Die Oetkers - Geschaefte und Geheimnisse ber bekanntesten Wirtschaftsdynastie Deutschlands
Arbeitern und Angestellten »in die Gesellschaft« lasse noch zu wünschen übrig – sie stünden also noch außerhalb oder am Rande. Zugleich wies |253| er aber Forderungen zurück, wonach die Familienunternehmer in der Pflicht stünden, für ihre Belegschaft mehr zu tun, als in Tarifverträgen vereinbart wurde. »Die Zeit hoher betrieblicher, freiwilliger Sozialleistungen ist allerdings vorbei.«
In seiner Arbeit charakterisierte er mehrere Typen von Familienunternehmern, die es auch im Oetker-Clan gegeben hatte. Mit seiner Beschreibung des Eigentümerunternehmers charakterisierte er einen Typus, dem sein Onkel Rudolf-August weitgehend entsprach: »Oberstes Ziel der Eigentümer ist es, bei angemessener Rentabilität ihr Unternehmen langfristig zu sichern. Sie haben den Wunsch, dass eines Tages ihre Kinder bzw. ihre Söhne das Unternehmen nach ihrem Tode fortführen.« Arend Oetkers Charakterisierung des angestellten Unternehmers wiederum liest sich so, als habe sein Stiefgroßvater Richard Kaselowsky Pate gestanden, dem ja nur ein kleiner Teil der Firma gehört hatte. Diesem Typus gehe es weniger um den reinen Erhalt des Unternehmens, schrieb Arend Oetker: »Die Größe des Unternehmens, der Umsatzzuwachs, erhöhen die Wichtigkeit seiner Position und damit auch sein Sozialprestige, während für den Eigentümer seine Unabhängigkeit einen größeren Wert besitzt.«
Am Beispiel der Firma Krupp erläuterte Oetker einen typischen Fehler von Familienunternehmen: ihre Trägheit. »Die Leitung des Unternehmens hatte zu selten den unternehmerischen Mut, sich von einem traditionellen Betriebszweig zu lösen, der langfristig unrentabel war, und versuchte demgegenüber zu selten, in neue rentable Produktionsgebiete vorzustoßen.« Auf diese Weise war der Stahlkonzern im Frühjahr 1967 in eine existenzbedrohende Krise geraten.
Bei den Oetker-Beteiligungen sah es zu dieser Zeit allerdings auch nicht viel besser aus. Ursula und Ernst Oetker hatten sich zu wenig um ihren industriellen Besitz gekümmert. Die Schwartauer Werke, Kochs Adlernähmaschinen und die Saftfabrik Altländer Gold waren am Ende der Wirtschaftswunderjahre nur noch Schatten ihrer selbst. Alle drei Unternehmen wirtschafteten schlecht.
Die Lage spitzte sich so zu, dass Arend Oetker seinen Lebensplan ändern musste. Nach dem Studium und der Dissertation hatte er zunächst |254| für einige Jahre ins Ausland gehen wollen, bevor er sich um die Verwaltung des Familienvermögens kümmerte. Aber nun sah es so aus, als könnte es bald nichts mehr zu verwalten geben. »Ich musste retten, was zu retten war« – mit diesen Worten beschrieb er seine Situation später in der
Wirtschaftswoche
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Mit 28 Jahren machte sich Arend Oetker daran, den Beteiligungsbesitz der Familie zu sanieren. Die Bestandsaufnahme ergab, dass die Schwartauer Werke zwar keinen Gewinn abwarfen, aber immerhin ihre Kosten erwirtschafteten. Dagegen stand die Kochs Adler AG, wie sich die Firma nun nannte, kurz vor der Pleite. Sie produzierte neben Haushaltsnähmaschinen auch Schreibmaschinen, vermochte aber auf beiden Gebieten nicht, der japanischen Konkurrenz standzuhalten. Am schlechtesten stand es um Altländer Gold, in Oetkers Worten war die Firma tatsächlich ein »Saftladen«. Doch dem Jungunternehmer gelang es, einen Käufer zu finden und den Verlust für die Familie auf zwei Millionen Mark zu begrenzen.
Aus dem Aufsichtsrat heraus dirigierte Arend Oetker die Kochs Adler AG auf einen neuen Kurs. Das Unternehmen konzentrierte sich unter seiner Ägide auf die Produktion von Spezialnähmaschinen für die Industrie, bei der es im Wettbewerb eine starke Position hatte. Die Fertigung wurde völlig erneuert. Das angestammte Firmengrundstück in der Bielefelder Innenstadt wurde geräumt und eine moderne Fabrik entstand vor den Toren der Stadt.
Auch für die Schwartauer Werke entwarf Arend Oetker eine neue Strategie. Sie bestand darin, sich auf solche Märkte zu konzentrieren, die den großen Lebensmittelkonzernen zu klein waren. Auf diesen Feldern wollte Arend Oetker die Marktführerschaft erobern, mindestens aber den zweiten Platz unter den Anbietern. Wo das nicht gelang, wollte er aussteigen. Tatsächlich gaben die Schwartauer Werke die Bonbonproduktion auf, als sie das von Oetker gesetzte Klassenziel nicht erreichten. Dagegen gelang es dem Unternehmen, sich sowohl bei Marmelade als auch bei Back- und Dekorartikeln auf dem Spitzenplatz zu behaupten. Bei zuckerfreiem Kaugummi (»Vademecum«) und
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