Die Ochsentour - Mit BUK auf Deutschland Tour
wir selbst aussieht...
Kaum zu glauben, aber letzten Endes kam Paris, gut, eben der Bahnhof von Paris. Ich drückte den Türgriff runter, und die Stufen schossen vor, und ich schmiß das Gepäck runter. Dann half ich Linda raus.
Wir schauten uns um.
»Oh, Hank, es ist keiner da! Was machen wir jetzt?«
»Wir gehen nach draußen, nehmen ein Taxi und fahren zu einem Hotel und regeln die Sache von dort.«
»Wir brauchen eine Karre für das Gepäck.«
»Ich gehe eine holen.«
Das ist ein weiterer Fehler, den die Leute begehen, wenn sie verreisen - sie verkalkulieren sich und verstümmeln sich dann mit nutzlosem Gepäck und nutzlosen Fotoapparaten. Alles, was man braucht, ist eine Reiseschreibmaschine und eine kleine Tasche mit Socken und Unterwäsche, einen Korkenzieher und ein Taschenmesser.
Ich entdeckte eine Gepäckkarre am anderen Ende des Bahnsteigs und ging hin. Ich war fast da, als ich Linda schreien hörte:
»BARBET!«
Er kam von der anderen Seite mit einer Gepäckkarre. Linda rannte auf ihn zu, sprang an ihm hoch und klammerte ihre Beine rund um seine Hüften und küßte ihn. Ich hätte am liebsten dasselbe gemacht, aber ein Mann mit betonter Würde und zehntausend Katern bewegt sich langsamer.
»Barbet, ich freue mich, daß du da bist, tut verdammt gut...«
»Der gute Weißwein ist gekühlt, und da wartet ein Fisch auf euch, ein phantastischer Fisch! Ein Raubfisch und ein ganz phantastisches Biest, ich bin verrückt danach! Und in Amerika, da eßt ihr ihn nicht einmal, dieses ganz phantastische Biest, die essen ihn drüben nicht.
Es ist ein Hecht. Solch ein Maul! So ein Kopf! Er ist riesig und lang und köstlich, und ich bereite ihn selbst zu, ich habe ein Spezialrezept, er wird unheimlich zart sein, und Wein gibt’s vorher, während des Essens und nachher!«
Wir gingen vom Bahnsteig runter und packten alles in sein Auto, das Gepäck und uns selbst, und er fuhr wie der Henker, lachte, kam mehrmals nur knapp um Zusammenstöße herum, er fuhr falsch in Einbahnstraßen, lachte, er spielte gern mit dem Tod, es waren keine Selbstmordabsichten, es war einfach nur interessant. Linda mochte das, und ich ertrug es. Was soll’s, ich hatte meinen dritten Roman fertig, und drei gute Romane, was will der Mensch mehr? Klar, der vierte ging mir durch den Kopf, über meine Kindheit, aber Romane über die Kindheit sind fast unmöglich, sie sind zu wohldurchdacht und langweilig, ich kenne keinen guten. Keiner hat das richtig angefangen. Und ich machte mir Sorgen. Kein Mensch würde mir meine Eltern abkaufen. Totschläger, Sadisten, brave Staatsbürger... naja, Scheiße, wir waren vor dem Haus, wo Barbet wohnte, ein kleiner Fahrstuhl ganz bis nach oben, Gepäck und Leute zusammengepfercht in einem kleinen Drahtkäfig, aufwärts ging’s...
Bulle, seine Freundin war da, später stellte sich heraus, sie war Filmschauspielerin. Barbet hatte mir Zeitungsausschnitte zugesteckt:
»Gib sie mir zurück und sage ihr nicht, daß ich sie dir gezeigt habe. Sie ist sonst unheimlich sauer.«
Bulle hatte so ihre Eigenart, aber man konnte gut mit ihr auskommen, blond und sportlich. Mit talentierten Leuten sollte man in normalen Lebenssituationen so seine Schwierigkeiten haben auszukommen - das hatte ich gelesen, und man hatte es mir erzählt, und ich hatte es in Filmen gesehen. Aber ich fand heraus, daß dem nicht so war. Je talentierter Leute waren, desto umgänglicher fand ich sie; sie mußte sich ihre schlechten Augenblicke für das Alleinsein aufgehoben haben.
Der Wein kam, und Barbet machte die Flasche auf, goß die Gläser voll, und wir nippten daran-ausgezeichnet. Dann ging Barbet in die Küche und kam mit dem Fisch zurück.
»Schaut ihn euch an! Kuckt mal die Zähne! Was für ein herrliches Vieh!«
Er hing da in seinen Händen tot vor unseren Augen und früher als wir, dieser lange, schlanke Ex-Killer, und selbst im Tod sah er
schön aus, ohne Fehl und Tadel, kein Gramm Fett zuviel, ohne alle Schnörkel, eine perfekte Schöpfung-etwas Quicklebendiges, das herumsauste und -tobte und sich umschaute und schwamm, keine Ethik, keine Bibel, keine Freunde.
»Ich bereite ihn jetzt zu«, sagte Barbet.
Er verschwand mit dem Fisch und kam bald wieder mit dem elektrischen Reiskocher zurück. Das Problem mit dem Kocher war, daß der Stecker nicht in die Steckdose an der Wand paßte, und nun Obacht - Barbet fummelte ein paar Drähte da und dort ran, verband sie miteinander, es gab eine kleine Explosion, er lachte (wieder das
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