Die Obamas
Präsident forcierte nun endlich ein bescheidenes Gesetz gegen die Arbeitslosigkeit, wusste aber, dass es so gut wie keine Chance hatte, unverwässert verabschiedet zu werden. Seine allerersten Telefonate als Präsident hatten den politischen Führern Israels und der Palästinenser gegolten, denen er versprochen hatte, auf einen Friedensschluss hinzuwirken. Diese Bemühungen waren so gründlich gescheitert, dass seine Regierung jetzt bereit war, bei der UNO ein Veto gegen die Gründung eines palästinensischen Staates einzulegen, obwohl Obama sich vor gar nicht langer Zeit noch dafür ausgesprochen hatte. Eine erneute Rezession, die zweite in kurzer Folge, wurde zudem immer wahrscheinlicher.
Seine Konfrontation mit den Republikanern wegen der Anhebung der Schuldenobergrenze in diesem Sommer, die die Finanzmärkte in Aufruhr versetzt und ihn vor die Frage gestellt hatte, wie es möglich war, dass seine Gegner derart Oberhand gewinnen konnten, wurde zur Metapher für vieles, was während seiner Präsidentschaft schiefgegangen war: eine kränkelnde Wirtschaft, die er nicht heilen konnte; republikanische Gegner, mit denen er nicht zusammenarbeiten, die er aber auch nicht besiegen konnte; und der Triumph der Tea Party, jener Bewegung, die zu dem Zweck gegründet worden war, ihn zu bezwingen.
Die Schuldenobergrenze für die Bundesregierung wurde schließlich am 2 . August angehoben, zwei Tage vor Obamas fünfzigstem Geburtstag. Das erinnerte daran, wie viel er versucht hatte – Präsident zu werden, Washington im Innersten zu verändern, die Reformgesetzgebung zu verabschieden – und in welch kurzer Zeit. Der Kalender machte es endgültig: Obama war kein junger Mann mehr, weder an Jahren noch gemessen an dem Gewicht der Enttäuschungen, die auf ihm lasteten.
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Seltsamerweise hatte er noch im Frühjahr einige der zufriedenstellendsten Monate im Amt erlebt, eine Zeit, in der ihm die doppelte Genugtuung widerfuhr, dass die Öffentlichkeit ihn verstand und er hinter verschlossenen Türen erfolgreich war. Selbst die Gespräche über die Schuldenobergrenze schienen am Anfang vielversprechend.
Im April marschierte Obama dann gegen den Rat vieler seiner Mitarbeiter in den Presseraum des Weißen Hauses, um gegen das völlig abwegige, aber hartnäckige Gerücht vorzugehen, er sei außerhalb der Vereinigten Staaten geboren worden. Dieses Gerücht war etliche Male widerlegt worden, doch ohne großen Erfolg: Im Frühjahr glaubten es annähernd 50 Prozent der Wähler, die bei den republikanischen Vorwahlen 2012 ihre Stimme abgeben wollten; und die unabhängigen Wähler, die entscheidend für den Sieg im Jahr 2012 sein würden, glaubten es allmählich ebenfalls. [78] Hinzu kam, dass Donald Trump, der zu aller Erstaunen behauptete, selbst Präsident werden zu wollen, im Fernsehen mysteriöse Andeutungen darüber machte, dass das Gerücht der Wahrheit entspreche und Obama ein ganz anderer sei als der, für den er sich ausgebe.
Als Obama nun das Podium betrat, schien die Isolationskrankheit, die einen Präsidenten befallen konnte, ein neues Stadium erreicht zu haben. Die Kluft zwischen Obamas Sicht der Welt – als eine Folge drängender Krisen und Probleme, mit denen er und seine Administration sich ebenso vernünftig wie unermüdlich herumschlugen – und dem Rummel um die schalen Gerüchte, die seine Herkunft umgaben, war enorm. »Normalerweise würde ich mich zu so etwas gar nicht äußern«, begann er und wirkte dabei nicht eben zuversichtlich oder energisch. Eine Haushaltskrise drohe, und »schwierige Entscheidungen darüber, wie wir in unsere Zukunft investieren« stünden an. Außerdem ließen sich die Medien von »Possenspielern und Marktschreiern« wie Trump ablenken, warf der Präsident den Anwesenden vor. Er war kurz davor, den Reportern, von deren Arbeit sein Ansehen unter anderem abhing, zu sagen, sie seien oberflächlich und dumm. Tatsächlich hatten die Gerüchte um seinen Geburtsort die Nachrichten nicht in dem Maße dominiert, wie er behauptete [79] , und viele Reporter berichteten durchaus verantwortungsbewusst über die Gerüchte – um sie ad absurdum zu führen. Obama war jedoch so genervt, dass er in seinem Bemühen um Rationalität über das Ziel hinausschoss.
Doch der Ausbruch tat seine Wirkung: Das Gerücht verschwand schon bald aus den Medien, allerdings nicht nur, weil er einen längeren, detaillierteren Auszug aus seiner Geburtsurkunde veröffentlichte. Ein weiteres Ereignis bestätigte, dass
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