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Die Oger - [Roman]

Die Oger - [Roman]

Titel: Die Oger - [Roman] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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»Wir können gegen seinen Zauber nicht bestehen.«
    »Lass ihn kommen heran«, brummte Tarbur.
    »Das tut er sowieso, egal ob ich es zulasse oder nicht.«
    Der Meister kam wenige Schritt vor ihnen zum Stehen.
    »Es ist eigentlich schade, dass wir so schlecht miteinander auskommen, aber vielleicht sollte der Koch auch mit seinem Essen keine Freundschaft schließen.«
    Hagrim machte einen Ausfallschritt und stieß die Spitze seines Rapiers in die Brust von Priester Gidwick. Die Klinge tauchte, wie in Nebel gehüllt, in den Körper ein, fand aber keinen Widerstand. Gidwick reagierte nur mit einem teilnahmslosen Lächeln.
    »Deine Klinge vermag mich nicht zu verletzen, du armselige Kreatur. Meine Rasse lebte schon auf dieser Welt, als eure Götter noch nicht einmal wussten, dass sie euch erschaffen würden, und meine Rasse wird auch noch hier sein, wenn ihr alle ausgerottet seid.«
    Sie schauten sich tief in die Augen. Es schien, als ob der Meister sichergehen wollte, dass seine Worte auch verstanden wurden.
    Dieser Moment reichte aus. Da war wieder das Geräusch! Es klang wie eine zähflüssige Masse, die auf den Marmorfußboden tropfte. Und diesmal konnte Tarbur es auch orten. Mit einem gewaltigen Sprung hechtete er zwischen die Sitzreihen und zertrümmerte dabei etliche Rückenlehnen. Zunächst ließ er die Axt hoch über dem Kopf kreisen, dann schmetterte er sie zu Boden. Drei Fuß über den Fliesen kam sie zur Ruhe. Die Gestalt von Priester Gidwick begann zu flackern und verschwand kurz danach.
    Einige Schritt neben ihm erschien der Meister in seiner natürlichen Form. Die Axt war neben seinem Hals eingedrungen, hatte das Schlüsselbein, die Rippen und das Rückgrat durchtrennt und steckte nun im Beckenknochen fest. Eine gelbe Flüssigkeit quoll aus seinem Körper. Seine Augen waren weit aufgerissen, und die Nesselstränge peitschten unkontrolliert herum. Hagrim konnte seinen Armstumpf erkennen, der zwar verheilt, aber wieder aufgerissen war, und aus diesem sickerten nach und nach einige Tropfen seiner Körperflüssigkeit zu Boden. Dann brach der Meister zusammen.
    Aus seiner Hand rollten zwei kleine Phiolen, die, wie es aussah, je nach Richtung und Intensität des Lichteinfalls, ihre Position änderten. Hagrim hob sie auf. Die eine Phiole war leer, die andere noch voll. Hagrim las die Aufschrift, die in schnörkeligen Buchstaben fast wie gemalt schien: TRANSLOKATION.
    Jemand hämmerte gegen die Flügeltüren.
    »Macht das Tor auf, werft die Waffen weg und ergebt euch!«, brüllte jemand von draußen.

26
Heimlichkeiten
 
    Lord Felton saß allein in seinem geräumigen Arbeitszimmer. Widerwillig arbeitete er einen Stapel Gesuche durch und unterzeichnete sie, so sie seine Zustimmung fanden. Er hatte seiner Dienerschaft befohlen, keine Besucher zu ihm durchzulassen. Normalerweise war er für jede Ablenkung, die ihn von dem Papierkram erlöste, dankbar. Doch heute lag der Fall anders.
    Felton zeichnete das letzte Papier ab und schob den Stapel an den Rand des Tisches. Erleichtert atmete er aus. Er stand auf und ging zu einer kleinen Seemannskiste, die unter dem Fenster stand. Vor der Kiste blieb er stehen, verschränkte die Arme auf dem Rücken, und beobachtete das Treiben unten auf dem Marktplatz. Gedankenversunken sah er zu, wie die Händler damit beschäftigt waren, ihre Waren feilzubieten. Die zu überzeugende Kundschaft hatte alle Hände voll zu tun, sich von ihnen nicht einlullen zu lassen. Osberg war eine gemütliche Stadt, wenn man von den Vorkommnissen der letzten Zeit absah. Die entführten Kinder und der drohende Krieg erforderten schon all sein Geschick und seine Aufmerksamkeit. Aber nun kam noch die Sache mit dem Priester hinzu, und das war eindeutig zu viel. Er vermutete zwar, dass die Probleme alle miteinander verstrickt waren, doch wo die Verbindung lag, wusste er nicht. Um diese Art von Informationen zu beschaffen, die nicht direkt in den Aufgabenbereich einer Lordschaft fielen, gab es immerhin Personen, die für eine Gefälligkeit oder ein gutes Wort am Königshof ihre hilfreichen Hände anboten. Genau so jemand war es, der Lord Felton dazu brachte, seine Zeit grübelnd am Fenster zu verbringen.
    Er beobachtete einige Zeit einen Händler, der seine Waren von einem Karren aus anbot und unentwegt sein Maultier davon abhalten musste, mit der Auslage des Geschäftes auf den nahen Gemüsestand zuzupreschen. Unvermittelt blendete den Lord ein Lichtstrahl.
    »Na endlich. Das wurde auch Zeit«, brummelte er

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