Die Oetkers - Geschaefte und Geheimnisse ber bekanntesten Wirtschaftsdynastie Deutschlands
Oetker und einige andere Mitglieder der Familie verkauften ihre Anteile an der Unternehmensgruppe an den Stahlriesen Thyssen. Der Kaufpreis lag bei 500 Millionen Mark.
Eines der letzten großen Familienunternehmen hatte aufgehört, zu existieren. »Der Verkauf ist das Eingeständnis des Scheiterns«, kommentierte der
Spiegel
. Tatsächlich war er aber wohl mehr der logische Endpunkt einer Entwicklung, da Thyssen bereits jeweils 50-Prozent-Anteile an den Otto-Wolff-Firmen Rasselstein und Stahlwerke Bochum besessen hatte. Und wenn man aus heutiger Sicht die Tatsache berücksichtigt, dass Thyssen selbst wenige Jahre später seine Eigenständigkeit verlieren und mit Krupp fusionierte sollte, muss man feststellen, dass Wolff von Amerongen und Oetker bei ihrem Ausstiegsentschluss die industrielle Logik sehr wohl auf ihrer Seite hatten. Überdies standen sie unter Zeitdruck, wenn sie verkaufen wollten. 1990 lief eine befristete Ausnahmeregelung aus, nach der Beteiligungsverkäufe mit dem halben Steuersatz belegt wurden. Die Gelegenheit wollten Wolff und Oetker nicht ungenutzt verstreichen lassen.
Während Wolff und Oetker bei der Sanierung und dem anschließenden Verkauf der Stahlhandelsgruppe gemeinsame Sache gemacht hatten und an der Kölner Zeughausstraße in benachbarten Büros arbeiteten, war das Verhältnis zwischen Arend Oetker und seiner Frau abgekühlt. Nach gut 20 Jahren trennten sich die Eheleute. Die Verbundenheit zwischen Otto Wolff und seinem Schwiegersohn aber blieb.
Zur gleichen Zeit, als sich Arend Oetker Meriten als Sanierer der Otto-Wolff-Gruppe machte, gelangen auch seinem jüngsten Bruder Roland Oetker die ersten großen Karriereschritte. Der zehn Jahre jüngere Roland hatte nach dem Abitur eine Ausbildung beim Bankhaus Sal. Oppenheim in Köln absolviert und später Jura und Volkswirtschaft studiert.
|260| Nach dem juristischen Staatsexamen hatte er 1983 bei der Deutschen Bank in Frankfurt angefangen. Dort hatte er vornehmlich Unternehmen betreut, die an die Börse gehen wollten. Darunter waren die Modefirma Escada AG und der Einzelhandelskonzern Massa AG. 1986 warb dessen Gründer Karl-Heinz Kipp Roland Oetker ab und holte ihn in den Vorstand des Handelsunternehmens, das zu dieser Zeit in Deutschland 28 SB-Warenhäuser betrieb.
Es blieb ein kurzes Gastspiel. Schon im Sommer 1987 verließ der 37-jährige Oetker die Firma wieder. Die Verhältnisse hatten sich in kurzer Zeit grundlegend geändert. Denn für Oetker überraschend, hatte Kipp seine Massa-Aktien an die Asko-Gruppe verkauft. Mit deren Chef Helmut Wagner kam Oetker nicht klar. Er verließ die Firma Hals über Kopf. Über ein Anwaltsbüro ließ Oetker bei seinem Ausstieg eine Erklärung verbreiten, in der »von unüberbrückbaren Meinungsverschiedenheiten in einer zentralen Frage der langfristigen Unternehmenspolitik« die Rede war. Branchenjournalisten gegenüber deutete Oetker an, dass er den von Kipp geplanten Ausstieg bei Massa »nicht durchschaut« hatte. Möglicherweise sei er »in irgendeiner Form benutzt worden«. Fortan konzentrierte sich Roland Oetker, der auch als Anwalt beim Landgericht Düsseldorf zugelassen war, auf die Verwaltung des Familienvermögens. Er beriet Firmen wie die Biotechnikgruppe Leidinger in Hamburg. Im beruflichen Alltag pflegte er sich zeitweilig als Mitglied der »ärmeren Oetker-Linie« vorzustellen.
Tatsächlich war ja nicht zu leugnen, dass Rolands Mutter Ursula bei der Aufteilung des Familienvermögens schlechter abgeschnitten hatte als ihr geschäftstüchtiger Bruder Rudolf-August. Die Erbteilung hätten Ursula Oetkers Söhne als ein »schreiendes Unrecht« empfunden, befand die Journalistin Heide Neukirchen 1991 in einem Beitrag für die
Welt am Sonntag,
der die Überschrift trug
:
»Der Streit um das Oetker-Erbe war der Antrieb zum Erfolg«.
Ohne Zweifel legte die Journalistin den Finger in eine nicht ganz verheilte Wunde, als sie schrieb: »Als Jugendliche nahmen sich die Brüder Arend und Roland Oetker vor, ihrem Onkel, dem Besitzer des Backpulverimperiums, zu beweisen, dass sie auch aus einer ›minderwertigen |261| Position‹ nach oben kommen konnten.« Arend Oetker hatte es zwar vermieden, direkt über den Onkel und das Erbe der Mutter zu sprechen. Aber er räumte ein, dass es ihm in seinem Unternehmerleben um den Beweis gegangen sei, aus einer »minderwertigen Position« Großes erreichen zu können. Doch als er einige Jahre später ein zweites Mal auf das heikle Thema der
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