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Die Obamas

Die Obamas

Titel: Die Obamas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Kantor
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besseren Momenten Schwierigkeiten. In den öffentlichen Äußerungen dieser kritischen Wochen belehrte er seine Widersacher und versuchte sie einzuschüchtern. Er forderte, sie sollten die Zähne zusammenbeißen und endlich ihre Pflicht tun. »Die aber meinten: ›Obama muss durchgreifen.‹ Also gab er zurück: Es liegt an
euch.
Ich war auf meinem Posten. Ich war in Afghanistan, in der Sache mit bin Laden und in der Griechenlandkrise auf dem Posten.« Und diesmal war das kein Kokettieren mit den Anforderungen seines Amts, diesmal schien er die drückende Last seines Amts ernstlich zu spüren.
    Wieder einmal benutzte er Malia und Sasha für rhetorische Zwecke. Im Gegensatz zu den herumtrödelnden Republikanern erledigten seine Töchter ihre Hausaufgaben früher als nötig. »Es beeindruckt mich immer wieder«, sagte er. »Sie warten nicht bis zum letzten Abend.« Seine Hausaufgaben rechtzeitig machen, schön und gut, aber alles, was recht ist, welche Kinder außer denen von Michelle Obama erledigten sie früher als nötig? Um dorthin zu gelangen, wohin er und seine Frau es geschafft hatten, um all die Barrieren zu überwinden, hatten sie extrem hart gearbeitet, hatten immer noch Sonderaufgaben übernommen, sich immer bemüht, die Besten zu sein. Aber jetzt waren sie auf dem Gipfel, und mit seinen Vergleichen machte sich der Präsident unmöglich. Der Journalist Mark Halperin hatte den Präsidenten im Fernsehen mit einem vulgären Schimpfwort bedacht – ein eindeutiger Missgriff, jedoch kennzeichnend für die teilweise in Washington herrschende Stimmung –, und die Abgeordneten waren sauer, weil er sie mit Kindern verglich.
    Trotz seiner gewaltigen Leistungen und obwohl er sich sein Leben lang erfolgreich bemüht hatte, nie wie sein Vater zu werden, der sich vor jeder Verantwortung gedrückt hatte, erinnerte sein Verhalten in der Öffentlichkeit in diesen bizarren Wochen seltsamerweise entfernt an den längst verstorbenen Barack Obama senior: verbittert, menschenverachtend, voller Groll darüber, dass andere ihn anders einschätzten als er sich selbst.
    Obama war nicht dafür bekannt, sich zu korrigieren oder Fehler einzugestehen. Aber nachdem in letzter Minute doch noch ein Kompromiss erreicht worden war – Ausgabenkürzungen in Höhe von 2 , 4  Billionen Dollar in zehn Jahren und keine neuen Reichensteuern, obwohl Obama diese kategorisch gefordert hatte –, führten er und Valerie Jarrett ein längeres, tiefschürfendes Gespräch über den Fehlschlag. »Was, glauben Sie, haben wir falsch gemacht?«, hatte er gefragt. Manche glaubten, der Fehler sei gewesen, dass sie sich zu sehr auf einen umfassenden Deal versteift hatten; dadurch hatten die Republikaner auf Zeit spielen und ihren Einfluss maximieren können. »Der Präsident ist ein rationaler Mensch, der immer das Beste von anderen denken möchte«, sagte ein anderer Berater. Obamas Hauptfehler bei den Verhandlungen sei seiner Meinung nach gewesen, dass er zu bereitwillig »seine Skepsis hinsichtlich der Republikaner über Bord geworfen« und zu fest darauf vertraut hatte, dass sie kooperieren würden.
    Es war dasselbe Problem, mit dem sich seine Frau seit Jahren herumschlug: Ihr Mann war grundsätzlich positiv eingestellt und auf Versöhnung bedacht; er hatte offenbar eine optimistische Grundstimmung, vertraute darauf, dass sich letztlich alles fügen werde. Auf den Tag fast genau sieben Jahre nach seiner begeisternden Rede über die überschätzten Unterschiede zwischen Demokraten und Republikanern musste er mit den Konsequenzen seines übermäßigen Vertrauens, seiner Naivität, fertig werden. Doch gerade weil seine Versprechungen so vollmundig gewesen waren und so viele inbrünstig an ihn geglaubt hatten, war die Ernüchterung seiner Anhänger umso größer.
    Insgeheim waren seine Berater fassungslos über Obamas Enttäuschung und seinen Zorn. Im Geiste sehe er immer noch die Gesichter seiner Anhänger im Jahr 2008 vor sich, sagten sie, die Menschenmassen in Parks und an Flussufern, manchmal hunderttausend oder mehr. Er begreife nicht, wie seine Präsidentschaft sich so weit von der Version habe entfernen können, an die die Öffentlichkeit glaubte. Obama fand den Gedanken unerträglich, dass man ihn für schwach und erfolglos hielt. »Er weiß, was in ihm steckt und wofür er eigentlich angetreten ist. Das deckt sich nicht immer mit der Realität«, sagte Patrick Gaspard.
    Marty Nesbitt und Eric Whitaker blieben in diesen Wochen so oft wie möglich

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