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Die Obamas

Die Obamas

Titel: Die Obamas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Kantor
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Mitarbeiter wie eine implizite Zurechtweisung gewesen: Die beste Freundin von Präsident und First Lady, eigens dafür eingestellt, die Augen offen zu halten und den Obamas Bericht zu erstatten. Je mehr sie sich als Vollstreckerin gerierte, desto unbeliebter machte sie sich bei den anderen. Außerdem hatte Jarrett ihre eigenen klar umrissenen Vorstellungen davon, was sich ändern musste, und die waren nicht weit von denen der First Lady entfernt. Jarrett und Emanuel waren von Anfang an nicht gut miteinander ausgekommen, sie achteten sich zwar, hatten aber nie wirklich Vertrauen zueinander. Ein weiterer Punkt war, dass Jarrett zunehmend auch Kritik an Robert Gibbs geübt und vor anderen Mitarbeitern im Westflügel geäußert hatte, dass der Präsident einen weniger schroffen Pressesprecher brauche.
    ***
    Im Juli machte sich das Wahlfieber noch stärker bemerkbar. Robert Gibbs wurde von führenden Demokraten auf dem Capitol Hill dafür kritisiert, dass er in der Öffentlichkeit gesagt hatte, die Demokraten könnten die Mehrheit im Repräsentantenhaus verlieren, obwohl das die schlichte Wahrheit war. Sie forderten daraufhin, der Präsident solle sich im Wahlkampf stärker engagieren. Um der Kritik zu begegnen, stellte Patrick Gaspard, der politische Direktor, ein Memo für die leitenden Mitarbeiter zusammen, in dem er aufzählte, was das Weiße Haus alles getan hatte; Bill Burton, der stellvertretende Pressesprecher, schlug vor, den Text Jonathan Martin zuzuspielen, einem Reporter bei
Politico.com.
Robert Gibbs, so mehrere Mitarbeiter, segnete die Entscheidung ab.
    Das Manöver ging nach hinten los: Nancy Pelosi, Sprecherin des Repräsentantenhauses, und Harry Reid, Vorsitzender der Mehrheitsfraktion im Senat, reagierten empört darauf, dass das Weiße Haus versuchte, die Lage mit solch unlauteren Mitteln unter Kontrolle zu bekommen. Emanuel war außer sich über die gezielte Indiskretion. Er las dem Stab die Leviten, nicht nur einmal, sondern gleich zweimal – bei der Morgenbesprechung mit den leitenden Mitarbeitern und danach noch bei einem anderen Meeting. »Nur weil hier jemand unbedingt den dicken Macker markieren muss, müssen wir uns jetzt damit befassen!«, brüllte er und schaute dabei Gaspard an, den er offenbar für den Schuldigen hielt. Gibbs, der die Aktion genehmigt hatte, schwieg. Emanuel redete sich auch noch tags darauf bei der Morgenbesprechung in Rage, und zwar abwechselnd wegen der
Politico
-Indiskretion und wegen des Kampfs, den viele demokratische Kandidaten bei den Zwischenwahlen verlieren würden. »Wir wissen nicht, was wir tun, wir setzen unsere Ressourcen nicht richtig ein«, schäumte er.
    Gaspard widersprach ihm mit seinem leicht haitianischen Akzent. »Bei allem Respekt, wir sind nicht der DCCC , wir können nur begrenzt aktiv werden«, sagte er. »Wir haben die Sache doch überhaupt nicht in der Hand.« Daraufhin ging Rahm Emanuel abermals in die Luft und brüllte wegen des Memos herum. Gaspard gab zu, er habe das Memo zwar geschrieben, es aber nicht weitergeleitet; Emanuel tobte, er glaube ihm kein Wort. Gibbs aber schwieg sich nach wie vor über seine Rolle aus.
    Zerbröckelnde Beziehungen, zerstrittene Berater, der Zorn der demokratischen Abgeordneten und Senatoren, die wollten, dass der Präsident sich im Wahlkampf stärker engagierte: Obama versuchte, all dem zu entfliehen, dem Weißen Haus zu entkommen. Er las nach wie vor täglich zehn Briefe von Bürgern, die sich mit Problemen an ihn wandten, doch jetzt wünschte er sich mehr persönlichen Kontakt und sehnte sich vor allem danach, seine Fürsorge deutlicher zu zeigen, als dies mit Fernsehansprachen möglich war. Er sagte seinen Beratern, sie sollten eine Reihe kleiner Events arrangieren, bei denen er die Bürger seines Landes im privaten Bereich oder bei der Arbeit kennenlernen könne. »Dann kann ich wenigstens mit ein paar Leuten zusammenstehen und echt mit ihnen interagieren«, sagte er laut Axelrod. »Auch wenn das den Firmen selbst nicht viel bringen mag, für mich ist es gut.«
    So brach der Präsident also in Städte wie Des Moines und Columbus auf, wo er mitsamt seinem riesigen Tross auf einer Ranch oder in einem kleinen Geschäft einfiel und einen gewaltigen Tumult hervorrief. Der Präsident sprach mit einer Familie oder mit Geschäftsleuten und beantwortete vor den Mikrofonen der Reporter Fragen, die sich fast alle um die Wirtschaft drehten. Das Ganze wirkte reichlich künstlich, wie ein Berater einräumte, doch für

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