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Die Oetkers - Geschaefte und Geheimnisse ber bekanntesten Wirtschaftsdynastie Deutschlands

Titel: Die Oetkers - Geschaefte und Geheimnisse ber bekanntesten Wirtschaftsdynastie Deutschlands Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruediger Jungbluth
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und die schöpferische Tatkraft des |167| Industriellen auf dem Boden der rassischen Auslese mit den sozialen Forderungen der Zeit« verbänden. Himmler entwarf in seinen Reden ein Bild seiner Formation, das sich vorteilhaft abhob von den Schlägerhorden der SA. Die proletarischen Braunhemden wirkten damals vor allem auf das gehobene Bürgertum abstoßend.
    Doch Himmler fehlte eine Massenbasis. Im Frühjahr 1933 ging er daran, sein Reich auszuweiten. »Der Reichsführer riss die Tore seiner SS weit auf, um die anpassungswillige Oberschicht des Reiches in die Schutzstaffel einzulassen«, beschreibt Heinz Höhne diese Mitgliederoffensive in seinem Buch über den »Orden unter dem Totenkopf«. Himmler warb in Kreisen des Adels, des Bürgertums und der Finanzwelt für die SS, die er geschickt als Formation für den »feinen Nazi« präsentierte. Und er hatte Erfolg. »In die SS strömten Schichten, die das soziale Bild der Schutzstaffel radikal änderten«, so Höhne.
    Im Zuge dieser Anwerbung verleibte Himmler seiner SS auch komplette Organisationen ein – an erster Stelle die ländlichen Reitervereine. Fast alle Vereinsreiter in Ostpreußen, Holstein, Oldenburg, Hannover und Westfalen zogen sich die schwarze SS-Uniform an. Dabei spielte die politische Einstellung der Neumitglieder kaum eine Rolle. SS-Veteranen registrierten damals sogar mit Unmut, dass auch Deutschnationale aufgenommen worden waren. In ihren Augen waren das »Reaktionäre«.
    Auf diese Weise wurde vermutlich auch Rudolf-August Oetker Mitglied der Reiter-SS. Jedenfalls standen im Sportteil der
Westfälischen
Neuesten Nachrichten
am 11. Juni 1934 die Ergebnisse eines Turniers. Da stand zu lesen, dass Rudolf-August Oetker beim »Jagdspringen Klasse A für Angehörige der SA und der SS« den fünften Platz belegt hatte. Das Pferd hieß Harald und gehörte seiner Schwester Ursula. Bei der »Dressurprüfung Klasse A für Angehörige der SA und der SS« war der junge Oetker sogar Sieger geworden.
    Im Herbst 1934 war Rudolf-August Oetker dabei, als der Ravensberger Rennverein sein Kehraus-Rennen zum Saisonschluss veranstaltete. Mitreiten durften laut einer Zeitungsmeldung nur »die Angehörigen der nationalen Verbände, der Reichswehr und der Polizei«. Wohl |168| weil sie eine solche Mitgliedschaft nicht nachweisen konnten, gingen drei der ursprünglich acht gemeldeten Reiter nicht an den Start. Rudolf-August Oetker aber ritt auf Alphaha vom Gestüt Ebbesloh die 1400-Meter-Strecke und entschied den Wettkampf für sich. »Das Rennen war eine offene Sache, aber schon beim Abläuten zeigte sich, dass es Alphaha kaum zu nehmen sein würde«, berichteten die
Westfälischen
Neuesten Nachrichten
.
    Nach dem Abitur machte Oetker ein Volontariat, vermutlich in einem befreundeten Betrieb. 1936 wurde er zum Reichsarbeitsdienst einberufen. Wie alle jungen Männer zwischen 18 und 25 Jahren musste auch der Fabrikantensohn einen sechsmonatigen Arbeitsdienst ableisten. Meist wurden die jungen Leute zur Bodenkultivierung für die Landwirtschaft eingesetzt. Sie mussten je nach Bodenqualität versumpfte Flächen trockenlegen oder für Bewässerung sorgen. Zum ersten Mal in seinem Leben arbeitete Rudolf-August Oetker Tag für Tag mit einem Spaten. Nicht selten stand er bei der Arbeit bis zum Bauch im Wasser.
    Dieser Arbeitsdienst war eines von mehreren Mitteln zur Schaffung der so genannten Volksgemeinschaft. Das Leben im Lager und die gemeinsame körperliche Arbeit der jungen Menschen sollten dazu beitragen, Standesunterschiede in der Gesellschaft einzuebnen. Oetker musste lernen, sich einzugliedern. Etwas Besonderes blieb er aber doch im Kreis der jungen Männer. Rudolf-August Oetker verstand es überdies, sich beliebt zu machen. Zur Freude seiner Kameraden habe Oetker damals schon mal »ein paar Omnibusladungen junger Mädchen aus der Bielefelder Fabrik« heranschaffen lassen, wusste der
Spiegel
zwei Jahrzehnte später zu berichten.
    1937 zog Rudolf-August Oetker nach Hamburg. Sein Stiefvater hatte arrangiert, dass er bei der Vereinsbank eine Lehre machen konnte. Anders als beim Arbeitsdienst stand er nun wieder unter der Kontrolle seiner Familie. Die gestrenge Großmutter hatte dafür gesorgt, dass der junge Mann einen Diener und Begleiter bekam: einen Mann namens Haase, der auf den Unternehmenserben aufpassen sollte und der Familie in Bielefeld regelmäßig Bericht erstatten musste. Aber um Oetker |169| musste man sich keine Sorgen machen. Zwei Jahre später bestand er die

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