Die Oetkers - Geschaefte und Geheimnisse ber bekanntesten Wirtschaftsdynastie Deutschlands
um den Fortbestand ihres Volkes und ihrer Nation zu sichern«.
Viele der rund 2500 Oetker-Beschäftigten waren in feldgrauer Uniform zum Festakt erschienen: Soldaten auf Heimaturlaub. Der prominenteste Zuhörer unter den Gästen war Dr. Alfred Meyer, Gauleiter des Gaues Westfalen-Nord der NSDAP. Diese Parteiorganisation feierte in derselben Woche ihr zehnjähriges Bestehen. In das Veranstaltungsprogramm der Partei war auch das Oetker-Jubiläum aufgenommen worden. Firmenchef Kaselowsky bedankte sich artig für diese Ehre und sagte, das Fest habe »dadurch eine Weihe erhalten, die wir ihm in diesen Kriegszeiten sonst nicht hätten geben können«.
Der »Betriebsführer« rekapitulierte in seinem Vortrag die Geschichte des Unternehmens von seinen Anfängen an. Dabei waren |163| seine Worte ganz im Ton der Zeit. Das Unternehmen sei seit jeher ein sozialer Betrieb und eine »Arbeitsheimat« der Beschäftigten gewesen, schwadronierte Kaselowsky: »Aber mit wirklicher innerer Wärme und Freude konnte man sich der Menschenführung erst dann widmen, als mit der Machtergreifung die Barrieren der Vorurteile und Klassenunterschiede verschwanden und Betriebsführer und Gefolgsleute sich wieder als Soldaten und Kameraden im Heer der Arbeit gegenübertraten.« Das klang fast sozialistisch.
Die Oetker-Betriebe in Danzig und in Wien hätten nach der »Heimkehr ihrer Länder ins Reich« große wirtschaftliche Erfolge »im Leistungskampf« errungen, hob Kaselowsky hervor. Er berichtete freimütig, dass der Ausbruch des Kriegs dem Unternehmen gut bekommen sei. »Trotz mancherlei Schwierigkeiten, die durch Einberufungen, Dienstverpflichtungen, Einarbeiten von Ersatzkräften, Mangel an Arbeitskräften eingetreten sind, ist es gelungen, durch rationellste Ausnutzung aller technischen Möglichkeiten die Produktion mengenmäßig erheblich zu steigern und den uns zugewiesenen Versorgungsausgaben gerecht zu werden.«
Aus Angst vor Spionage mochte der Betriebsführer nicht die Zahlen zu den Oetker-Lieferungen an die Wehrmacht nennen, die er sich notiert hatte. »Ich darf Ihnen aber hier vielleicht, ohne militärische Geheimnisse auszuplaudern, erzählen, dass unsere Soldaten, wo auch immer sie gekämpft haben mögen, ob in Polen oder in Norwegen, in Belgien oder in Holland, immer wieder berichteten, dass sie überall den ›Hellen Kopf‹ angetroffen haben als vertrauten Gruß der Heimat.«
Im Namen seiner Schwiegermutter Caroline Oetker, der die Firma immer noch zu 70 Prozent gehörte, kündigte Kaselowsky an, dass es Jubiläumsprämien für die Mitarbeiter geben werde und dass die Betriebsrenten erhöht werden sollten. Schon bei ihrem 60. Geburtstag 1927 und ihrem 70. hatte sich die Frau Kommerzienrat der Belegschaft gegenüber großzügig gezeigt.
Kaselowsky schloss mit dem Appell: »Und so wollen wir denn weiterarbeiten im Vertrauen auf unseren Führer und in dem unzerstörbaren Glauben an das ewige Leben des deutschen Volkes.«
|164| Anschließend sprach Gauleiter Meyer zu dem »Herrn Betriebsführer und hoch verehrten Parteigenossen Dr. Kaselowsky« und den übrigen »Kameraden und Kameradinnen der Arbeit« im Saal. Er sei persönlich zum Gratulieren gekommen, weil er sich an das Wort halte: »Treue um Treue«. »Es gab eine Zeit, da es nicht populär und auch nicht zweckdienlich war, sich zur Partei zu bekennen. Damals schon tat es euer Betriebsführer, meine Kameraden und Kameradinnen, in den Zeiten, als die Partei in schwersten Kämpfen stand.« Er dankte Kaselowsky für seinen »Bekenntnismut zum Führer und zur Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei«.
Der Gauleiter rühmte den Bielefelder Betrieb als einen »Stützpunkt der Volksgemeinschaft«, auf die es im Krieg besonders ankomme. »Warum steht unsere Front im Inneren heute so fest? Weil wir diese Volksgemeinschaft, diese Verbundenheit, dieses Gefühl, aufeinander angewiesen zu sein, Schicksals- und Notgemeinschaft zu sein, weil dieses alles nicht nur eine Idee, eine Phantasie ist, sondern Wirklichkeit geworden ist. Deshalb kann der Führer sich heute so frei den großen Aufgaben widmen, weil die Heimatfront in Ordnung ist.« Zum Schluss seiner Rede forderte Meyer die versammelte Oetker-Belegschaft auf, ihren Betriebsführer mit einem dreifachen »Sieg-Heil« hochleben zu lassen.
Betriebsobmann Krüger dankte Kaselowsky für zahlreiche soziale Einrichtungen, für die Pensionskasse und den Sportplatz, für Heiratsbeihilfen und Ferienzuschüsse. Dem Firmenchef
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