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Die Oetkers - Geschaefte und Geheimnisse ber bekanntesten Wirtschaftsdynastie Deutschlands

Titel: Die Oetkers - Geschaefte und Geheimnisse ber bekanntesten Wirtschaftsdynastie Deutschlands Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruediger Jungbluth
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Kuxenmarkt« promoviert.
    Am 14. August 1919 heiratete Dr. Richard Kaselowsky die Witwe seines Freundes Rudolf Oetker. Die Hochzeit wurde in Bad Nauheim gefeiert, wo die Eltern des Bräutigams lebten. Die junge Ida Kaselowsky war froh, dass ihre beiden Kinder auf diese Weise einen Vater bekamen, und auch ihre Schwiegermutter Caroline Oetker sah die Verbindung mit Wohlgefallen. Sie kannte den jungen Kaselowsky als Freund ihres verstorbenen Sohnes schon seit vielen Jahren. Die »Frau Kommerzienrat« war eine standesbewusste Dame, und es gefiel ihr, dass die |108| Heirat ihrer Schwiegertochter mit Kaselowsky zwei Bielefelder Industriellenfamilien miteinander verband.
    Ihr Ansehen verdankte die Familie, deren Wurzeln in Tilsit bei Königsberg liegen, einem Vorfahren namens Ferdinand Kaselowsky. Dieser kluge und tatkräftige Mann war Mitte des 19. Jahrhunderts aus Potsdam nach Bielefeld gezogen, um dort eine Textilfabrik zu bauen. Ferdinand Kaselowsky war ein begnadeter Techniker und Maschinenbauer gewesen. Bevor er nach Bielefeld gezogen war, hatte er im Auftrag des preußischen Staats im schlesischen Erdmannsdorf eine große Flachsspinnerei aufgebaut. Sogar in England hatte er in der Textilindustrie gearbeitet, um Erfahrungen zu sammeln.
    Nach Bielefeld hatte ihn dann eine Gruppe alteingesessener Leinenkaufleute unter Führung von Hermann Delius geholt. Sie hatten eine jener maschinellen Spinnereien aufbauen wollen, wie sie in England mit großem Erfolg betrieben wurden, und Kaselowsky war ihnen als technischer Leiter empfohlen worden. 1855 hatten die Aktionäre Ferdinand Kaselowsky zum Gründungsdirektor ihrer Ravensberger Spinnerei ernannt und ihn auch am Kapital beteiligt.
    In kurzer Zeit hatte Richard Kaselowskys Großonkel die Spinnerei zu einem erfolgreichen Betrieb entwickelt und war dabei reich geworden. Anfang der 1860er Jahre war er der größte Steuerzahler der Stadt. Von seinem Geld hatte er sich das prächtigste Anwesen in Bielefeld gekauft. Um das Haus ließ er einen großen Park mit Kastanien, Buchen und Platanen anlegen, für den sich unter den Bielefeldern schnell der Name »Kaselowskys Garten« eingebürgert hatte. Später einmal sollte daraus der Stadtgarten von Bielefeld werden. Das Objekt war für Ferdinand Kaselowsky mehr als ein Haus gewesen, es war ein Ausweis des Aufstiegs für den Zugezogenen. »Man möchte glauben, dass Kaselowsky den Kauf gerade dieses Grundstücks betrieb, weil er den Erfolg als eine späte symbolische Aufnahme in das Bielefelder Leinenpatriziat verstehen konnte«, schrieb sein Biograf Peter Lundgreen.
    Weil Ferdinand Kaselowskys Ehe kinderlos geblieben war, hatte der Unternehmer anderen Mitgliedern seiner Familie zum Aufstieg verholfen. Von dieser Fürsorge hatte vor allem sein Neffe Richard profitiert |109| wie auch dessen gleichnamiger Sohn, der spätere Ehemann der Ida Oetker. Nach Ferdinand Kaselowskys Tod war Richard Kaselowsky senior in die hochherrschaftliche Villa eingezogen, wo dann auch sein Sohn aufwuchs.
    Als der junge Richard Kaselowsky im Sommer 1919 die Oetker-Witwe heiratete, war das eine Eheschließung in schwieriger Zeit. Schon bald nach der Hochzeit zogen sich dunkle Wolken über der Familie und dem Unternehmen Dr. August Oetker zusammen. Die spektakulären Absatzerfolge beim Backpulver und Puddingpulver waren die Folge einer über die Kriegsjahre aufgestauten Nachfrage gewesen. Schon im Mai 1920 war der Boom wieder vorbei. Ein Rückgang war zu erwarten gewesen, doch mit einem so scharfen Einbruch hatte niemand gerechnet: Die Bestellungen der Händler fielen um 75 Prozent. Nun erwies sich, dass es ein Fehler gewesen war, Rohstoffe in einer Menge zu bestellen, als würde der Boom ewig dauern.
    Aber das war nicht mehr zu ändern. Die Ware war geordert worden, und die Chemische Fabrik Goldenberg hatte, wie bestellt, geliefert. Die Lager waren voll. Doch Oetkers Einnahmen brachen schlagartig weg. Die Bielefelder Firma konnte die Rechnungen ihres Lieferanten nicht bezahlen. Im Sommer 1920 erreichten die Schulden eine Höhe, die nun auch die langjährigen Geschäftsfreunde im Rheingau beunruhigte. Oetker-Teilhaber Fritz Behringer hatte das Familienunternehmen in eine bedrohliche Situation manövriert, und es war unklar, wie es weitergehen konnte.
    Die Verbindungen zwischen Oetker und der Chemischen Fabrik Goldenberg waren zu diesem Zeitpunkt schon sehr gefestigt. Dr. Oetkers Backpulver war damals noch ein biologisches Produkt. Anstelle eines chemischen

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