßen als vorweggenommene Geburtstagsfeier.
Die Mitarbeiter ahnten, was ihnen bevorstand. Kaum war die First Lady in Spanien angekommen, hefteten sich europäische Fotografen an ihre Fersen und schickten Urlaubsbilder um die Welt. Inmitten von Leibwächtern sah man Michelle Obama durch die spanischen Straßen schlendern, in einem Top, das eine Schulter frei ließ, mit einer übergroßen Sonnenbrille und einer freudlosen Miene. Die Bilder erschienen zusammen mit Fotos von ihrer Unterkunft, einem Luxus-Strandhotel mit Zimmerpreisen ab vierhundert Euro pro Nacht. (Sie hatte ursprünglich nach Madrid fahren wollen, um dort zu bummeln und Cafés zu besuchen, aber das hatte der Secret Service abgelehnt.) Gerüchte machten die Runde, die First Lady sei mit einem Tross aus vierzig Freunden unterwegs. Das stimmte zwar nicht, aber die Gruppe belegte wegen der notwendigen Sicherheitsvorkehrungen tatsächlich über dreißig Zimmer. [62] Michelle Obama kam für Essen und Unterbringung selbst auf, und ihre Begleiter waren mit kommerziellen Fluggesellschaften angereist. Doch der Air-Force-Jet, mit dem sie und Sasha nach Spanien geflogen waren, kostete pro Betriebsstunde 11351 Dollar. Nach den geltenden Vorschriften musste sie nur den Anteil der Kosten selbst tragen, der einem Flug erster Klasse für Mutter und Tochter entsprach. Doch in Amerika waren im selben Monat weitere 131000 Arbeitsplätze verlorengegangen. »Eine moderne Marie Antoinette«, schrieb in New York eine Kolumnistin der
Daily News
– Wasser auf die Mühlen derer, die glaubten, die Ausgabenpolitik des Präsidenten sei außer Kontrolle geraten.
Auf Fragen der Presse über die Reise entgegnete Robert Gibbs schlicht, die First Lady sei »eine Privatperson und zusammen mit ihrer Tochter auf einer privaten Reise«. Seine Logik war nicht nachvollziehbar. War die First Lady
wirklich
als Privatperson unterwegs? Wenn ja, warum beendeten sie und Sasha ihre Reise dann mit einem Besuch beim spanischen Königspaar?
Als die Gruppe ihre Reise durch Südspanien fortsetzte, wussten die Teilnehmer, dass die Kritik zu Hause längst viel heftiger ausfiel, als sie erwartet hatten, doch die First Lady schaltete einfach ab. »Wenn sie an einen Punkt kommt, wo es keinen Sinn mehr hat, alle Artikel zu lesen, dann hört sie einfach auf«, sagte eine Begleiterin. »Michelle Obama hatte eine Entscheidung getroffen, die sie ihrer Ansicht nach vertreten konnte«, so Sher.
Innerhalb einer Woche fiel die Zustimmungsrate der First Lady um eine zweistellige Zahl. Es war nicht klar, ob die Spanienreise an sich oder die teuren Kleider und Schuhe die Demokraten verprellten. Doch den Republikanern und der Tea Party verschaffte sie enormen Auftrieb, denn sie punkteten bei den Wählern mit ihren Vorwürfen hinsichtlich unkontrollierter Ausgaben und einer gleichgültigen Administration. Eins jedenfalls war klar: Michelle Obama tat ihrem Mann keinen Gefallen mit dieser Reise.
***
Doch auch der Präsident hatte eine erfreuliche Beschäftigung gefunden, der er sich in dieser Zeit widmen konnte: der Auswahl der Spieler und Teams für das Basketballturnier, das Marty Nesbitt, Michael Strautmanis und Reggie Love, der persönliche Berater des Präsidenten, seit dem Frühjahr anlässlich seines Geburtstags geplant
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