Die Oger - [Roman]
Londor nach dem Kampf mit seinen Leuten auf das Schiff zurückgekehrt, aber dennoch vertraute Mogda den Seeleuten noch nicht genug, um ihnen einen Landurlaub zu erlauben. Ihre Rückkehr deutete er zu Recht als ein Zeichen für ihren Willen, am Leben zu bleiben, und nicht für die Unterstützung der Oger.
Um Mogda dennoch zu überzeugen, griff Londor zu einer List. Er behauptete, die Sturmwind habe ein großes Leck und drohe zu sinken. Angeblich wurde das Leck vom Laderaum aus verursacht und nicht von außen. Mogda verstand zwar, dass Londor damit sagen wollte, ein Oger habe den Schaden verursacht, aber er gab nicht sonderlich viel auf Londors Meinung. Der Kapitän würde alles tun, um sein Schiff und die Mannschaft zu retten. Genau in der Reihenfolge. Da sie ohnehin auf die Seestern gewechselt waren und das andere Schiff im Schlepptau hatten, drohte keine Gefahr, außer dem Verlust des Wracks der Sturmwind.
Mogda, Rator und die anderen hatten ihren Platz wieder im Laderaum eingenommen. Die Aufregung des Kampfes war den Seeleuten genug; der tägliche Umgang mit Ogern hätte sie sicher überfordert. Nur Cindiel wagte es, ab und zu an Deck zu gehen und sich mit den Seeleuten zu unterhalten.
Die Stimmung unter Deck war gedrückt. Der Verlust von zwei Kameraden und die Tatsache, auf hoher See in einem Schiff gefangen zu sein, setzte den Ogern zu. Die ohnehin schon wortkargen Kolosse wechselten nur noch angespannte Blicke.
Einzig Mogda fiel es schwer, seine Gedanken nicht mit jemandem teilen zu können. Es erstaunte ihn, in wie kurzer Zeit man seine Gewohnheiten ändern konnte. Noch vor einem Jahr hätte er wochenlang in einer Höhle sitzen können und mit niemandem ein Wort gewechselt. Jetzt wurden schon ein paar Tage für ihn zur Qual. Es half nichts, er musste an Deck. Er öffnete die Luken und kletterte nach oben.
Ein Mann, der gerade dabei war seine Posten im Ausguck zu verlassen, änderte schlagartig die Richtung und kletterte wieder in den Korb. Ein aus der Kajüte kommender Seemann vollführte eine elegante Drehung, um kurz darauf wieder hinter der Tür zu verschwinden. Der Rest der Mannschaft blickte kurz und verängstigt zu Mogda und suchte dann Schutz im unbeteiligten Vor-sich-Hinarbeiten.
Cindiel stand bei Kapitän Londor und winkte Mogda lächelnd zu. Er gesellte sich zu ihnen, wobei er auf dem Mitteldeck stehen blieb und den Oberkörper leicht über die Brüstung des Vorderdecks lehnte.
»Na, Käpt'n, wie sieht es aus?«, fragte Mogda mit betonter Freundlichkeit in der Stimme.
»Gut.«
»Wie viele Tage brauchen wir noch bis Wasserzahn?«
»Drei.«
»Ist die Mannschaft wohlauf und hat sich von dem Schrecken erholt?«
»Ja.«
»Was meint Ihr, könnt Ihr den alten Kahn noch einmal reparieren? So ein Schiff ist doch bestimmt eine Menge wert, oder?«
»Vielleicht ... ja.«
»Meint Ihr damit, dass Ihr es vielleicht reparieren könnt, oder dass es vielleicht viel wert ist?«, fragte Mogda ein wenig spöttisch.
»Ähh ... beides.«
Jetzt kam der Moment, an dem Mogda sich fragte, warum er eigentlich an Deck gekommen war. So eine wortkarge Unterhaltung hätte er sogar mit Brakbar führen können, während dieser schlief. Jeder Bauer, dem er das Vieh in den letzten Jahren gestohlen hatte, konnte mehr Verwünschungen im Angesicht des Todes loswerden, als dieser Londor Informationen in einem Gespräch.
Cindiel bemerkte die angespannte Situation und versuchte sie ein wenig aufzulockern.
»Käpt'n, erzählt doch bitte noch mal die Geschichte mit dem Troll, den ihr aus dem Wasser gefischt habt«, bat sie.
»Die, äh ... äh ... interessiert den, äh ... Herrn Oger bestimmt nicht«, stotterte Londor.
So, jetzt reichte es. Herr Oger! Was war aus dem wortgewandten, prahlerischen, selbstverliebten Kapitän Londor aus Sandleg geworden? Hatte er bei dem Kampf vielleicht doch einen Schlag auf den Kopf abbekommen?
»Erzählt! Natürlich interessiert es mich«, sagte Mogda mit Nachdruck in der Stimme.
Londor schluckte.
»Wir waren mit der Sturmwind nordwestlich der Zwergenesse unterwegs und sahen in einiger Entfernung etwas im Wasser schwimmen. Wir steuerten darauf zu und erkannten eine Zwergenlore, die im Riff trieb. Als wir näher kamen, erkannten wir den Troll, der darin lag. Wir schafften ihn samt Lore an Bord und übergaben beides den Wachen in Sandleg.«
Londor überlegte einen Moment und fügte dann hinzu: »Der Troll war schon tot, als wir ihn fanden.«
Mogda grinste breit. »Ich mag auch keine
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