Die Oger - [Roman]
Ellenbogens ab. Dann vollführte er eine Drehung und ließ die Klinge in seinen Hals gleiten.
Hagrim hockte sich neben Tirgel und drehte ihn auf den Rücken. Blut, mit Speichel vermischt, tropfte aus seinem Mundwinkel. Er röchelte schwer und flüsterte Hagrim zu: »Für die Fr ...« Dann verkrampfte er sich und verlor das Bewusstsein. Neben Hagrim stürzte ein weiterer Bettler zu Boden, eine schwere Platzwunde an der Stirn. Sie waren hoffnungslos unterlegen, daran konnte selbst Tarbur nichts ändern. Gellende Schreie übertönten den Kampflärm, und aus dem Hintergrund hörte man das Heranstürmen von gerüsteten Leuten. Der Kampf kam ins Stocken. Die ersten Meuchler verschwanden in der dunklen Seitengasse, aus der sie gekommen waren. Hagrim schaute sich um und machte außer sich und Tarbur vier weitere seiner Leute aus, die noch standen. Er selbst hatte eine klaffende Wunde am Oberschenkel, von der er noch nicht einmal wusste, wer sie ihm zugefügt hatte. Am Ende der Straße sah er einen Trupp Stadtwachen, die auf sie zugestürmt kamen. Sie brüllten ihre üblichen Kommandos »Halt stehen bleiben! Waffen weg! Ergebt euch!« und so weiter. Hagrim wusste nicht genau, wann sich diese Befehle in den Köpfen der Stadtwachen eingebrannt hatten, aber es musste vor seiner Zeit gewesen sein, denn solange er sich erinnerte, hatte noch nie jemand diese Anweisungen befolgt, und das hatte auch er nicht vor.
»Los Männer«, rief er, »wenn wir die Sache jetzt beenden wollen, müssen wir in den Tempel und dieses Ding fertigmachen, sonst wird es uns so lange jagen, bis wir alle tot sind. Lasst die Verwundeten hier liegen, die Wachen werden sich um sie kümmern.« Mit diesen Worten drehte er sich um und humpelte auf den Tempeleingang zu.
Der Mann mit der Forke im Bauch lag noch immer auf den Stufen, aber jetzt war er tot. Die vier Bettler folgten Hagrim wortlos und geleiteten Tarbur sicher in den Tempel. Hinter sich schlossen sie das große Eichenportal und schoben den schweren Riegel davor.
»Da seid ihr ja endlich«, ertönte eine Stimme aus dem Dunkeln. Sie schien hoch oben von der Empore zu kommen, die irgendwo am Ende des Innenraumes lag. Sie drehten sich um und versuchten, in der Dunkelheit irgendwelche Bewegungen auszumachen.
»Ich hatte schon die Befürchtung, ihr wärt aufgehalten worden.«
»Ja, wir mussten uns noch warm machen«, gab Hagrim spöttisch zurück.
»Ich wusste, dass die Drillinge ihrem Ruf nicht gerecht werden. Aber was soll man erwarten, sie sind nur Menschen. Aber wie ich sehe, ist auf meine Kriegsoger Verlass.«
Der Altar wurde von einem dreiarmigen Leuchter erhellt, dessen Licht bizarre Schattenmuster an die Wände malte. Der Meister in Gestalt von Priester Gidwick trat in den Lichtschein. Er hatte sein langes Gebetsgewand übergeworfen.
»Ich frage mich, wie ihr die Segnung durchgeführt habt mit nur einer Hand. Ach übrigens, die andere lag draußen auf dem Straßenpflaster, bis ein räudiger Köter sie sich geschnappt hat und damit weggelaufen ist«, sagte Hagrim voller Ingrimm.
»Ach, das ging schon.« Gidwick streckte die Arme hoch, entblößte seine zwei makellos wirkenden Hände und drehte sie im Kerzenschein.
Er kam langsam im Mittelgang auf sie zu. Tarbur und Hagrim stellten sich ihm entgegen, während die anderen in die Reihen der Bänke links und rechts von ihnen auswichen. Gut zwanzig Schritt trennten sie voneinander. Gidwick legte keine Hast an den Tag. Mit würdevollen, zeremoniellen Bewegungen trat er ihnen entgegen. Der Bettler links von Hagrim brach unerwartet zusammen. Hagrim konnte erkennen, wie Blut aus seinen Augen und seiner Nase rann. Der ehemalige Geschichtenerzähler stierte hasserfüllt zu Gidwick, der sich ihnen lächelnd näherte. Er ließ ihn nicht mehr aus den Augen.
Tarbur stand die ganze Zeit mit gesenktem Blick und scheinbar teilnahmslos daneben. Er machte noch nicht einmal Anstalten, seine Axt für den Kampf zu heben. Hagrim hörte, wie ein zweiter Mann unter ächzendem Stöhnen zusammenbrach und regungslos liegenblieb.
Tarbur konzentrierte sich auf die Geräusche, die zu ihm drangen. Irgendetwas irritierte ihn. Ein Laut, der nicht zu den Geschehnissen passte. Er hörte es wieder. Es war zu kurz und zu leise, um es bestimmen zu können.
Ein rascher Seitenblick offenbarte Hagrim, dass auch die beiden Übrigen nicht mehr imstande waren, ihnen zu helfen. Sie waren einfach lautlos auf den Bänken zusammengebrochen. »Er ist zu mächtig«, flüsterte Hagrim.
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