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Die Ochsentour - Mit BUK auf Deutschland Tour

Titel: Die Ochsentour - Mit BUK auf Deutschland Tour Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Bukowski
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meine Güte«, sagte ich, »der arme Barbet wird in Paris am Bahnhof auf uns warten, und wir sind nicht da.«
    Wir saßen da und tranken den Wein.
    Dann kam der Mann mit dem Getränkewagen wieder. Er brachte weitere acht Flaschen Wein.
    »Das war sehr lieb von Ihnen«, sagte ich.
    »Ich bitte Sie«, sagte er, »war doch selbstverständlich.«
    Ich bezahlte den Wein und gab ihm ein Trinkgeld. Er schob mit seinem Wagen davon.
    »Ein kleiner Trost in dem ganzen Schlamassel«, sagte ich. »Eigentlich«, sagte Linda, »ist das gar nicht so schlecht, wieder in Heidelberg zu sein. Ich fand es dort ganz gut. Ich werde mir das Schloß noch mal ansehen.«
    »Linda, alles, was ich will, ist zurück nach Hollywood. Ich will mich an einen Tortillastand lehnen und auf die Straße starren.«
    Wir saßen da und tranken und schauten in die Nacht hinaus.
    »Ich frage mich«, sagte Linda, »warum wir nicht den Mann mit dem Getränkewagen gefragt haben, wo der Zug hinfährt? Er hat doch perfekt englisch gesprochen. Ich glaube, ich war zu aufgeregt wegen des Weins.«
    »Wir können ja den Schaffner fragen.«
    »Ja.«
    Ich stand auf und wartete auf den Schaffner. Sonst waren sie immer sofort im Abteil. Ich sah einen nicht weit weg.
    »Heh!« schrie ich, »Heh!« Er hörte mich nicht und verschwand. Ich sah einen gemütlich aussehenden Mann im Gang, der aus dem Fenster sah. Ich ging zu ihm hin und stand nun da. Er tat so, als wäre ich Luft fiir ihn. Ich sagte in Englisch:
    »Entschuldigen Sie bitte, fährt dieser Zug nach Paris?«
    Er deutete auf seine Armbanduhr.
    »Ich weiß, wie spät es ist«, sagte ich, »was ich wissen will ist, ob dieser Zug nach Paris fährt oder nicht. Fährt dieser Zug nach Paris?«
    Er stand dort unverändert und schaute aus dem Fenster. Er antwortete nicht. Ich zog ihn am Ärmel.
    »Fährt dieser Zug nach Paris?«
    Er schaute auf seine Uhr.
    »Es ist Viertel nach sieben«, sagte er.
    Ich hatte schon ganz schön Wein intus. Ich ging näher an ihn ran. »Ich frage Sie nicht noch einmal. Und wenn Sie die Zähne nicht auseinanderkriegen, dann - und da kenne ich mich genau - wird Ihnen was Schreckliches passieren. Also zum letzten Mal: Fährt dieser Zug nach Paris?«
    »Ja«, sagte er.
    »Ich danke Ihnen«, sagte ich.
    Ich ging zum Abteil zurück und setzte mich hin.
    »Wir fahren nach Paris«, sagte ich zu Linda Lee.
    »Woher weißt du das?«
    »Ich habe einen Herrn gefragt.«
    Der Wein schmeckte besser als je zuvor, und als nicht allzu spät danach die französischen Zöllner einstiegen, wußten wir, daß wir in der richtigen Richtung unterwegs waren. Ich bewunderte ihre Uniformen und ihre Tüchtigkeit. Als kleiner Junge hatte ich Spielzeugsoldaten, Franzosen, Amerikaner und Deutsche. Ich zog auf meiner Bettdecke Schützengräben, und es kam zu Gefechten, aber am Ende siegten immer die Deutschen. Wir mußten durch zwei verschiedene Arten von Zoll durch; ich bin mir nicht ganz sicher, aber die ersten schienen so was wie Polizisten und die anderen Leute von der Armee zu sein. Die von der Armee gefielen mir besser, die waren nicht ganz so fett und dafür selbstbewußter. Egal, Paris kam uns näher. Was für ein miserabler Schriftsteller war ich doch, hatte ich doch keinen von den Namen der Städte oder Orte aufgeschrieben, nichts über die Sehenswürdigkeiten, Feste und großartigen Eindrücke. All das war sowieso Schund. Selbst die Modernen gaben zu, daß Paris passé sei. Auf mich machte es den Eindruck, ein Ort zu sein, an dem man genausogut verrückt werden kann wie sonstwo. Die Tage der amerikanischen Touristen waren sowieso vorbei. Jetzt fuhren nur noch Geschäftsleute und Ganoven und die fast ganz reichen Leute hin. Die wirklich Reichen konnten sich das nicht erlauben, man hätte sie gekidnappt. Je weniger Geld sich dort aufhielt, desto verzweifelter wurden jene ohne es, die aber ohnehin als einzige in der Lage waren, nachzudenken. Die anderen lebten wie brave Leute vor sich hin und sahen fern, wenn sie es sich leisten konnten fernzusehen. Jene anderen, die als einzige in der Lage waren nachzudenken, die kein Geld hatten, denen konnte man nicht allzu viele Vorwürfe machen, daß sie sich nicht blendend fühlten, und wenn ihre Methoden ähnlich grausam wurden wie die ihrer Aufpasser, fiel es schwer, Partei zu ergreifen und zu sagen, nun, dies ist richtig und jenes falsch, und das hätten sie vielleicht nicht machen sollen. Aber das ist das ewige Problem der Besserung, auf das der Patient seit Jahrhunderten

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