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Die Obelisken von Hegira

Die Obelisken von Hegira

Titel: Die Obelisken von Hegira Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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Freuden für den Rechtgläubigen ausgestattet? Momad verbot jene Exzesse, die den Körper schwächen und sein Volk davon abhalten könnten, ihre Pflichten auf Erden zu erfüllen.“
    Kiril schüttelte den Kopf. „Es war eine Sünde!“
    „Ich verstehe das Wort nicht“, sagte Bar-Woten.
    „Wie solltet Ihr auch. Nicht mit Tausenden von Morden auf dem Gewissen – und wie viele Vergewaltigungen, wie viele Ausschweifungen ohne Bezahlung?“
    Der Ibisier ließ sein Mundtuch sinken und langte mit einer kräftigen, drahtigen Hand hin, um Kirils Rockaufschläge zu packen. „Ich mißgönne niemandem seinen Glauben, aber keiner soll im Namen irgend eines Glaubens über mich richten. Na gut, dann bin ich eben ein Teufel. Man hat mir das viele Male gesagt. Ich habe nie gestohlen oder vergewaltigt. Ich habe meine Gegner nie in der Schlacht entehrt. Das läßt sich nicht von allen Ibisiern sagen. Ich mag böse sein, aber das Böse in mir muß erst noch meine Wertmaßstäbe verfaulen lassen. Versteht Ihr? Es mag Tag um Tag an mir nagen, aber ich bin immer noch ein Mann mit Rückgrat, und ich beabsichtige, mich durch das Wissen, das wir finden, zu läutern. Meine Untaten muß ich nur vor mir selbst verantworten.“ Er ließ Kiril los und fluchte unterdrückt. „Schwätzt nicht, eßt.“
    Für die Dauer eines langen Atemzugs blieb Kiril noch bebend und wildäugig am Tisch sitzen, dann stand er auf und marschierte hinaus. Barthel schaute mitfühlend hinter ihm drein und äußerte dann die Ansicht, der Bei hätte nicht so in Wut geraten sollen.
    „Er ist jung“, sagte Bar-Woten. „Ich werde mich entschuldigen, wenn er bereit ist, eine vernünftige Entschuldigung anzunehmen, aber ich werde nicht um Vergebung betteln.“
    Kiril lief den Flur entlang, bemüht, nicht auf die Laute zu achten, die aus einigen der Zimmer drangen. Steif ging er die Treppe hinunter in den Empfangsraum, stampfte dann durch die Pforte und trat auf den schlammigen Hof hinaus. Die ganze Zeit über versuchte er zu einer Entscheidung darüber zu gelangen, was er tun sollte. Dieser ganze Wahnsinn, in den er sich da eingelassen hatte, stand ihm bis obenhin.
    Auf seine Aufforderung hin führte der Stalljunge sein Pferd nach draußen und half ihm, den Sattel zurechtzurücken. Kiril scherte sich nicht darum, ob die anderen mit weniger Vorräten zurückblieben. „Sollen sie doch ihr Geld darauf verwenden statt auf weitere Ausschweifungen!“ flüsterte er rauh. Der Junge blickte mit neugierigen Augen zu ihm hoch. „ Vasheesh? “ fragt er in der Mundart von Pashkesh – Trinkgeld?
    „ Mafeesh “, antwortete Kiril. „Meine Taschen sind leer.“
    Er spornte sein Pferd vorwärts und verließ den Hof.
    Pferde drängten sich dicht an dicht über den Scheitel der Straße. Kiril verhielt abrupt am unteren Ende der Gasse. Vor den Pferden her stolperte eine Gruppe blutüberströmter, zerlumpter Männer in weißen Uniformen, sehr ähnlich dem, was er Bar-Woten zuerst hatte tragen sehen. Die Kavalkade kam in seine Richtung, geradewegs nach dem Hofe zu. Die Männer zu Pferde waren Mediwewaner.
    Die Jagdgesellschaft hatte die Grenzen überschritten. Der Heilige Pontiff stöberte sein Wild jetzt sogar in fremden Feldern auf.
    Rufe erhoben sich, als sie seiner ansichtig wurden. „Halt!“ Und ein Schuß dröhnte. Für einen langen, erstarrten Augenblick wich er nicht vom Fleck. Er hatte das Bedürfnis, laut hinauszuschreien, daß er einer von ihnen war, daß er ein Mediwewaner war. Aber er wußte, es war Tollheit, sich ihnen zu stellen, sogar als bloßer Mittäter. Sein Wahnsinn hatte sein einzig mögliches Ende gefunden.
    Er riß das Pferd herum und galoppierte zurück in den Hof. „Bar-Woten!“ rief er. „Barthel! Auf die Pferde! Sie sind hier!“
    Er sah des Ibisiers Gesicht in einem winzigen Fenster im zweiten Stockwerk. Dann verschwand Bar-Woten, und Barthel trat an seine Stelle. „Holt das andere Pferd heraus!“ befahl der Khemite.
    Kiril stieg ab und hielt inne. Wie lange würden die Soldaten bis zum unteren Ende der Straße brauchen, angesichts der Männer, die sie vor sich hertrieben! „Kristos!“ keuchte er. Er rannte zu den Stallungen, stieß den Jungen beiseite und hieb mit der Hand auf den Balken neben jeder Box, während er versuchte, das andere Pferd zu finden. Es war ungesattelt, aber die Decke lag ihm immer noch auf. „Den Sattel!“ fuhr Kiril den Jungen an. „Den Sattel!“
    „ Mafeesh “, antwortete der Junge mit fistelnder Stimme und

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