Die Oetkers - Geschaefte und Geheimnisse ber bekanntesten Wirtschaftsdynastie Deutschlands
Nussnougat reichte der Marktanteil für den zweiten Rang.
|255| Bei der Personalauswahl bewies Oetker eine gute Nase. Als er bei den Schwartauer Werken das Ruder übernommen hatte, hatte er zwei Vertraute in das Unternehmen geholt. Einer war Werner Holm, den Oetker beim Studium in Köln kennen gelernt hatte. Hinzu kam von McKinsey Lutz Peters. Arend Oetker sorgte dafür, dass sich die beiden Manager mit ihrer Aufgabe identifizierten, indem er sie mit jeweils fünf Prozent an der Firma beteiligte. Die Konstruktion bewährte sich außerordentlich. Binnen 20 Jahren sollte sich der Umsatz der Schwartauer Werke auf 600 Millionen Mark verzehnfachen.
Diese Steigerung geschah auch durch Zukäufe. Unter Oetkers Ägide kauften die Schwartauer Werke eine Reihe kleiner Nahrungsmittelfirmen wie etwa die auf Pflaumenmus und Nussnougatcremes spezialisierten Winsenia Nahrungsmittelwerke in Winsen an der Luhe. Keinen Erfolg hatte Oetker dagegen mit seinem Versuch, sich mit seinen Schwartauer Werken auf dem Tierfuttermarkt zu etablieren. Nach Tests wurde »Fido« Anfang der achtziger Jahre wieder aus dem Markt genommen.
Während Manager die Alltagsarbeit machten, entwarf Arend Oetker die Strategie und zog die Fäden im Hintergrund. Er gründete eine Arend Oetker Holding, über die er seine Firmenbeteiligungen kontrollierte. Sein Büro unterhielt er in seiner Studienstadt Köln. Zwar lagen seine wichtigsten Beteiligungen in Schleswig-Holstein und in Bielefeld, aber Oetker hatte weitere Ambitionen, für die der Standort am Rhein besser war. Arend Oetker wurde zum begeisterten Kunstsammler, und Köln war die deutsche Kunststadt. Zudem zog es den Industriellen in die großen mächtigen Wirtschaftsverbände. Schon 1977 rückte er mit 38 Jahren als jüngstes Mitglied in das Präsidium des Bundesverbandes der Deutschen Industrie ein. Im Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft vertrat er den Vorsitzenden.
In Köln lebte auch Arend Oetkers Familie. Der Industrieerbe hatte standesbewusst geheiratet, als er Ende der sechziger Jahre Claudia Wolff von Amerongen zur Frau nahm. Sie war die jüngste der drei Töchter des Kölner Stahlindustriellen Otto Wolff von Amerongen, einem der einflussreichsten deutschen Unternehmer der Nachkriegszeit |256| . Den mächtigen und tüchtigen Schwiegervater sah Oetker mit Bewunderung. Wolff von Amerongen hatte 1940 mit nur 22 Jahren im Unternehmen seines kurz zuvor verstorbenen Vaters angefangen. Seit er in den fünfziger Jahren einen Handelsvertrag mit der Sowjetunion vorbereitet hatte und einen weiteren mit China, galt er als der große Diplomat der deutschen Wirtschaft. Als Präsident des Deutschen Industrie- und Handelstages, zu dem er 1969 gewählt wurde, gefiel sich Wolff in der Rolle des jovialen Grandseigneurs der deutschen Wirtschaft.
Bei den Schwartauer Werken konnte Arend Oetker bald schalten, wie er wollte. Manches spricht dafür, dass der junge Unternehmer schon in den siebziger Jahren dafür gesorgt hat, dass neben ihm keine weiteren Familienmitglieder Beteiligungen an der Konfitürefirma behielten. Die vier jüngeren Geschwister müssten demnach ausbezahlt oder mit anderem Vermögen abgefunden worden sein. Bekannt wurde lediglich, dass Arends Mutter Ursula Oetker Ende der siebziger Jahre ihren 25-Prozent-Anteil an der Druckerei E. Gundlach an Richard Kaselowsky verkaufte, der zu diesem Zeitpunkt schon fast 30 Jahre an der Spitze des Unternehmens stand. Sie versetzte ihren jüngeren Halbbruder damit in die Lage, das Unternehmen später komplett an seine Tochter und deren Ehemann übertragen zu können, ohne dass diese sich weiter mit den Oetkers abstimmen mussten. Es ist denkbar, dass der Erlös aus dieser Transaktion Arends Geschwistern zufloss.
Auf Arend Oetker, der sich als Sanierer bei mittelständischen Firmen bewiesen hatte, kam unerwartet eine neue und ungleich größere Aufgabe zu. Mitte der achtziger Jahre begann das Imperium seines umtriebigen Schwiegervaters zu bröckeln. Eine Ursache der Schwierigkeiten, in die die Kölner Stahlgruppe geriet, war der unüberlegte Kauf eines Stahlwerkes in Texas einige Jahre zuvor. In diesem US-Bundesstaat besaß Otto Wolff von Amerongen eine große Ranch. Nachdem er das Werk 1980 übernommen hatte, war die Stahlkonjunktur eingebrochen.
Außerdem hatten sich zwei riesige Bohranlagen, die der Otto-Wolff-Konzern nach Brasilien und Südafrika lieferte, als Zuschussgeschäft |257| entpuppt und in der Unternehmenskasse für ein Minus von 50
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