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Die Oder gluckste vor Vergnügen

Die Oder gluckste vor Vergnügen

Titel: Die Oder gluckste vor Vergnügen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf Ulrici
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anzuhören?« rief ich wütend.
    Unter wilden Flüchen tuckerte er weiter, während ich meine Schöpfarbeit verbissen aufnahm. Schließlich war das Wasser so weit heraus, daß ich die Pumpe benutzen konnte. Die Haare hingen mir in die Stirn, die Krawatte, die immer an der Pumpe hängenblieb, ging in Fetzen.
    »Hallo?!« rief jemand bestürzt am Kai. Zwischen den Gaffern erschienen Bibi und Cotta und beugten sich entgeistert herab. Beide in Gala, mit Cape und Balltäschchen und weißen Handschuhen.
    »Deine Hose!« rief Bibi.
    »Aber Rex«, rief Cotta, »wie siehst du denn aus?« Daß da Wasser im Boot war, kümmerte sie in der Eile nicht. »Ja um Himmels willen, was machst du denn?«
    »Reunion«, sagte ich.
    »Ausgerechnet jetzt gehst du auf das dumme Boot!«
    »Eine Stunde später wären die Fische draufgegangen«, sagte ich.
    Bibi und Cotta berieten. Dann Bibi: »Rexchen, wenn du Wert drauf legst, zieh’ ich mich um und helfe dir.«
    »Ich auch«, sagte Cotta.
    Ich sah die enttäuschten Gesichter. »Geht schon vor«, sagte ich. »Werd’s schon schaffen.«
    »Aber nur, wenn du uns keine Vorwürfe machst!«
    Sie gingen. Hinter einem Mädchen, das zum Tanzen will, kann getrost das Haus zusammenstürzen, Hauptsache, das Ballhaus steht.
    Die Leute am Kai besorgten mir ein Boot zum Abschleppen. Pustekohls Jacht wurde zur Hafeninsel gebracht, wo der Bootsbauer Delkow wohnte. Herr Delkow versprach, das Wrack aufs Trockene zu ziehen und das Leck zu verpichen.

Duell mit Leutnant Lümmel

    Als ich in die Pension kam, war es dunkel. Ich zog meine alten Sachen an und lief zum Kurhaus. Das Fest war in vollem Gange. Im Garten, auf der Tanzfläche unter bunten Lampions, drängten sich die Paare. Bibi und Cotta entdeckte ich nicht, dafür aber die Mitschülerin Gerda und ihre Eltern. Sie saßen an zusammengestellten Tischen mit Bowle und vielen Gläsern.
    »Hallo!« sagte das hagere Mädchen. »Hallo, hier!« Ich erfuhr, daß Bibi und Cotta dort auch ihre Plätze gehabt hatten. Vater und Mutter blickten mißmutig auf die Tanzfläche. Die Begrüßung war recht frostig, aber sie hatten schon einen Stuhl und ein Glas für mich, und so klebte ich da eine Weile fest. Gerda sah, daß ich nach Bibi und Cotta Ausschau hielt.
    »Geben Sie sich keine Mühe«, sagte sie. »Die sind uns aus den Augen.«
    »Ts, tja«, machte die Mutter. Der Vater trommelte auf die Tischplatte. »Ich verstehe nur die Eltern nicht«, sagte die Mutter, »zwei, so offenkundig vergnügungssüchtige Dinger ohne Kontrolle zu lassen. Besonders die Barbara.«
    »Hm«, brummte Herr Millbratt. Gerda goß mir zaghaft Bowle ein.
    »Sie kennen den Herrn Percotta?« fragte die Frau.
    Ich sagte, wir kennten uns allesamt durch meine Tante. Tante klang immer gut. Die Tante sei mit der Gattin des Ministers bekannt. Bei dem Wort »Minister« lachte Herr Millbratt kurz durch die Nase.
    »Das arme Kind«, sagte Frau Millbratt. Womit sie ebenfalls darauf anspielte, daß der Name Percotta bei den Hitlerleuten in Mißkredit war.
    Ich ging mit Gerda tanzen. Gerda war so neugierig, daß mir schien, sie starrte mir Löcher ins Gesicht. Sie war nicht häßlich, nur von so einer Albinoblondheit. Und weil das Sonnenbaden in der Familie anscheinend Götzendienst war, eine Spur zu verbrannt.
    »Nicht so weit von meinen Eltern weg«, sagte sie.
    Ich hatte nicht die Absicht, mit ihr unterzutauchen. Ich spähte verstohlen durch die Menge.
    »Im Haus ist noch eine Tanzfläche. Da sind sie. Schon die ganze Zeit mit denselben Tänzern«, sagte Gerda. Sie sah mich dreist an, wie ich das wohl aufnehmen würde. »Die Percotta hat mir erzählt, daß Sie lange unterwegs sind. Na, ist ja ein Wunder, daß sie mir überhaupt etwas erzählt hat.«
    »So.«
    »Sie trägt die Nase immer ziemlich hoch. Die Rufus ja nicht, aber sie kümmert sich auch nur um das, was ihr Vergnügen macht.«
    »Na, warum auch nicht«, knurrte ich verdrossen. Es ärgerte mich, daß sie meine Unruhe bemerkte. Und daß es ihr ein Anlaß zur Schadenfreude war. Ich brachte sie an den Tisch und wartete, bis jemand sie zum nächsten Tanz auf forderte. Dann machte ich mich schleunigst davon.
    Im Kurhaus war genausoviel Betrieb wie im Garten. Ich zwängte mich durch die Menge, auf der Suche nach einem meergrünen Kleid mit Ponys und einem kupferfarbenen mit Turmfrisur. Da hörte ich aus einer Nische: »Wasser mußten wir schöpfen, Wasser, Wasser, Ich glaube, wir haben das Haff von Grund aus umgeschöpft. Nicht, Bibi?«
    »Ja. Und

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